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Donald Trump riskiert ein Wahldesaster in den USA

US-Präsident Donald Trump lehnt Hilfsgelder für die tief verschuldete Postbehörde ab – und bedroht damit die demokratischen Präsidentschaftswahlen.

14.08.2020, USA, Morristown: Donald Trump, Präsident der USA, verlässt die Air Force One am Morristown Municipal Airport. Trump ist auf dem Weg nach New Jersey, wo er das Wochenende in seinem Trump National Golf Club verbringen wird. Foto: Susan Walsh/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Donald Trump (Bild: dpa)

Das drohende Wahldesaster in den USA kündigt sich in nüchterner Beamtensprache an. „Stimmzettel, die kurz vor Ablauf der gesetzlichen Frist angefordert werden, können unter Umständen nicht rechtzeitig per Post zurückgesandt und gezählt werden”, schrieb Thomas J. Marshall, Chefjurist der US-amerikanischen Postbehörde USPS, im Juli an fast alle US-Bundesstaaten und die unabhängige Hauptstadt Washington. Im Klartext heißt das: Millionen Stimmzettel könnten nicht pünktlich zugestellt werden und damit ungültig sein.

Der Brief wurde erst vor wenigen Tagen publik, im Rahmen eines von vielen Gerichtsverfahren, die um die Logistik der US-Präsidentschaftswahlen ringen. Er wirft ein Schlaglicht auf die unberechenbaren Umstände, unter denen die Wahlen am 3. November stattfinden.

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Dutzende US-Bundesstaaten kämpfen mit den Folgen des Coronavirus, die Zahl der Neuinfektionen klettert weiter steil nach oben. Wegen der Pandemie wird ein immenser Anstieg an Briefwählern erwartet. Doch ausgerechnet die Post, mit 630.000 Mitarbeitern eine der größten Bundesbehörden, steckt in ihrer größten finanziellen Krise seit Jahren.

Dazu schürt US-Präsident Donald Trump neue Ängste über den Ablauf der Wahlen. Seine Weigerung, die Infrastruktur der Wahlen zu sichern, hat eine beunruhigende Debatte über den Zustand der US-Demokratie ausgelöst.

Sabotiert Trump die Wahlen?

Ursprung ist ein Streit um Corona-Nothilfen. Im März hatte die Post zehn Milliarden Dollar vom US-Kongress bewilligt bekommen. Doch seitdem können sich Republikaner und Demokraten nicht auf ein neues Rettungspaket einigen, das Firmen, Verwaltungen und Arbeitslose mit frischem Geld versorgen soll. Geht es nach den Demokraten, soll die Post dieses Mal 29 Milliarden Dollar kriegen.

Trump lehnt die Finanzspritze ab. Vergangene Woche räumte er das erste Mal ein, dass Briefwahlen ohne die Gelder erschwert würden. „Sie brauchen dieses Geld, damit die Post funktioniert, damit all diese Millionen von Stimmzetteln transportiert werden", sagte er. Eingreifen wolle er trotzdem nicht, denn Briefwahlen seien „ohnehin betrügerisch”.

Trump zeigte damit der Welt: Der Präsident des mächtigsten Industrielandes nimmt eine chaotische Wahl in Kauf. Prominente Demokraten sprechen gar von Sabotage. Ex-Präsident Barack Obama warf Trump vor, er wolle die Behörde „in die Knie zwingen”. Und Ellen Weintraub, Leiterin der Bundeswahlkommission warnte: „Betrug ist, wenn man staatliche Behörden austrocknet. Wenn die Stimmen der Bürger nicht zählen, ist das keine Demokratie”. Auch Republikaner zeigten sich irritiert. Deren Chef im Repräsentantenhaus, Kevin McCarthy, rief alle Wähler zur postalischen Stimmabgabe auf und versprach neue Gelder.

Doch auch, wenn der Kongress über ein Stimulus-Paket entscheidet, geht ohne Trump nichts. Sein Vorstoß ist Teil einer regelrechten Misstrauens-Kampagne, die er im Wahljahr vorantreibt. Entgegen von Expertenmeinungen hält Trump Briefwahlen für leicht manipulierbar. Kritiker werfen Trump vor, er sorge sich in Wahrheit nur um die Wahlbeteiligung seiner Anhänger, denn Studien zufolge sind Demokraten eher willens, per Brief abzustimmen, als Republikaner.

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Trump schlug gar eine Verschiebung der Wahlen vor – ungeachtet dessen, dass er dazu keine Befugnis hätte. Eine Ausnahme macht er für den Bundesstaat Florida, seinem Hauptwohnsitz: Gemeinsam mit seiner Frau Melania will Trump dort per Post abstimmen.

Der Chef der Post ist ein Trump-Großspender

Befeuert werden die Zweifel an Trumps Motiven durch eine heikle Personalie. Der neue Chef der Postbehörde, Louis DeJoy, ist seit Mai im Amt. Der Trump-Unterstützer hat in den vergangenen Jahren Spendengelder für die Republikaner eingesammelt. DeJoys Frau, Aldona Wos, war im Februar von Trump für den Posten der kanadischen Botschafterin nominiert worden.

Unter DeJoy wird die Post hart umstrukturiert, etwa durch einen Umbau des Top-Managements. Überstunden wurden drastisch reduziert, die Öffnungszeiten der Filialen verkürzt, Sortiermaschinen aus dem Verkehr gezogen. All das führt dazu, dass Briefe häufig verspätet ankommen.

„Überall herrscht Chaos, jeder sucht nach seinen Paketen und Briefen”, sagt Patricia Carmon, Bezirksmanagerin im Südosten Washingtons. In ihrem Viertel sei seit zwei Wochen keine Post zugestellt worden. Die Gewerkschaft der Briefträger ist alarmiert: „Wir sind wütend und frustriert. Wir schämen uns für unsere Branche.”

DeJoy wies die Kritik zurück. Seine Behörde verfüge über „ausreichend Kapazitäten”, um alle Standards einzuhalten und Wahlbriefe pünktlich zuzustellen. Wie diese Einschätzung mit dem Brandbrief seines Chefjuristen zusammenpasst, ließ er offen.

In den vergangenen Tagen sorgten auch DeJoys Finanzen für Schlagzeilen. Demnach soll er noch Anteile seiner früheren Firma, XPO Logistics, im Wert von 30 Millionen Dollar besitzen, wie der Nachrichtensender CNN berichtete. XPO ist ein Auftragnehmer der Post, was in den Augen seiner Kritiker einen Interessenkonflikt darstellt. Seine Aktien des Online-Händlers Amazon, ein großer Kunde und Konkurrent zugleich, hatte er kurz nach seinem Start bei dem USPS zwar verkauft. Am gleichen Tag kaufte er laut CNN jedoch Aktienoptionen, um neue Papiere des Konzerns zu kaufen, wenn der Preis der Aktie deutlich fällt. Das könnte zu neuen Interessenkonflikten führen.

Trump hatte in der Vergangenheit mehrfach Streit mit Amazon-Chef Jeff Bezos, dem als Privatmann die Trump-kritische „Washington Post“ gehört. Die demokratische Senatorin Elizabeth Warren nannte die Vorgänge „korrupt“ und forderte eine Untersuchung.

Wahlergebnis könnte wochenlang nicht feststehen

Die Krise der Post und ihre Auswirkungen auf die Wahlen werden die USA noch lange beschäftigen. Mehr als 60 Klagen, die sich mit dem Ablauf der Wahlen während der Pandemie beschäftigen, liegen bundesweit vor. Fast 180 Millionen US-Amerikaner werden berechtigt sein, per Brief ihre Stimme abzugeben, das ist ein historischer Höchststand. Viele Städte stellen Einwurfboxen auf, in denen Wähler ihre Unterlagen einwerfen können.

Doch die Vorschriften sind ein Flickenteppich: Eine Handvoll US-Bundesstaaten werden ihre Wahlen fast ausschließlich per Post abhalten, 33 Staaten und Washington D.C. stellen es ihren Wählern frei. Einige Staaten wiederum erlauben die Abstimmung per Post nur unter bestimmten Umständen, andere passen ihre Regeln gerade an.

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Es ist durchaus möglich, dass der Ausgang der Wahl zudem Wochen oder sogar Monate dauern könnte. Die Auszählung der Briefe kann das Ergebnis erheblich verzögern, schließlich müssen sie von Hand geöffnet und auf ihre Echtheit überprüft werden.

Am Ende könnte die Wahl in einigen Bundesstaaten angefochten werden, wenn das Ergebnis besonders knapp ausfallen sollte. Denn Wahlen sind schon unter normalen Umständen eine logistische Herausforderung: Vor 20 Jahren hing das Rennen zwischen George W. Bush und Al Gore einen Monat in der Schwebe, weil in Florida neu ausgezählt werden musste. Und bei den Kongresswahlen 2018 stimmten drei Viertel der Wähler im ländlich geprägten Arizona per Briefwahl ab, die Auszählung dauerte länger als eine Woche.

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