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Digitalreport: Deutschland verpasst die Chance der Pandemie

Bevölkerung und Führungskräfte sind von der Digitalisierungspolitik in Deutschland enttäuscht, zeigt ein neuer Report. Es fehlt vor allem ein klares digitales Profil.

Vor allem bei der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung hakt es. Foto: dpa
Vor allem bei der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung hakt es. Foto: dpa

„Digital jetzt“ heißt das Förderprogramm für den deutschen Mittelstand, das Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier mitten in der Pandemie im September 2020 vorstellte. Der CDU-Politiker wird seitdem nicht müde zu betonen, dass die Coronakrise eben auch eine Chance für die beschleunigte Digitalisierung der Wirtschaft sei. Wunsch und Wirklichkeit liegen jedoch noch immer weit auseinander.

„Digitalisierungsschub in Deutschland bleibt aus – trotz Corona“, überschreibt das European Center for Digital Competitiveness, eine Denkfabrik der ESCP Business School in Berlin, seinen zweiten Report zum Stand der Digitalisierung in Deutschland. Die Studie liegt dem Handelsblatt vor.

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Zwar sieht eine übergroße Mehrheit der Deutschen in den digitalen Technologien einen „wichtigen Helfer in der Coronakrise“. Für 92 Prozent der Führungskräfte aus Wirtschaft und Politik ist Deutschland beim Thema Digitalisierung jedoch „abgehängt“. Das ist das ernüchternde Ergebnis einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage durch das Institut für Demoskopie Allensbach im Auftrag der ESCP sowie Ergebnissen aus einer Befragung von rund 500 Top-Führungskräften aus Wirtschaft und Politik.

Der Bericht bestätigt die selbstkritische Bestandsaufnahme, die Bundeskanzlerin Angela Merkel diese Woche beim digitalen Weltwirtschaftsforum vorgenommen hat: Die Pandemie habe offengelegt, dass Deutschland bei der Digitalisierung nicht gut aussehe, so die Kanzlerin. „Wir wissen, dass wir hier nachzuarbeiten haben.“ Auch eine Studie des Digitalverbands Bitkom kam im November 2020 zu einem ähnlichen Ergebnis.

Während in der öffentlichen Diskussion oft von einem Digitalisierungsschub die Rede sei, habe die Bevölkerung heute bei weniger Bereichen als 2019 den Eindruck, dass Digitalisierung und Vernetzung rasch voranschritten, schreiben die Autoren der Studie.

Besonders kritisch wird das als viel zu langsam empfundene Tempo bei der Digitalisierung staatlicher Dienstleistungen gesehen. 94 Prozent der befragten Führungskräfte bescheinigen Ämtern und Behörden in Deutschland einen deutlichen Rückstand.

Digitalisierung hat in Deutschland kein Gesicht

In den Schulen zeigt sich das besonders deutlich: 79 Prozent der Bürger ziehen die Bilanz, dass die Schulen unzureichend für digitale Unterrichtsformate gerüstet sind. Bei den Führungskräften sind es sogar 91 Prozent, die im Bildungsbereich erhebliche Defizite bei der Digitalisierung sehen.

„Die Corona-Pandemie wurde als Chance für den digitalen Wandel bisher nicht genutzt. Besonders an den Schulen wird die Zukunft Deutschlands verspielt“, sagte Professor Philip Meissner vom European Center for Digital Competitiveness der ESCP Business School Berlin. Er forderte „massive Investitionen“ in digitale Bildung und Unternehmertum. „Der Staat selbst muss digitaler Vorreiter werden.“

Die Mehrheit der Deutschen verbindet mit der Digitalisierung weder ein Gesicht noch einen Namen aus der Politik. Berücksichtige man, dass die Digitalisierung in kaum einer politischen Grundsatzrede fehle, sei es ernüchternd, dass 59 Prozent der Bevölkerung keinen Politiker erkennen könnten, bei dem sie den Eindruck hätten, dass er oder sie sich besonders für die Digitalisierung einsetze, heißt es in dem Report.

Das ist insbesondere für Digitalministerin Dorothea Bär (CSU) und Kanzleramtschef und Digital-Koordinator Helge Braun ein Armutszeugnis. „Die Bürger beurteilen die Politik im Bereich Digitalisierung sehr skeptisch. Es fehlt ein klares digitales Profil“, sagte Professorin Renate Köcher vom Institut für Demoskopie Allensbach. Im Superwahljahr 2021 spricht die große Mehrheit der Deutschen allen Parteien die Digitalkompetenz ab oder hat bisher kein klares Bild von ihren Konzepten.