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Disney heizt mit neuem Streamingdienst den Kampf mit RTL und Pro 7 an

Am heutigen Dienstag startet der weltgrößte Unterhaltungskonzern ein neues Angebot. Disney+ liegt in Deutschland bereits auf Platz drei hinter Amazon und Netflix.

An diesem Dienstag startet Disney seinen neuen Streamingdienst Star in Deutschland mit Hunderten zusätzlichen Filmen und Serien. Star wird in den vor knapp einem Jahr etablierten Streamingdienst Disney+ integriert, dessen Preis steigt von sieben auf neun Euro.

Mit dem Angebot an Filmen von 21th Century Fox oder Serien seiner US-Sender ABC oder FX rückt Disney+ inhaltlich näher an Netflix heran: Neben Superhelden und Zeichentrickfiguren gibt es dann auch Filme wie „Stirb langsam“ oder Serien wie „Buffy, die Vampirjägerin“ oder „How I Met Your Mother“.

„Wir packen ganz viel Qualität rein, um etwa ein Publikum von jungen Erwachsenen noch zusätzlich zu interessieren“, sagt Roger Crotti, Disneys Chef für die deutschsprachigen Länder. Star biete mit „Grey’s Anatomy“, „Desperate Housewives“ oder „Sons of Anarchy“ Serien mit großer Fangemeinde in Deutschland. Diese sollen in den kommenden Jahren von Konkurrenzdiensten wie Netflix oder Joyn verschwinden, wenn ihre Lizenzverträge auslaufen.

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Disney erklärt der Konkurrenz den Star War – und setzt auch die deutschen Fernsehkonzerne RTL und Pro 7 unter Druck, die sich mit ihren eigenen Diensten TV Now und Joyn erst langsam ins Streaming-Geschäft tasten.

„Mit Star entwickelt sich Disney+ von einem auf Familien fokussierten Dienst zu einem, der auch ältere Generationen anspricht“, sagt Christian Grece, Experte für Streamingdienste bei der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle (EAI), die die Medienbranche im Auftrag des Europarates analysiert.

Platz drei hinter Netflix und Amazon

In allen 28 europäischen Märkten, die die EAI beobachtet, seien US-Anbieter die Marktführer – in der Regel Netflix. Deutschland und Österreich stechen als einzige Märkte heraus, in denen Amazon Prime Video vor Netflix liege. Disney+ liegt in Deutschland elf Monate nach seinem Start auf Platz drei.

Da keines der US-Unternehmen Nutzer für den deutschen Markt ausweist, beruft sich die EAI auf Zahlen der Londoner Analysefirma Ampere Analysis, die dem Handelsblatt vorliegen. Ampere schätzt, dass amerikanische Anbieter 2020 rund 90 Prozent des kostenpflichtigen Streaming-Marktes in Deutschland ausmachten. 14,6 Millionen Menschen nutzten demnach aktiv Prime Video, 10,9 Millionen Netflix.

Das Ende März 2020 gestartete Disney+ lag laut Ampere mit 2,7 Millionen Abonnenten auf Platz drei, weit vor den heimischen Wettbewerbern TV Now und Joyn, die jeweils 1,1 Millionen zahlende Abonnenten haben sollen. Im Gegensatz zur US-Konkurrenz sind sie teilweise werbefinanziert.

Historisch seien deutsche Zuschauer weniger bereit, für Fernsehen Geld auszugeben, sagt Daniel Harraghy von Ampere. Das spiegele sich heute noch in der Stärke von Prime Video, das Mitglieder zu Amazons kostenlosem Warenversand obendrauf bekommen. „Der Erfolg von Netflix und Disney zeigt aber, dass deutsche Zuschauer mit Bezahlfernsehen warm geworden sind“, sagt Harraghy.

Der Konkurrenzkampf verschärft sich – nicht nur um Zuschauer, sondern auch um Talente. Disney, sonst eine Hollywood-Blockbuster-Fabrik, hat zwei deutsche Serien für Star angekündigt: „Sam – ein Sachse“ ist ein Drama um die wahre Geschichte des ersten schwarzen Polizisten in Sachsen und wird von Jörg Winger (Produzent der Serie „Deutschland 83“) produziert.

„Sultan City“ ist eine amüsante Geschichte über türkische Frauen in der Berliner Unterwelt, die das Serien-Debüt für die Produzentinnen Ayla Gottschlich und Aysel Yilmaz ist. Konkurrent Netflix hat mit Serien aus Deutschland bereits global Erfolg.

16 Milliarden Dollar in drei Jahren

Jede Star-Serie solle die Qualität einer US-Serie haben, aber zu in Deutschland relevanten Themen, sagt Crotti. „Wir haben allein zehn neue Produktionen in Europa im ersten Jahr angekündigt und bis 2024 sollen es 50 Produktionen sein“, sagt Crotti. Weltweit will Disney in den nächsten drei Jahren bis zu 16 Milliarden Dollar für seine Streaming-Produktionen ausgeben, darunter zahlreiche neue Star-Wars-, Marvel- und Pixar-Serien.

Auch Star-Filme aus den deutschsprachigen Ländern seien in der Zukunft denkbar, die erst im Kino und dann exklusiv auf dem Dienst laufen könnten. Aktuell arbeite „eine Handvoll“ Mitarbeiter an lokalen Inhalten, das sollten aber mehr werden. Disney werde mit etablierten Schauspielern und Produzenten zusammenarbeiten, suche aber auch Newcomer. „Wir haben immer auch Stars gemacht“, sagt Crotti mit Blick auf Disneys fast 100-jährige Geschichte.

Disney hat aber nicht nur kreative Gründe, Inhalte in Deutschland zu produzieren. Eine EU-Richtlinie schreibt Diensten bereits seit 2018 eine Quote von 30 Prozent europäischer Inhalte vor, derzeit wird sie in nationales Recht umgesetzt. „Wir sehen uns auf einem guten Weg, das zu schaffen“, sagt Crotti. Dazu werde Star auch Inhalte anderer Studios lizenzieren, wie es Disney+ bereits bei Kinderfilmen wie „Räuber Hotzenplotz“ oder „Wickie“ tut.

Laut Ampere-Berechnungen liegen alle Dienste außer Joyn und TV Now deutlich unter dieser Quote. Prime Video, Netflix und Disney+ haben jeweils unter zehn Prozent in Europa produzierte Inhalte, Apples TV+-Dienst sogar keinen einzigen Film. Um die Regeln einzuhalten, müssen die US-Anbieter massiv in europäische Eigenproduktionen oder Lizenzen investieren.

Die heimischen Dienste haben ein anderes Problem: Die Coronakrise hat gezeigt, wie anfällig werbebasierte Geschäftsmodelle sein können. Vor allem im Sommer brachen die Werbeumsätze der beiden großen deutschen TV-Konzerne RTL Group und Pro Sieben Sat.1 ein, während abofinanzierte Streamingdienste boomten.

„Wir haben ein extrem erfolgreiches Jahr hinter uns“, sagt Henning Nieslony, Co-Geschäftsführer des Streamingdienstes TV Now, der in diesem Jahr in RTL Plus umbenannt werden soll. Offizielle Zahlen verkündet die RTL Group Mitte März. Mehr als eine Milliarde Euro investiert die Bertelsmann-Tochter pro Jahr in Inhalte für Sender und TV Now.

Verdrängungswettbewerb absehbar

Doch der Markt ist so begrenzt wie umkämpft: Experten gehen davon aus, dass die Deutschen zwischen 1,5 und 2,5 Angebote kostenpflichtig nutzen würden. Neben Amazon, Netflix und Disney+ werde es da eng, glaubt Disney-Manager Crotti. „Wir haben zwei große Mitbewerber. Dann sind wir noch da mit unseren starken Marken. Dahinter wird es ein Verdrängungswettbewerb.“

Selbst Disney hat seine ursprünglichen Pläne schon eingedampft: Vor der Coronakrise hatte der damalige Konzernchef Bob Iger eine Europa-Expansion des US-Dienstes Hulu geplant, der in den USA und Japan 40 Millionen Abonnenten hat. Das Star-Add-on für Disney+ ist nun die Schrumpfvariante des Plans.

Auch RTL und Pro 7 richten sich auf einen zunehmend engen Streamingmarkt ein: Pro 7 legte Joyn im September mit seinem seit 2006 etablierten Maxdome-Dienst zusammen. „In einer immer unübersichtlicheren Welt muss man auffindbar sein“, sagt RTL-Manager Nielsony zur Umbenennung seines Dienstes. Plus sei inzwischen die Kennzeichnung der Sender für ihre Streamingangebote.

Der neue Name ist aber auch ein Eingeständnis, dass es auf dem Dienst des größten deutschen Privatsenders RTL pur geben wird statt Inhalte mehrerer Medienunternehmen.

Analyst Harraghy sieht jedoch Partnerschaften, auch mit öffentlich-rechtlichen Sendern, als einen Weg für heimische Sender, gegen die US-Riesen anzukommen. Der Dienst Britbox, für den sich die BBC mit dem Privatsender ITV zusammengetan hat, sei ein Beispiel. „Insbesondere Joyn ist mit Eigenproduktionen und Live-Sport über die Partnerschaft mit Eurosport auf dem richtigen Weg“, sagt Harraghy.

Die Privatsender müssten aber auch eine höhere Qualität liefern und bei Kritikern und anspruchsvollen Zuschauern beliebte Serien nicht Netflix oder Sky überlassen. Jeder dritte deutsche Zuschauer sehe sehr häufig US-Serien, jeder vierte Hollywood-Filme. Für deutsche Serien liegt der Wert nur bei 18 Prozent, für Reality-Shows und leichte Unterhaltung – beides Stärken der Privatsender – ist der Wert noch geringer.

„Man muss anfangs große Schmerzen ertragen“

Als Vorbild für erfolgreichen Widerstand der Eingeborenen gegen die US-Riesen gilt die schwedische Nent-Gruppe. Deren Viaplay-Dienst ist der einzige in Europa, der hinter Netflix Platz zwei in vier skandinavischen Ländern hält. Der Dienst setzt auf eine Mischung aus eigenen Serien und Live-Sport und war früh bereit, sein kränkelndes TV-Geschäft zu kannibalisieren.

Gleichzeitig braucht Streaming Jahre, um profitabel zu werden: Netflix mit knapp 200 Millionen Abonnenten weltweit ist erst seit vergangenem Jahr Cashflow-positiv, Disney rechnet erst 2023 mit einem Gewinn für Disney+.

„Man muss anfangs große Schmerzen ertragen, das hält nicht jeder aus“, sagte Nent-Chef Anders Jensen kürzlich der „Financial Times“ zum Wandel vom TV zum Streaming. Im nächsten Jahr will Viaplay in die USA expandieren, wo die eigentümlichen schwedischen Krimi- und Dramaserien eine Fangemeinde haben.

In Deutschland wird der Markt dagegen eher noch enger: An diesem Mittwoch stellt ViacomCBS in einem Investorentag seinen Hausdienst „Paramount Plus“ vor. Der US-Medienkonzern, der mit „Star Trek“, „Spongebob Schwammkopf“ und „South Park“ zahlreiche beliebte Serien produziert, richtet seinen Blick bereits über den Atlantik. Perspektivisch soll auch Paramount Plus nach Deutschland kommen.