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Donald Trumps Pitbull wirft hin

Irgendwann ist das Maß voll. Sean Spicer hat lange durchgehalten und die Launen des US-Präsidenten über sich ergehen lassen. Aber am Freitag zog er die Reißleine. Der Pressesprecher des Weißen Hauses hat gekündigt, obwohl ihn US-Präsident Donald Trump zum Bleiben aufgefordert habe.

Spicer selbst bestätigte am Freitag Medienberichte, wonach er seinen Posten aufgibt. „Es war eine Ehre, dem Präsidenten der Vereinigten Staaten, Donald Trump, sowie diesem wunderbaren Land zu dienen“, schrieb Spicer auf Twitter. Er wolle sein Amt noch bis Ende August weiterführen. Ab September übernimmt dessen bisherige Stellvertreterin Sarah Sanders den Posten. Das kündigte der neue Kommunikationsdirektor von Präsident Donald Trump, Anthony Scaramucci, am Freitag in Washington an.

Die Differenzen waren nicht mehr überbrückbar, als Trump seinem Pressesprecher einen neuen Kommunikationsdirektor vor die Nase setzte, den dieser nicht hinnehmen wollte. Selbst Chris Wallace, bekannter konservativer Kommentator des trumpnahen Senders Fox News, konnte nicht anders, als die Personalie ein „Zeichen für das unglaubliche Chaos“ im Weißen Haus zu titulieren.

Schon sein erster Auftritt als Sprecher des Weißen Hauses war bezeichnend für den Rest seiner kurzen und turbulenten Amtszeit: Am Tag nach der Präsidenten-Vereidigung rauschte Spicer in den Presseraum, herrschte die Anwesenden an, dass Trumps Vereidigung die bestbesuchte Präsidentenvereidigung aller Zeiten gewesen sei und verschwand wieder, ohne sich irgendwelchen Fragen zu stellen.

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In den folgenden Monaten musste er immer wieder Wogen glätten, die nach überraschenden Twitter-Einträgen von Trump hoch gingen. Manchmal verkündete er offizielle Erklärungen, die Trump persönlich dann durch Interviews oder Tweets ad absurdum führte und Spicer anschließend mit dem kommunikativen Scherbenhaufen zurückließ.

Eines der krassesten Beispiele war das kommunikative Chaos rund um die Entlassung von FBI-Direktor James Comey. Die Pressekonferenzen des Weißen Hauses wurden unter dem „Pitbull“ Sean Spicer zu einem TV-Event, das man gesehen haben musste. Immer voll von Kontroversen, teilweise offenen Kämpfen, Beschuldigungen, Zurechtweisungen und Spicers Verrenkungen, offensichtlich unhaltbare Positionen zu verteidigen.

Einmal vergaloppierte er sich auch selbst, als er nach Giftgasangriffen in Syrien mitteilte, dass noch nicht einmal Adolf Hitler so tief gesunken sei, Giftgas gegen die eigene Bevölkerung einzusetzen, was einen weltweiten Sturm der Entrüstung auslöste. Spicer musste sich offiziell in aller Form entschuldigen. Am Ende ließ das Weiße Haus die TV-Übertragung der Presseveranstaltung einstellen und verbot Video- oder Tonaufnahmen.

Die Entscheidung Spicers soll Medienberichten zufolge nach der Ernennung des Trump-Freundes und New Yorker Hedgefonds-Managers Anthony Scaramucci zum Kommunikationsdirektor des Weißen Hauses gefallen sein. Die beiden waren schon während des Wahlkampfs mehrfach aneinandergeraten. Spicer, der seit Mai kommissarisch auch Kommunikationsdirektor war, will offenbar auf keinen Fall unter Scaramucci arbeiten, der noch nie eine Position in der politischen Kommunikation innehatte. Aufgefallen ist er eher durch TV-Auftritte, in denen er mit Verve umstrittene Twitter-Botschaften von Trump verteidigte.

Scaramucci hatte 2012 den Wahlkampf von Mitt Romney unterstützt und im vergangenen Wahlkampf Spenden für Jeb Bush gesammelt, bevor er in Trumps Team wechselte. Laut New York Times hatten sich vor allem Jared Kushner und Ivanka Trump für ihn stark gemacht. Spicer habe, so die Zeitung mit Verweis auf Quellen aus dem Umfeld des Pressesprechers, einen Job unter Scaramucci rundheraus abgelehnt. In einem ersten Auftritt vor dem Presse-Corps in Washington versuchte Scaramucci die Querelen herunterzuspielen, bedauerte Spicers Abgang und auch Trump ließ in einer verlesenen Botschaft kein böses Wort fallen. Doch es zeigte sich klar: Am Schluss hieß der Gewinner Spicer, der nach Monaten der Demütigungen und Kämpfen einen würdigen Abgang gefunden hat. Scaramucci hingegen beginnt seine Amtszeit mitten in einem Minenfeld und es ist unklar, wie lange Donald Trumps Geduld reichen wird. Denn der Finanzmanager übernimmt die Kommunikation in einem Weißen Haus, das sich im katastrophalen Zustand befindet. Die Frage ist mehr als berechtigt, ob das die Zeit für unerfahrene Kommunikatoren ist, die sich alleine durch ihre Treue ihre Sporen verdient haben.

Die Russland-Ermittlungen über Manipulationen im Wahlkampf haben mittlerweile die engsten Familienkreise von Donald Trump erreicht, sein Sohn Donald Trump Jr. und sein Schwiegersohn und Ex-Wahlkampfberater Paul Manafort werden vor dem Kongress aussagen. Mit Manafort und Trump Jr. stehe man in Gesprächen über eine nicht-öffentliche Anhörung, so Chuck Grassley, Vorsitzender des Justiz-Ausschusses des Senats am Freitag.


Trump sorgt im Fall Sessions für schwere Irritationen

Am Freitag meldete CNN, der Sonderermittler Robert Mueller habe einen Brief an den Anwalt des Weißen Hauses geschrieben, und ihn aufgefordert, alle Dokumente und Notizen zum umstrittenen Treffen von Trump Jr., Paul Mannafort und Jared Kushner mit fünf russischen Vertretern zu sichern. Die Nachrichtenagentur Reuters meldete am Freitag, die beiden russischen Anwälte, die bei dem Treffen im vergangenen Jahr dabei gewesen sind, hätten lange Jahre den russischen Staatssicherheitsdienst FSB als Kunden vertreten.

Am Donnerstag veröffentlichte die New York Times Informationen, wonach Trumps Team Hintergrund-Checks von Mueller und seinen Ermittlern eingeleitet habe, um ihnen Befangenheit vorwerfen oder Mueller vielleicht entlassen zu können. Entsprechende Gerüchte hatten zuvor für Aufregung im US-Kongress gesorgt. Mehrere Senatoren sollen Trump angeblich dringend davor gewarnt und mit Konsequenzen gedroht haben.

All das passiert vor dem Hintergrund des erneuten Scheiterns einer so genannten Gesundheitsreform. Trumpcare war in drei Anläufen gescheitert und zuletzt sollte der Kongress nach dem Willen von Mehrheitsführer Mitch McConnell nur noch darüber abstimmen, Obamacare zu eliminieren und einen Ersatz irgendwann später vorzubereiten. Dieser Plan fiel unter lautem Protest vieler Bürger, die ihre Wut bis ins Kapitol vor die Büros der Abgeordneten brachten, in sich zusammen. Unabhängige Prüfungen ergaben, dass im Falle einer Abschaffung von Obamacare 32 Millionen Amerikaner auf einen Schlag ihre Krankenversicherung verlieren würden.

Für hochgezogene Augenbrauen im politischen Washington hatte auch die Enthüllung über ein weiteres, bislang unbekanntes Treffen zwischen Wladimir Putin und Donald Trump auf dem G20-Gipfel gesorgt. Russlands Außenminister Sergej Lawrow erklärte am Freitag sogar, die beiden Präsidenten könnten sich in Hamburg „sogar mehr als dreimal“ getroffen haben.

Für schwere Irritationen sorgte Trump am Mittwoch mit einem Interview, in dem er seinen Justizminister Jeff Sessions demontierte und ihn indirekt zum Rücktritt aufforderte. Trump stellte klar, er hätte Sessions gar nicht ernannt, wenn er gewusst hätte, dass er sich aus den Ermittlungen zu Russland-Verbindungen des Trump-Teams zurückziehen würde. Sessions hatte dies unter Zustimmung der meisten Kongressmitglieder beider Fraktionen getan, um keine Ermittlungen leiten zu müssen, in denen er selbst ein Ziel hätte sein können.

Trump hatte den Schritt abgelehnt. Am Donnerstag erklärte Sessions, er werde in seinem Amt bleiben, solange es „angemessen“ sei. Die demokratische Abgeordnete Maxime Waters kommentierte das mit einem Tweet so: „Gratulation Sean Spicer. Sie haben mehr Mumm als Jeff Sessions.“