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Down Under freut sich auf Kaufland

Es ist das am schlechtesten gehütete Geheimnis im australischen Einzelhandel: Kaufland expandiert nach Australien. Das zumindest sagt die australische Webseite des Einzelhändlers, der wie der Discounter Lidl zur Schwarz-Gruppe zählt. „Kaufland kommt nach Australien und sucht talentierte, freundliche und ehrgeizige Leute, um mit uns zu wachsen“.

Nicht nur ist die Firma aktiv auf der Suche nach Angestellten auf dem Kontinent. Das Unternehmen ist auch interessiert an Hinweisen auf Grundstücke, die sich als Standort eignen könnten. „Minimalgröße 10.000 Quadratmeter“, müsse ein Grundstück haben, „vorzugsweise 15.000 bis 20.000 Quadratmeter“. Und Platz für bis zu 300 Parkplätze, heißt es.

Doch in der Firmenzentrale in Neckarsulm ist man zurückhaltender. Es gehe erst einmal darum, die Marktsituation zu bewerten. Man sei an einer Machbarkeitsstudie. Diese werde von einem Mitarbeiter in Melbourne überwacht, weiteres Personal „mit landesspezifischen Kenntnissen“ werde gesucht.

In der Zentrale zeigt man sich jedenfalls optimistisch: „Da der Bedarf an qualitätsorientierten und günstigen Produkten weltweit besteht, sind wir grundsätzlich davon überzeugt, dass wir mit unserem Geschäftsmodell auch für Kunden in Australien eine interessante Alternative bieten“, so eine Sprecherin gegenüber dem Handelsblatt. Der Markteintritt werde „zu einem späteren Zeitpunkt nach Vorliegen von weiteren Informationen konkretisiert“.

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Im Geschäftsjahr 2015/16 erwirtschaftete Kaufland mit gut 150.000 Mitarbeitern einen Umsatz von 21,1 Milliarden Euro. Firmenchef Patrick Kaudewitz hatte im Herbst eine umfassende Modernisierung der 656 deutschen Märkte angekündigt.

Die australische Medien berichten seit Wochen enthusiastisch über den möglichen Markteintritt des Unternehmens. Der „Sydney Morning Herald“ rechnet damit, dass die Nachricht den heimischen Einzelhändlern „Schauer die Wirbelsäule herunterjagt“. „The New Daily" freut sich bereits auf den „totalen Preiskrieg“.

16 Jahre nach der Ankunft von Aldi ist aber nicht jedermann begeistert. Unter den bisherigen australischen Anbietern dürfte beim Gedanken an einen weiteren Billigwettbewerber Alarmstufe Rot herrschen. Kaum ein Unternehmen auf dem Kontinent hat jemals einen Sektor der Wirtschaft derart aufgemischt wie Aldi.

Das Ende des über Jahrzehnte bestehenden Duopols von den australischen Unternehmen Woolworths und Coles im Einzelhandel begann 2001 mit der Eröffnung des ersten Aldi-Ladens ins Sydney. Heute betreibt die Gruppe in Australien über 300 Zweigstellen, die Eröffnung dutzender weiterer ist geplant. 90 Milliarden australische Dollar (64 Milliarden Euro) im Jahr geben Australier in Supermärkten aus. Aldi kontrolliert etwa 14 Prozent des Einzelhandels.


Zwei Händler beherrschen den Markt

„Kaufland ist nicht Aldi“ mahnt jedoch Jason Murphy, Ökonom und langjähriger Beobachter des australischen Einzelhandels. Während Aldi in englischsprachigen Ländern ein „erwiesener Erfolg“ sei, habe Kaufland mit insgesamt 1230 Läden bisher nur nach Osteuropa expandiert. Das Konzept der beiden deutschen Unternehmen sei komplett anders. Die Läden von Kaufland seien bis zu 15 Mal größer als die von Aldi.

Laut McKinsey hat Aldi 1300 Produkte in den Gestellen, viele unter eigener Marke. Kaufland dagegen biete mehr als 40.000 verschiedene Produkte an, darunter viele Markenartikel, so Murphy. Damit gleiche Kaufland eher den bestehenden Anbietern Woolworths und Coles. Die Frage, weshalb Kaufland nach Australien komme, beantwortet Murphy nicht ohne Zynismus: „Vielleicht erinnert sie der Mangel an Konkurrenz bei uns an die Sowjet-Ära?“

Tatsächlich dominieren die beiden australischen Firmen Woolworth und Coles den Markt auch heute noch so stark wie in keinem vergleichbaren Land. Zwar gibt es einige andere ausländische Mitbewerber – unter ihnen die amerikanische Costco – aber eine wirkliche Kerbe in das Duopol schlagen konnte bisher nur Aldi gelungen. Die Ankunft der Billigkette hatte dem faktischen Preisdiktat der beiden Mammut-Konzerne ein Ende bereitet. Aldi-Produkte derselben Qualität und Menge kosten bis heute nicht selten nur ein Drittel des Preises, den man für ein Markenprodukt bei Woolworths und Coles bezahlt.

Dieser eklatante Unterschied führte in den vergangenen Jahren zu einer Verhaltensänderung unter Verbrauchern: immer mehr Australier kaufen erst alles Notwendige bei Aldi ein. Erst danach gehen sie zu Woolworths und Cole, um dort die etwas spezielleren Produkte zu erwerben. Um diesen Trend zu stoppen, senkten die beiden Konkurrenten ihre Preise maßgeblich. Und sie verkaufen immer mehr Produkte unter einer Hausmarke. Inzwischen macht die Billigware in den Verkaufsgestellen von Coles und Woolworths bis zu 30 Prozent des Angebotes aus.

Brian Walker vom Einzelhandelsberatungsinstitut Retail Doctor Group erwartet eine „aggressive Expansion“ von Kaufland in Australien. Da in Europa das Kaufland-Angebot günstiger empfunden werde als das von Aldi, bedeute der Eintritt auch eine Herausforderung für den deutschen Konkurrenten. Aldi müsse aber nicht nur Kaufland fürchten.

Walker – wie andere australische Analysten – rechnet damit, dass über kurz oder lang ein anderes Unternehmen der Schwarz-Gruppe Kaufland folgen wird: Aldis direktester Konkurrent Lidl. Davon will man in Nekarsulm überhaupt nichts wissen: „Lidl bereitet den Markteinstieg in die USA vor und ist in Australien nicht aktiv“.