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Digitale Helfer – Vermieter entdecken die Büro-App CBRE 360

Wenn Josh Beer morgens aus der Londoner U-Bahn an der St. Paul’s Cathedral tritt, bestellt er als Erstes seinen Kaffee. Eine App auf seinem Smartphone kalkuliert die Entfernung zum Büro und schickt die Bestellung an das Café in seinem Gebäude. Im Idealfall wartet das frisch zubereitete Getränk auf ihn, wenn er das Foyer betritt.

Beer arbeitet für CBRE, den größten Immobiliendienstleister der Welt. Die Büro-App ist der neueste Trend in der Branche. Inspiriert vom Erfolg des hippen Coworking-Anbieters WeWork, setzen auch etablierte Vermieter zunehmend auf die digitalen Helfer, um das Arbeitsleben angenehmer zu machen. „Vermieter fragen sich heutzutage: ,Wie kann ich mein Gebäude attraktiver machen?‘“, sagt Beer, der für die App „CBRE 360“ in Europa zuständig ist.

Mieter hätten höhere Ansprüche: Sport, Wellness, Cafés und andere Dienstleistungen seien vielerorts schon selbstverständlich. Die Campus-Zentralen der amerikanischen Tech-Unternehmen hätten neue Standards für Arbeitsplätze gesetzt. Mit einer App wird es noch bequemer, alle diese Angebote wahrzunehmen.

Per Smartphone lassen sich dann Konferenzräume reservieren, Kollegen im Gebäude orten, Verabredungen zum Mittagessen oder Tennis treffen. Läden und Restaurants in der Umgebung können den Mitarbeitern über die App Rabatte anbieten, die Liste der möglichen Anwendungen ist lang. Das Handy wird so zur Fernbedienung, mit der sich alles rund um den Arbeitsplatz steuern lässt.

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Vorbild WeWork

Bald werde es beispielsweise möglich sein, das Smartphone an einen Schreibtisch im Großraumbüro zu halten, „und er fährt auf die von Ihnen voreingestellte Höhe“, sagt Shiva Rajaraman, Chief Product Officer von WeWork. „Und das Licht ist gerade so hell, wie Sie es mögen, egal, in welchem Büro auf der Welt Sie gerade sind. Dann fühlt sich jeder Hotdesk wie zu Hause an.“ Angesichts florierender Coworking-Anbieter müssen sich Unternehmen etwas einfallen lassen, um junge Talente zu begeistern.

Eine Umfrage des Immobiliendienstleisters Knight Frank unter Studenten Londoner Business-Schools zeigt: Die Arbeitnehmer von morgen wünschen sich eine kreative, vernetzte Arbeitsumgebung mit Gemeinschaftsräumen und der Möglichkeit, zeitlich und örtlich flexibel zu arbeiten.

WeWork ist der Vorreiter der App-Welle. Das Start-up, das 2010 in New York sein erstes Coworking-Gebäude eröffnete, hat die Konkurrenz wachgerüttelt. Das Geschäftsmodell, Büroetagen günstig anzumieten, aufzuteilen und teurer zu vermieten, ist alt. Aber WeWork bietet offenbar einen Mehrwert, der Mieter geradezu magisch anzieht. Die Firma hat es geschafft, das Lebensgefühl der Millennials am Arbeitsplatz zu bedienen. Der Caffè Latte ist gratis, das Wasser hat Obstgeschmack, das Bier kommt vom Fass. Tagsüber gibt es Yogakurse und Vorträge, abends Konzerte und Comedy-Auftritte.

So entsteht eine Community, die Netzwerk-Vorteile mit sich bringt. „Bei WeWork geht es darum, sich mit anderen auszutauschen“, sagt Rajaraman. Die App ist das Herz dieses Systems. An großen WeWork-Standorten arbeiten mehrere Tausend Menschen. Über die Chat-Funktion in der App können sich die Mitglieder, so heißen Mieter bei WeWork, unkompliziert austauschen. Im Chat erlebe man, wie die „sharing economy“ funktioniert, sagt Rajaraman. Mitglieder würden sich gegenseitig mit Büromaterialien und Ladegeräten helfen, aber auch mit professioneller Beratung. Wenn jemand Hilfe bei seinen Steuern brauche oder beim Logo-Design, finde sich eigentlich immer ein Experte.

Das Modell ist so erfolgreich, dass WeWork rasant expandiert. Das Unternehmen ist inzwischen an mehr als 250 Standorten in 22 Ländern vertreten. In London ist es der größte Büroflächennutzer nach der Regierung, in Deutschland soll die Zahl der Standorte dieses Jahr von sieben auf 14 verdoppelt werden.

Von dieser Infrastruktur wollen immer mehr Großkonzerne profitieren. Ein Viertel aller Mieter bei WeWork sind Unternehmen mit mehr als tausend Mitarbeitern. Konzerne wie Microsoft und Citigroup lagern einzelne Projektteams oder auch ganze Abteilungen in die flexiblen Büros aus. Sie erhoffen sich kreative Impulse aus dem Netzwerk, und der Name WeWork hilft auch im Kampf um die Talente. Die großen Unternehmen bringen jedoch ihre eigenen Vorstellungen mit: Sie wollen häufig abgeschlossene Räume, eigene Computersysteme und Zugangscodes – und sie haben ihre eigenen Apps. WeWork hat sich darauf eingestellt und kann die eigenen Inhalte inzwischen auf die Apps der Mieter spielen.

Die Apps sammeln viele für Vermieter wertvolle Daten. Welche Konferenzräume werden am häufigsten gebucht, welche am wenigsten? WeWork nutzt dies, um Räume effizienter zu planen. „Wir wollen erreichen, dass Gebäude mehr wie Software sind“, sagt Rajaraman. „Wir werten die Nutzungsdaten ständig aus und passen den Platz entsprechend an.“ So könne man aus einem zu großen Konferenzraum über das Wochenende zwei kleinere machen, wenn die Daten dies nahelegten.

Die Entwicklung einer App sei nicht billig, gibt Beer zu bedenken. Sie lohne sich daher nur für wirklich große Gebäude. CBRE 360 ist bislang in einem Dutzend Gebäuden in Australien und an drei Standorten in der EMEA-Region (Europa, Asien und Mittleren Osten) erhältlich. In Deutschland gibt es sie noch nicht. Doch das dürfte nur eine Frage der Zeit sein, meint Beer.

Invasion der Konzerne

Der deutsche Markt hinkt dem weltweiten Trend zum Coworking etwas hinterher. Laut einer Studie des Immobiliendienstleisters Colliers International gab es 2017 zwar „erstmals einen am Markt wahrnehmbaren Flächenumsatz“. Die angemietete Bürofläche in den sieben deutschen Metropolen verfünffachte sich gegenüber dem Vorjahr auf über 200.000 Quadratmeter. Die deutschen Mieter sind der Umfrage zufolge allerdings skeptisch, was die Coworking-Philosophie angeht. „Sie halten Konferenzräume für wichtiger als die Möglichkeiten der Vernetzung“, sagt Wolfgang Speer von Colliers International.

Während Anbieter also versuchen, eine Community-Atmosphäre mit möglichst vielen Dienstleistungen zu schaffen, setzen deutsche Nutzer eher auf die Basics: Innenstadtlage, genug Platz und gute IT-Infrastruktur (siehe Kasten rechts).

Das hält die Büroanbieter nicht davon ab, in mehr Service zu investieren. „Es ist der beste Weg, Mieter zu gewinnen und zu halten“, sagt Beer. Das kommerzielle Kalkül der Vermieter ist simpel: Je mehr Dienstleistungen sie anbieten, desto mehr Miete können sie fordern. Und eine App gehört im Smartphone-Zeitalter wohl einfach dazu. In der neuen Zentrale der Canadian Imperial Bank of Commerce (CIBC) in Toronto wird die App sogar schon bei der Gebäudeentwicklung mitgeplant. In Frankreich hat die Firma WorkWell eine App-Plattform entwickelt, die Mieter und Vermieter an ihre Bedürfnisse anpassen können. Sie ist bereits in zwei Dutzend Gebäuden in Frankreich im Einsatz.

Die Kaffeebestellung per App steckt bei CBRE im Übrigen noch in den Kinderschuhen. Manchmal gingen so viele Bestellungen über die App ein, dass die Baristas hoffnungslos überfordert seien, sagt Beer. „Sie müssen entscheiden, ob sie erst die Tickets abarbeiten oder die Kunden bedienen, die vor ihnen in der Schlange stehen.“ Das zeige, dass die Prozesse hinter der App ebenso wichtig seien wie die Technologie selbst. „Wir arbeiten noch an dem menschlichen Element.“