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Dietmar Hopp und die Strüngmanns sind ein Glücksfall – nicht nur für die Pharmabranche

Curevac und Biontech sind im weltweiten Rennen um den Corona-Impfstoff ganz vorn dabei. Ein Erfolg, der ohne die Kapitalgeber hinter den Unternehmen nicht denkbar wäre.

Der Autor ist seit 2016 Vorstandsvorsitzender des Chemie- und Pharmakonzerns Bayer. Die Erforschung von Impfstoffen gehört traditionell nicht zum Geschäft des Dax-Konzerns. In der Pandemie stellte sich Baumann jedoch seiner Verantwortung. So spendete sein Konzern immer wieder Schutzausrüstungen an Kommunen im In- und Ausland. Foto: dpa
Der Autor ist seit 2016 Vorstandsvorsitzender des Chemie- und Pharmakonzerns Bayer. Die Erforschung von Impfstoffen gehört traditionell nicht zum Geschäft des Dax-Konzerns. In der Pandemie stellte sich Baumann jedoch seiner Verantwortung. So spendete sein Konzern immer wieder Schutzausrüstungen an Kommunen im In- und Ausland. Foto: dpa

Es ist ein Jahr mit verheerenden Konsequenzen: Mehr als 1,5 Millionen Menschen weltweit sind 2020 an den Folgen von Covid-19 gestorben. Millionen Jobs sind verloren. In vielen Ländern steht das soziale Leben still.

Immerhin: Die Disziplin, Flexibilität und Solidarität, mit der viele Menschen, Unternehmen und gesellschaftliche Gruppen der Pandemie begegnen, ist bemerkenswert. Dies hat dazu geführt, dass etwa durch das Tragen von Masken und die Einhaltung von sozialer Distanz die Fallzahlen zurückgingen. Besiegt ist das Virus damit aber nicht.

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Dass es die Hoffnung gibt, Covid-19 ultimativ zu überwinden, verdanken wir der unermüdlichen Arbeit von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die in einer nie da gewesenen Intensität an einem Impfstoff forschen. Wir dürfen heute annehmen, dass diese Arbeit erfolgreich ist – und das schneller, als selbst die größten Optimisten zu hoffen wagten. Zwei der globalen Hoffnungsträger sind die Vakzine der deutschen Biotech-Unternehmen Biontech und Curevac.

Die Leistungen der Forscher sind nicht hoch genug einzuschätzen, und wohl selten hat buchstäblich die gesamte Welt so gebannt auf die Ergebnisse von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern geschaut und gebaut. Eine zentrale Bedingung für den Erfolg ist natürlich die Finanzierung. Deshalb wären die Impfstoffe, an denen nun so viele Hoffnungen hängen, undenkbar ohne die Kapitalgeber hinter den Unternehmen: Dietmar Hopp bei Curevac, Andreas und Thomas Strüngmann bei Biontech.

Die drei Investoren eint eine eigene Zeit als Unternehmer: Die Gebrüder Strüngmann machten Hexal zum zweitgrößten Generikahersteller Deutschlands, Dietmar Hopp zählte zu den Gründervätern von SAP. Diese Leistungen allein hätten schon gereicht, um als Hoffnungsträger gewürdigt zu werden – gerade in Deutschland, wo wir solche Geschichten viel zu selten erleben.

Doch Dietmar Hopp und die Strüngmanns haben weitergedacht. Seit vielen Jahren engagieren sie sich erfolgreich als Mäzene, Stifter und Risikokapitalgeber – und zählen dabei zu den wenigen in diesem Land, die es wagen, erhebliche Summen in Biotechnologie zu investieren. Es ist ein Glücksfall für die Branche – und wie wir heute wissen: weit darüber hinaus.

Unternehmen und Förderer, die in die Forschung und Entwicklung von Wirkstoffen investieren, dürfen nie ausschließlich betriebswirtschaftlich denken. Man muss auch bereit sein, sich mit der Technologie auseinanderzusetzen. Die Gebrüder Strüngmann bringen beides mit: Andreas hat Medizin studiert, Thomas BWL. So verkörpern sie gemeinsam die Erkenntnis, dass es stets beides braucht: Wissenschaft und Wirtschaft, Idee und Finanzierung – das Yin und Yang des Fortschritts.

Vermutlich werden wir gerade Zeitzeugen eines dieser Durchbruch-Momente, bei dem die Wissenschaft die Tür zu einer neuen Welt aufstößt. Dabei geht es um mehr als Covid-19. Denn beide Impfstoffe, von Biontech wie von Curevac, funktionieren nach dem neuartigen Wirkprinzip der Boten-RNA. Dahinter verbirgt sich eine Bauanleitung für den Körper, um ein Virusprotein herzustellen, das den Aufbau des erwünschten Immunschutzes auslöst.

Die Impfstoffe gegen das Coronavirus beweisen zum ersten Mal, dass diese Technologie funktioniert. Sie könnte künftig gegen viele Krankheiten eingesetzt werden. Biontech arbeitet vor allem an Krebstherapien.

Es gibt noch viele offene Fragen zu dieser Technologie genauso wie zum Impfstoff gegen Covid-19. Dennoch sollten wir den Etappensieg dieses Jahres würdigen und daraus die richtigen Schlüsse ziehen: In den Laboren weltweit sehen wir wissenschaftliche Erfolge, die früher undenkbar schienen. Fortschritte in der Biologie, der Zell- und Gentherapie und der Künstlichen Intelligenz – Experten nennen es „Bio-Revolution“ – haben das Potenzial, Wirtschaft und Gesellschaft zu verändern und zur Bewältigung globaler Herausforderungen von Pandemien bis zum Klimawandel beizutragen.

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Tatsächlich ist der wissenschaftliche Kampf gegen Covid-19 – insbesondere die Geschwindigkeit, mit der das Genom des Virus sequenziert wurde – eng mit diesen Technologien verbunden. Biontech-Chef Ugur Sahin selbst sprach nach den positiven Phase-3-Daten von einem „Sieg für die Innovation, Wissenschaft und weltweite Zusammenarbeit“.

Wohl selten zuvor ist der Stellenwert von Gesundheit so in unser individuelles wie kollektives Bewusstsein gerückt wie im Jahr 2020. Wir bekamen drastisch vor Augen geführt, dass es die Voraussetzung für eigentlich alles darstellt, was wir als selbstverständlich empfinden, etwa Freunde zu treffen oder in den Urlaub zu fahren. In der Erfahrung der Pandemie und der Erfolge, diese zu bekämpfen, steckt nun die Chance für eine neue Perspektive.

Früher haben wir Innovationen im Gesundheitswesen häufig auf die Kosten reduziert. Mit dem Blick von heute sollten wir sie auch als Investitionen in Lebensqualität und Wohlstand begreifen.

Verständnis für Biotechnologie schärfen

Meine Hoffnung ist, dass der Erfolg von Biontech und Curevac, zu dem 2020 auch staatliche Förderung beigetragen hat, unser Bewusstsein in Deutschland und Europa verändert. Bislang mangelt es oft am Verständnis für Biotechnologie und einem konsistenten politischen Rahmen, um Innovationen zu fördern.

„Man kann sich nur wundern“, sagte Andreas Strüngmann einmal, „dass Deutschland relativ zur Wirtschaftsleistung so wenig in neue Technologien investiert. Ausgerechnet Biotechnologie als eine der bedeutendsten Zukunftsindustrien ist ganz weit abgeschlagen.“

2019 flossen in Deutschland 860 Millionen Euro Eigenkapital in die Biotech-Branche – in den USA war es fast 50-mal so viel. Wenn deutsche Biotech-Firmen an die Börse gehen, geschieht das oft nicht hier. Sowohl Curevac als auch Biontech haben sich für die Nasdaq entschieden.

So stolz wir darauf sein können, dass zwei deutsche Firmen im globalen Rennen um den Impfstoff vorn dabei sind, so sicher ist wohl die Erkenntnis, dass sie ohne Dietmar Hopp und die Gebrüder Strüngmann in Deutschland keine Chance gehabt hätten.

Wenn wir ehrlich sind, passt das ins Bild. Erst vor wenigen Wochen hat die Französin Emmanuelle Charpentier den Chemie-Nobelpreis für die Gen-Schere CRISPR/Cas erhalten. Die Grundlagen dieser Technologie erforschte sie einst in ihrem Heimatland. Die unternehmerischen Anwendungen finden sich heute vor allem an der US-Ostküste. Europa muss aufpassen, dass es nicht zu einem Technikmuseum verkommt, während andere für die Wertschöpfung sorgen.

Laut Immanuel Kant benötigen wir drei Dinge, um die Mühseligkeiten des Lebens zu ertragen: die Hoffnung, den Schlaf und das Lachen. Zum Ende eines Jahres, in dem es wenig zu lachen gab und Covid-19 vermutlich viele um den Schlaf brachte, gibt es die begründete Hoffnung, dass zumindest perspektivisch wieder ein normales Leben möglich ist. Wir sollten nicht vergessen, wem wir diese Hoffnung verdanken: den unermüdlichen Forscherinnen und Forschern – und den Investoren, die an sie glauben.