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Digitalisierung und E-Mobilität: Welche Mitarbeiter künftig in der Autoindustrie gefragt sind

Die Branche kämpft im Strukturwandel um Arbeitsplätze – und die Politik mit Arbeitsminister Heil hat auch, doch nicht nur, Corona-Probleme im Blick.

Der Bundesarbeitsminister sorgt sich um die Automobilbranche. Foto: dpa
Der Bundesarbeitsminister sorgt sich um die Automobilbranche. Foto: dpa

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil befürchtet, dass der wichtigste Arbeitgeber in Deutschland in den nächsten Jahren Hunderttausende Arbeitsplätze abbauen könnte. Die Corona-Pandemie hat die Autokonjunktur brutal abgebremst und sorgt für Überkapazitäten in der Branche.

Der Strukturwandel wiederum – von Autobauern und Zulieferern sträflich vernachlässigt – beschleunigt sich massiv. Das heißt: Die Elektromobilität setzt sich schneller durch als gedacht. Ebenso die Digitalisierung von Produktion und Produkten. „Wir stehen vor ernsthaften und schwierigen Herausforderungen gerade in den Industriestandorten der Automobilindustrie in Deutschland“, sagte Heil am zweiten Tag des Handelsblatt Auto-Gipfels 2020.

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In Deutschland gibt es 1800 Zuliefererbetriebe, bei denen etwa 310.000 Menschen beschäftigt sind. Der Wertschöpfungsanteil an der gesamten inländischen Autoindustrie liegt bei rund 70 Prozent. Vor allem viele kleine Zulieferbetriebe, von denen es Tausende gibt, kämpfen um Existenz und Arbeitsplätze.

Politik, Gewerkschaften und die Unternehmen selbst suchen nach Möglichkeiten, zumindest so viele Arbeitsplätze und so viel Wertschöpfung wie möglich im Land zu behalten. „Wir versuchen als Staat zu unterstützen, Brücken zu bauen, zum Beispiel mit den veränderten Regeln zur Kurzarbeit, damit die Unternehmen in Deutschland in der Automobilindustrie nach der Krise auch wieder durchstarten können“, sagt Heil. Der Arbeitsminister bittet die Unternehmen auch die Möglichkeit der Kurzarbeit zu nutzen, um qualifizierte Fachkräfte in ihren Unternehmen an Bord zu halten.

Wie akut die Lage ist, zeigt das Beispiel Continental. Der Zulieferer aus Hannover könnte in den kommenden Jahren bis zu 13.000 Arbeitsplätze in Deutschland abbauen. Zahlreiche Werke werden geschlossen oder deutlich verkleinert. Beim Konkurrenten ZF Friedrichshafen sieht es kaum besser aus. Hier werden bis zu 7500 Stellen abgebaut. Branchenprimus Bosch nennt zwar keine endgültige Zahl, aber auch der Stiftungskonzern wird Standort für Standort Personal abbauen müssen.

Auch Geld soll als Unterstützung fließen. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier will angeschlagene Zulieferer mit einem zwei Milliarden Euro schweren Hilfspaket unterstützen. Ziel ist es unter anderem, die Transformation der Unternehmen zu beschleunigen und die Innovationskraft zu stärken, damit diese den Strukturwandel überstehen.

„Diese Entwicklung war abzusehen. Die Autoindustrie hat allerdings nicht rechtzeitig darauf reagiert“, sagte Kai Bliesener, Ressortleiter Fahrzeugbau und Zulieferindustrie bei der IG Metall, auf dem Handelsblatt Auto-Gipfel. Jetzt sei zwar die richtige Richtung eingeschlagen worden und Mitarbeiter werden auf diesen Wandel vorbereitet.

Das Problem: „Es gibt Grenzen bei der Weiterbildung“, führt Martin Hofmann, Personalchef der VW-Softwareschmiede Car.Software.Org, im Rahmen derselben Veranstaltung aus. Einschließlich der Automobilhersteller arbeiten mehr als zwei Millionen Menschen in Deutschland in der Branche. Viele von ihnen kennen sich mit Verbrennungsmotoren aus, mit Mechanik und Hydraulik. Elektromobilität und Digitalisierung aber – das künftige Kerngeschäft der Autoindustrie – erforderten andere Aus- und Weiterbildung. „Traditionelle Qualifizierungswege führen in der Transformation nicht immer zum gewünschten Ziel. Hier müssen wir teilweise neue Wege gehen.“

IT-Talente zu finden ist laut Gunnar Kilian eine große Herausforderung für die gesamte Industrie, sagte der Personalvorstand von VW auf dem Handelsblatt Auto-Gipfel. „Ich habe mit Herbert Diess über das Thema schon vor Längerem gesprochen und wir waren uns einig, dass wir im Software-Bereich selbst ausbilden müssen“, erklärt er. Mittlerweile ist der erste Fortbildungsjahrgang mit 90 neuen IT-Fachkräften fast durch. Eine gute Entwicklung mit Schönheitsfehler. Denn der Frauenanteil des Ausbildungsjahrganges lag lediglich bei zehn Prozent.

Hilfsmittel der Gewerkschaften

Die IG Metall hält drei Instrumente für geeignet, um Massenentlassungen in der Autoindustrie zu verhindern und Mitarbeiter mithilfe von Weiterqualifizierungsmaßnahmen fit für die Zukunft zu machen:

  • Ein Transformationsfonds, der die Eigenkapitalausstattung jener Zulieferer verbessern soll, die gute Chancen haben, mit einem innovativen Produktportfolio auch im Elektrozeitalter relevant zu sein.

  • Die Best Owner Group, eine Art Abwicklungsfonds, der kleinere und mittelständische Zulieferer übernimmt, die ausschließlich Komponenten für Verbrennungsmotoren herstellen, und der sicherstellt, dass diese bis zum Ende des konventionellen Antriebs ihr Geschäft betriebswirtschaftlich sinnvoll fortführen können.

  • Das dritte Instrument sieht eine Förderung von Transformationsclustern vor. Dabei sollen Bund und Länder finanzielle Mittel aus dem Konjunkturpaket bereitstellen, um einen industriellen Zusammenbruch von Regionen zu verhindern, die stark von der Autoindustrie abhängig sind.

„In Deutschland gibt es mehrere ,Zulieferer-Cluster‘. Neben Baden-Württemberg und Bayern muss man auch das Saarland nennen, das besonders stark vom Strukturwandel betroffen ist“, hatte Bliesener kürzlich im Gespräch mit dem Handelsblatt gesagt.

Es gehe darum, dass wir arbeitsmarktpolitisch das Richtige tun, um den großen und den kleinen und mittleren Unternehmen in diesem Strukturwandel zu helfen, sagte Heil in seinem Statement. „Mein Ziel als Arbeitsminister ist, mitzuhelfen, dass die Beschäftigten von heute die Chance haben, die Arbeit von morgen zu machen.“ Die Unternehmen seien auf qualifizierte Fachkräfte angewiesen, „aber wir wissen, dass die Anforderungen an Tätigkeiten sich verändern, dass zum Teil neue Berufe gebraucht werden in diesem Strukturwandel“.