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Digitale Formate überbrücken den Winterschlaf der Messen

Veranstalter versuchen, Messen vor Ort durch virtuelle Events zu ersetzen. Doch diese bringen deutlich weniger Einnahmen – auch für die Region.

Der zweite Lockdown trifft die deutschen Messen erneut schwer. War der Publikumsverkehr doch gerade erst zurückgekehrt, wie auf dem Düsseldorfer Caravan Salon. Zumindest eine Messe durfte nun auch im Lockdown stattfinden: Auf der Kongressmesse Provention in Erfurt präsentierten vor einer Woche rund 120 Aussteller Innovationen gegen Viren und Keime: Roboter, die Gegenstände desinfizieren, Luftfilter und Oberflächen, die Corona keine Chance geben.

Die Messe, die von Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow eröffnet wurde, war ausgebucht. Reine Fachmessen sind in Thüringen Corona-konform auch im Lockdown erlaubt. Die Besucherzahl war allerdings auf 1000 begrenzt. Teilnehmer mussten per App einchecken, um die Kontaktverfolgung zu erleichtern. Hygiene-Automaten reinigten die Luft und zeigten auf Displays die Luftqualität an.

Den meisten Messestandorten ist eine Öffnung jedoch auch unter diesen Bedingungen untersagt. Die Kölnmesse etwa, die kürzlich mit #B-Safe4business ebenfalls ein ausgefeiltes Hygienekonzept präsentiert hatte, musste die Kunstmessen Art Cologne und Cologne Fine Art & Design vom November auf April verlegen.

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Düsseldorf hat die Weltleitmesse Wire & Tube sowie die Valve, die erst vom Frühjahr auf Dezember 2020 verschoben worden waren, schweren Herzens für dieses Jahr abgesagt, da ungewiss ist, ob die Messe im Dezember stattfinden kann. „Unsere Aussteller brauchen eine gewisse Vorlaufzeit von sechs bis acht Wochen vor der Messe“, sagt Wolfram Diener, Chef der Messe Düsseldorf. „Wir als Veranstalter müssen in diesem Zeitfenster entsprechend der Lage entscheiden, bevor für unsere Kunden zu hohe Kosten entstehen.“

Die Messe Nürnberg wollte die Braubeviale, die internationale Investitionsgütermesse für die Getränkewirtschaft, diese Woche eigentlich hybrid veranstalten. Wegen des Lockdowns findet sie rein digital statt – und künftig auch auf einer ganzjährigen Plattform. Rund 200 Unternehmen wollten in drei Hallen ausstellen. Zur virtuellen Braubeviale präsentieren sich zwar 100 Firmen mehr. „Das ist allerdings nur rund ein Drittel der Aussteller, die sonst nach Nürnberg kommen“, erklärt Peter Ottmann, Co-Chef der Nürnberg Messe.

„Corona hat uns digital Beine gemacht“

Seit Juli haben die Nürnberger ein halbes Dutzend digitale Messeformate gestartet – als Übergangslösung zu den nächsten Branchentreffen. Ottmann räumt ein: „Deutsche Messegesellschaften haben das digitale Angebot in der Vergangenheit etwas schleifen lassen. Wir waren ja alle sehr erfolgreich. Jetzt hat uns Corona digital Beine gemacht.“

Die unbegrenzte Reichweite digitaler Formate hat unbestreitbare Vorteile. Die Medizintechnikmesse Medtec Live im Juli lockte etwa ein Drittel neue Aussteller an – sogar aus Amerika. Zur virtuellen Medica in Düsseldorf Mitte November haben sich bisher fast 1500 zahlende Aussteller angemeldet – im Vorjahr präsentierten sich 5500 Firmen am Rhein.

Für Messechef Diener ist diese Teilnehmerzahl für die erste rein virtuelle Messe aus Düsseldorf trotzdem ein Erfolg. „Wir sind sehr zufrieden, auch wenn digitale Messen nur einen Teil der Erlöse von Präsenzmessen einspielen“, sagt Diener. Das digitale Grundpaket für Aussteller liegt bei 3500 Euro. Für einen 15-Quadratmeter-Stand rechnet man sonst im Schnitt mit 10.000 bis 12.000 Euro.

„Das sieht auf den ersten Blick günstiger aus, aber eine Präsenzmesse hat nach wie vor größere Effekte für die Geschäfte unserer Kunden“, so Diener. Bei der Nürnberg Messe gibt es eine große Spreizung: Zwischen 500 Euro und 20.000 Euro kostet ein digitaler Stand – je nach Branche und Umfang des Beteiligungspakets.

Weil digitale Messestände weniger einspielen und bisher auch weniger Aussteller und Besucher teilnehmen, werden die Einnahmen der Messegesellschaften zusätzlich geschmälert. Die Nürnberg Messe hatte 2020 einen Umsatz von 350 Millionen Euro geplant. „Nun wird es wohl auf immerhin rund 100 Millionen Euro hinauslaufen“, sagt Ottmann, der mit zweistelligen Millionenverlusten rechnet. Die Messe kann sich 2020 nur mit Reserven und Krediten über Wasser halten.

Die Messe Düsseldorf hatte 2020 auf einen hohen Umsatz von fast 480 Millionen Euro gehofft. „Aufgrund der Covid-19-Pandemie bricht unser Geschäft nun um 350 Millionen Euro ein“, sagt Diener. Die Messe wird in diesem Jahr einen Verlust zwischen 50 und 100 Millionen Euro einfahren. „Zum Glück sind wir subventionsfrei und haben eine gute Liquidität und Eigenkapitalquote“, so Diener. So müssen die Gesellschafter, die Stadt und das Land, kein Kapital zuschießen. Die Messe verhandelt derzeit jedoch über Kredite mit Banken, um das Jahr 2021 finanziell abzusichern.

Messen in China laufen wieder an

Ein Lichtblick sind die deutschen Messe-Events in China. Die All-in-Print China, Ableger der Druckmesse Drupa, oder auch die Wire & Tube China fanden vor Ort statt. Auch die Nürnberg Messe veranstaltete dort eine Handvoll Messen. „In China läuft es für unsere Tochtergesellschaft wieder richtig gut, auch wenn die Messen aktuell einen nationalen Charakter haben“, so Ottmann.

In Deutschland dagegen wurden viele Messen bereits für 2021 abgesagt oder in den virtuellen Raum verlegt: Die Tourismus-Messe (ITB) in Berlin, die in diesem Jahr fünf Tage vor Beginn gestoppt wurde, findet im März rein digital statt. „Für internationale Messen sind Reisebeschränkungen Gift“, sagt Diener. Auch die internationalen Fachmessen Biofach und Vivaness finden im Februar von Nürnberg aus rein digital statt.

Bis die globale Messewelt wieder halbwegs in gewohnten Bahnen verläuft, dauert es noch. Zunächst werde „es nationale, dann kontinentale Messen geben“, erwartet Ottmann. „Zwischen 2022 und 2024 werden wir weitgehend zur Normalität zurückfinden, die aber höchstens bei 80 Prozent des Vor-Corona-Niveaus liegen dürfte.“ Der Messechef hofft, zumindest einen Teil des Rückgangs mit digitalen Formaten kompensieren zu können.

Diener von der Messe Düsseldorf rechnet ebenfalls mit einer Normalisierung des Messegeschäfts in vier Jahren. Trotzdem setzt er schon bald wieder auf Präsenzmessen. Im Frühjahr sollen die verschobenen Weltleitmessen Interpack und Drupa sowie regulär die Pro Wein und Beauty Düsseldorf und die Top Hair stattfinden.

Diener hat große Hoffnung, dass die Weltleitmesse Boot im Januar vor Ort stattfinden kann. „Das entscheiden wir bewusst erst Anfang Dezember. Denn die Mehrheit der Aussteller wünscht sich eine Präsenzmesse“, so Diener. Die ganze Stadt Düsseldorf fiebere der Boot entgegen – Hotels, Gastronomen, Taxifahrer, der Einzelhandel. „Schließlich haben Messegesellschaften auch den Auftrag, die regionale Wirtschaft zu fördern – das können rein digitale Messen nicht leisten.“