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Diplomatie auf höchstem Eisenbahnerniveau

Richard Lutz, neuer Chef der Deutschen Bahn, und sein französisches Pendant SNCF-Boss Guillaume Pepy beschwören in Berlin die Gemeinsamkeiten beider Staatskonzerne. Dabei sind sie erbitterte Konkurrenten auf der Schiene.

Richard Lutz übt sich noch auf dem glatten diplomatischen Parkett. Einem Mann der Zahlen wie dem langjährigen Finanzchef gelingen kunstvoll-gedrechselte Formulierungen vermutlich nicht so leicht. Doch an diesem Abend beweist der neue Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bahn, dass er seinem smarten französischen Kollegen von SNCF Guillaume Pepy durchaus gewachsen ist.

Ausgerechnet auf fremden Staatsgebiet, der französischen Botschaft in Berlin, sollen sich Lutz und Pepy dazu äußern, wann denn nun die ersten französischen Schnellzüge in Deutschland unterwegs sein werden, und ob die Deutsche Bahn plane, den Regionalverkehr in Frankreich aufzumischen. Doch statt sich gegenseitig Abschottung vorzuwerfen – was durchaus der Wahrheit entspräche – üben sich der 59 Jahre alte und politikerfahrene Pepy und sein 53-jähriger Kollege Lutz im Schulterschluss.

Als hätten sich die Bahnchefs abgesprochen: Das müsse man „vom Kunden her denken“. Lutz sagt, im grenzüberschreitenden Verkehr wäre es das Beste, den Verkehr zu „bündeln“. Pepy lässt sich immerhin dazu hinreißen, die DB als „Konkurrenten“ zu bezeichnen. Dabei legt er seinem deutschen Kollegen väterlich die Hand auf die Schulter.

Er gibt ihm den Hinweis, dass die Staatseisenbahn SNCF ja auch nur die „zweitgrößte Eisenbahngesellschaft nach der Deutschen Bahn“ sei. Und im übrigen führen ICE und Thalys ja zwischen dem Rheinland und Paris im direktem Wettbewerb. Klare Ansage: Das muss reichen.

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Womit natürlich noch immer die Frage offen ist, warum sich beide Bahnen nicht intensiver auf dem Territorium des jeweils anderen tummeln. Die Eisenbahnmärkte sind auf Druck der Europäischen Union seit fast zwei Jahrzehnten geöffnet. Aber nach wie vor ist beispielsweise der hochinteressante Großraum Paris für ausländische Bahnbetreiber faktisch tabu.

Die SNCF fährt dagegen mit ihrer Tochter Keolis schon fleißig in deutschen Landen herum. Bahnchef Lutz lässt sich immerhin zu dem provokanten Satz hinreißen: „Die Öffnung der Märkte ist zum Nutzen für alle, vor allem für die Kunden.“ Aber seinem französischen Kollegen wolle er nun wirklich „keine Lehrstunden geben“. Diplomatie auf höchstem Eisenbahnerniveau.

Nun waren die Beziehungen zwischen deutscher und französischer Staatsbahn nicht immer ungetrübt. Vor Jahren setzten die Franzosen eine Trennung von Eisenbahnbetrieb und Schienennetz durch. Aus deutscher Sicht – genauer gesagt aus Sicht von Lutz' Vorgänger Rüdiger Grube – Teufelswerk. Denn hierzulande beschwor der Bahnchef die Einheit und musste sich massiv gegen Andersdenkende zur Wehr setzen.

Die konnten allerdings Frankreich nicht mehr als gutes Beispiel anführen, nachdem eines Tages ein neuer Zug der SNCF in Betrieb gegangen war, der an keinem Bahnsteig halten konnte. Der Einstieg passte nicht. Ob diese Peinlichkeit dazu geführt hat, dass die Franzosen nun plötzlich das deutsche Einheitsmodell aus Netz und Betrieb favorisieren, ist nicht überliefert. Tatsache ist aber, dass die deutsch-französische Eisenbahnachse seit dieser Zeit bestens funktioniert.


„Er soll nicht die Dummheit begehen, die ich selbst gemacht habe“

Bemerkenswert ist auch die Feststellung der Bahnchefs, dass sowohl in Frankreich wie in Deutschland die Zeiten der Großprojekte vorerst vorbei sein werden. Die SNCF wird am Samstag ihre neunte und zehnte TGV-Hochgeschwindigkeitsstrecke eröffnen, die Deutsche Bahn im Herbst das letzte Bauwerk aus dem Wiedervereinigungsplan, die sogenannte VDE 8. Dann kann man in vier Stunden von Berlin nach München rasen. Danach kommt nur noch Stuttgart 21. Das war's.

Für Lutz und Pepy aber kein Grund zu Depressionen. Im Gegenteil. „Die Bereitschaft, in das System Schiene zu investieren, war in beiden Ländern noch nie so hoch“, stellt Lutz zufrieden fest. Die Bahn, darin sind sich die Herren einig, hat eine „Riesenchance“.

Diplomatische Verwicklungen sind allerdings nicht ausgeschlossen. Pepy hat auf Anraten seines Ex-Kollegen und Freundes Grube massiv in das Fernbusgeschäft investiert. Er solle nicht die „Dummheit begehen, die ich selbst gemacht habe“, soll der frühere Bahnchef Pepy empfohlen haben. Die Deutsche Bahn ist bekanntermaßen nach heftigen Verlusten aus dem Geschäft ausgestiegen. Da kann Konzernlenker Lutz im Interesse der deutsch-französischen Beziehungspflege nur hoffen, dass die SNCF den mörderischen Preiskampf durchsteht.