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Disney-Chef Bob Iger tritt zurück

Überraschend stellt Walt Disney seine Führungsspitze neu auf. Bob Iger tritt nach rund 15 Jahren ab, ein Nachfolger ist bereits auserkoren. Doch die Personalie sorgt mancherorts für Stirnrunzeln.

Bob Iger war es, der beim Mauskonzern in Anaheim eine Materialschlacht startete, wie es sie in der Medienindustrie so noch nie gegeben hat. Nun endet beim Unterhaltungsriesen Walt Disney eine Ära: Der langjährige Vorstandschef – einer der bekanntesten US-Wirtschaftsbosse – tritt mit sofortiger Wirkung zurück. Nach dem Start des Streaming-Services Disney+ glaube er, dass nun der optimale Zeitpunkt sei, das Amt an einen neuen Vorstandschef zu übergeben, erklärte Iger.

Zum Nachfolger wurde Disney-Manager Bob Chapek ernannt. Er ist seit 27 Jahren für Disney tätig, in den vergangenen fünf Jahren war er für das florierende Geschäft mit Themenparks und Resorts verantwortlich. „Bob Chapek wird der siebte Vorstandschef in Disneys fast 100-jähriger Geschichte sein, und er hat sich selbst als außergewöhnlich qualifiziert erwiesen, das Unternehmen ins nächste Jahrhundert zu führen“, lobte Iger.

Iger wird Disney noch bis Ende 2021 als geschäftsführender Verwaltungsratschef erhalten bleiben. Mit dem am Dienstag nach US-Börsenschluss verkündeten Spitzenwechsel lieferte Disney eine handfeste Überraschung, die viele Anleger und Analysten auf dem falschen Fuß erwischte. Die Wahl Chapeks wirft zudem Fragen auf.

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Bob Iger – Der Baumeister des modernen Disney-Konzerns

Doch zunächst zum scheidenden Chef: Igers Rücktritt kommt abrupt und unerwartet, auch wenn er schon lange seinen Ruhestand erwägt und es seit Jahren Spekulationen gibt, wer ihn mal ablösen könnte. Schon 2016, so der ursprüngliche Plan, wollte Iger den Posten an einen geeigneten Nachfolger abgegeben haben. Allein – der fand sich in seinen und den Augen des Aufsichtsrates nicht.

Der 69-Jährige war rund 15 Jahre an der Konzernspitze, er hatte den Chefposten 2005 von Michael Eisner übernommen. Sein letztes Großprojekt als Vorstandschef ist damit der Streaming-Service Disney+, der in den USA am 12. November Premiere gefeiert hatte. Mit dem Angebot eröffnete der Hollywood-Gigant die Jagd auf den Rivalen Netflix, der der klassischen TV- und Film-Industrie in den vergangenen Jahren viele Kunden abjagte. Der Start von Disney+ war ein Erfolg, in weniger als drei Monaten konnte der Streaming-Dienst dank niedriger Preise und beliebter Produktionen wie der „Star Wars“-Serie „The Mandalorian“ fast 29 Millionen Kunden gewinnen. In Deutschland soll der neue Service am 24. März starten.

Dass der Medienkonzern diesen Schritt in die Streaming-Servicedienste wagte, ist vor allem Iger zu verdanken. Der Vorstandschef hat Disney darauf eingeschworen, nach vielen Jahren, in denen der Konzern seine Filme und Serien gegen Lizenzgebühren vor allem über andere Anbieter unters Volk brachte, die Mittelsmänner zu umgehen. Er wollte ihn selbst haben, den direkten Draht zum Kunden. Nicht anders als Konsumgüterhersteller wie Nike oder Adidas, die immer mehr Turnschuhe und Trikots in ihren eigenen, immer aufwändiger gestalteten Läden verkaufen, baute Iger dem Konzern eigene Plattformen mit einem einzigen Ziel: Er wollte ran an die Kunden, wollte ihre Konsum- und Bankdaten, um den Traum des Konzerngründers Walt Disney vom sich selbst fütternden Perpetuum mobile des Entertainment-Universums auf eine völlig neue Stufe zu heben. Er pumpte damit Disney zugleich zu einer Größe auf, die den Konzern fit machen soll, um mit Amazon und Facebook mitzuhalten, die sich in immer mehr Feldern breitmachen und immer mehr Werbegelder einsaugen.

Dabei überraschte Iger in den vergangenen Jahren mit zahlreichen klugen Zukäufen: Animationsspezialist Pixar, Comicbuch-Verlag Marvel, Lucas-Film sowie große Teile des Konkurrenten 21st Century Fox und noch einige mehr. Mit der milliardenschweren Einkaufstour erweiterte Iger Disneys Figuren-Portfolio. Besonders Marvel und George Lucas' Star Wars haben enorme Anziehungskraft auf Kunden.

Iger hatte zum richtigen Zeitpunkt erkannt, wie viele Comic-Charaktere und damit potenzielle Medienmarken in dem Marvel-Unternehmen steckten. Dazu kam ein weiteres: Iger vertraute auf den Marvel-Manager Kevin Feige, der für die Verfilmung der Comics verantwortlich war. Feige hatte einen langfristigen wie weitsichtigen Auswertungsplan aufgestellt für „Captain America“, „Iron Man“ und die anderen schrägen Figuren des Marvel-Universums. Bis ins Detail plante er auf Jahre voraus die Streifen und möglichen Kombinationen der Superhelden in gemeinsamen Film – ein Traum für Disney, denn an den Filmen hängen bis heute umfangreiche Merchandising-Deals – wie aus dem Lehrbuch von Gründervater Walt. Ähnlich clever war Igers Zug, kurz darauf auch noch Star Wars-Erfinder George Lucas ein Angebot zu machen, das er nicht ablehnen konnte.

So prägte Iger den Entertainment-Giganten. Das war seine Vorstellung davon, wie der Mauskonzern gut aufgestellt im 21. Jahrhundert existieren könnte – in einem Umbruch der kompletten Medienindustrie. Dieser dürfte zunächst auch die größte Herausforderung für Igers Nachfolger werden.

Bob Chapek – „eine gewaltige Überraschung“

Vor diesem Hintergrund verwundert die Personalie Chapek durchaus einige Beobachter. Der 60-Jährige ist zwar seit fast 30 Jahren im Unternehmen, doch eigentlich dreht sich im Unterhaltungsgeschäft schon länger alles ums Streaming und nicht um sein Steckenpferd: die Themenparks. Viele Experten hatten deshalb Kevin Mayer als Iger-Erbe auf dem Schirm gehabt. Der leitet Disneys Streaming-Services, ist auch schon seit mehr als zwei Jahrzehnten im Konzern, und wurde häufig als Thronprinz Igers gehandelt. Dass die Wahl nicht auf ihn fiel, ist umso erstaunlicher, da Disneys Angriff im Streaming-Markt gerade erst begonnen hat.

Chapek erwarten trotz einiger Erfolgsgeschichten in der Iger-Ära mehrere große Baustellen. So birgt die Streaming-Offensive hohe Risiken und verschlingt viel Geld, was im jüngsten Quartal für einen Gewinneinbruch sorgte. In den drei Monaten bis Ende Dezember fiel das Nettoergebnis aus dem fortgeführten Geschäft im Jahresvergleich um 23 Prozent auf 2,1 Milliarden Dollar. Der Umsatz stieg indes um gut ein Drittel auf 20,9 Milliarden Dollar. Das eigentliche Sorgenkind des Konzerns ist jedoch der kriselnde Sportsender ESPN, der unter sinkenden Abos und Werbeeinnahmen leidet, aber nach wie vor einen großen Teil der Erlöse einspielt.

An der Wall Street sorgte der plötzliche Spitzenwechsel auch deshalb für Verblüffung, weil Disney keinen Nachfolger für Chapeks Posten präsentierte. „Es ist eine gewaltige Überraschung“, sage Laura Martin vom Investmenthaus Needham & Co im Finanzsender Bloomberg TV. Meist versuchen börsennotierte Unternehmen, die Märkte sachte auf wichtige Personalwechsel vorzubereiten. Die Hauruck-Verkündung Disneys – des mit einem Börsenwert von über 230 Milliarden Dollar weltgrößten Unterhaltungskonzerns – stieß Anleger dementsprechend vor den Kopf. Die Aktie sank nachbörslich zeitweise um über vier Prozent.