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Mit diesen Maßnahmen hilft die Bundesregierung der Autoindustrie

Die Spitzen von Union und SPD haben sich geeinigt. Sie wollen den Zugang zum Kurzarbeitergeld erleichtern und die Weiterbildung stärken.

Die Große Koalition einigte sich auf Erleichterungen bei der Kurzarbeit. Foto: dpa
Die Große Koalition einigte sich auf Erleichterungen bei der Kurzarbeit. Foto: dpa

Union und SPD wollen Unternehmen und Beschäftigte im Strukturwandel und im konjunkturellen Abschwung unterstützen. Der Koalitionsausschuss einigte sich in der Nacht zu Donnerstag auf Erleichterungen bei der Kurzarbeit und einen Ausbau der Qualifizierung – und reagierte damit auch auf Forderungen von Arbeitgebern und Gewerkschaften.

„Wir wollen Wandel nicht nur erleiden, wir wollen ihn auch politisch mit begleiten und gestalten“, sagte CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer. Der Arbeitsmarkt sei „durchaus robust“, erklärte Arbeitsminister Hubertus Heil. In einigen Branchen und Regionen machten sich aber die konjunkturelle Abschwächung und der Strukturwandel bemerkbar. „In dieser Situation müssen wir die Beschäftigten und die Betriebe gezielt unterstützen“, betonte der Minister.

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Bisher kann die Bundesregierung die Bezugsdauer des Kurzarbeitergelds nur dann per Rechtsverordnung auf 24 Monate verlängern, wenn eine Gesamtstörung des Arbeitsmarktes vorliegt. Momentan baut aber vor allem das Verarbeitende Gewerbe – und hier besonders die exportorientierte Auto- und Metallindustrie – Personal ab, während sich der Arbeitsmarkt insgesamt noch robust zeigt.

Zwar ist die Zahl der Arbeitslosen im Januar gegenüber dem Vorjahresmonat leicht um 20.000 auf knapp 2,43 Millionen gestiegen. Gegenüber dem Vormonat lag das Plus laut Bundesagentur für Arbeit (BA) bei 198.000. Dies sei aber vor allem auf jahreszeitliche Effekte wie die Winterwitterung oder das Auslaufen befristeter Verträge zum Jahresende zurückzuführen, sagte BA-Chef Detlef Scheele.

Die Eintrübung zeigt sich aber bei der Kurzarbeit. Im November bezogen 96.500 Menschen Kurzarbeitergeld. Nach vorläufigen Hochrechnungen der BA könnte die Zahl im Januar auf 107.000 gestiegen sein und im Februar um weitere 10.000 steigen. Damit befinde sich die Kurzarbeit etwa auf dem Niveau der Staatsschuldenkrise 2013/14, sagte Scheele: „Alles in allem bleiben wir bei der Einschätzung, dass sich dahinter keine dramatische Situation verbirgt.“

Geringere Hürden für den Bezug von Kurzarbeitergeld

Trotzdem will die Bundesregierung vorbereitet sein, sollte sich die Lage verschärfen. Nach dem Beschluss des Koalitionsausschusses soll die Regierung die Bezugsdauer des Kurzarbeitergelds in Industriebranchen mit schweren Strukturproblemen auf 24 Monate verlängern können, wenn Beschäftigte während der Kurzarbeitsphase qualifiziert werden. Unter diesen Umständen nimmt der Staat den Arbeitgebern auch einen Teil der Sozialbeiträge ab, die sie im Falle von Kurzarbeit normalerweise alleine zu tragen haben.

Auch die Hürden für den Bezug von Kurzarbeitergeld werden gesenkt. Bisher gibt es die staatliche Leistung nur bei einem erheblichen Arbeitsausfall in einem Unternehmen. Mindestens ein Drittel der Beschäftigten muss von einem Bruttolohnausfall von mehr als zehn Prozent betroffen sein. Diese Schwelle gilt in von besonders vom Strukturwandel betroffenen Unternehmen nicht mehr, wenn sie ihren Mitarbeitern Weiterbildung anbieten.

Der Bundestag soll der Bundesregierung eine auf drei Jahre befristete Verordnungsermächtigung geben, um die Regelungen bei Bedarf ohne neuerliche Zustimmung des Parlaments einführen zu können. Er sei der Meinung, dass die Regelung danach auch rasch scharf geschaltet werden sollte, betonte Heil. Er berichtete von Gesprächen mit der Landesregierung im Autoland Baden-Württemberg: Da „brennt die Hütte“, sagte der Arbeitsminister.

Neu ist auch, dass die Bundesagentur bei Betrieben bis 250 Beschäftigte bis zu 75 Prozent der Weiterbildungskosten übernimmt, wenn Beschäftigte in einer Transfergesellschaft qualifiziert werden und dabei Transferkurzarbeitergeld beziehen. Außerdem soll die Förderung nicht mehr nur für über 45-Jährige und Geringqualifizierte gelten.

„Arbeit-von-morgen-Gesetz kommt“

Der Arbeitsminister hatte ursprünglich in seinem „Arbeit-von-morgen“-Gesetz noch weitergehende Regelungen etwa eine „Perspektivqualifizierung“ von Beschäftigten oder den Rechtsanspruch, einen Berufsabschluss nachzuholen. Trotzdem zeigte er sich zufrieden mit dem jetzt Erreichten.

Vor allem in der Autoindustrie schlagen die Absatzschwäche und die geplante Abkehr vom Verbrennungsmotor bereits auf die Beschäftigung durch. Die Nationale Plattform Zukunft der Mobilität hatte jüngst in einem Zwischenbericht eine Studie zitiert, der zufolge allein in der Fertigung von Motoren und Getrieben bis 2030 rund 88.000 Jobs wegfallen könnten.

Die NPM hatte deshalb „regionale Kompetenz-Hubs“ für die Branche vorgeschlagen, in denen Unternehmen, Bundesagentur für Arbeit (BA) und Weiterbildungsträger zusammenarbeiten. Die Koalitionsspitzen haben den Vorschlag aufgegriffen und wollen in besonders vom Strukturwandel betroffenen Regionen Dialogplattformen gründen.

„Die Beschlüsse des Koalitionsausschusses sind ein wichtiger Schritt zur richtigen Zeit, um für Beschäftigte im ökologischen und digitalen Strukturwandel Brücken zu bauen in eine neue Arbeitswelt“, sagte IG-Metall-Chef Jörg Hofmann, der in der NPM die Arbeitsgruppe zu Beschäftigungseffekten leitet. „Die Vorschläge der IG Metall sind in großem Umfang in das Ergebnis eingeflossen.“

Heil betonte aber, dass es nicht um eine „Lex Autoindustrie“ gehe, Regelungen für einzelne Branchen seien rechtlich kaum durchzusetzen. Die Regierung wolle einen Werkzeugkasten bereitstellen, aus dem sich Unternehmen dann das für sie passende Instrument aussuchen können.

Förderung für ganze Beschäftigtengruppen

So soll auch das Qualifizierungschancengesetz, nach dem Unternehmen Zuschüsse für die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter bekommen können, entbürokratisiert werden. Außerdem soll es künftig möglich sein, Förderung nicht nur für individuelle Arbeitnehmer, sondern auch für ganze Beschäftigtengruppen zu beantragen.

Die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast, zeigte sich zufrieden mit den Beschlüssen: „Wir investieren nicht nur in die Technik, sondern in die Menschen, die vom Wandel betroffen sind“, sagte sie.

Die arbeitsmarktpolitischen Beschlüsse des Koalitionsausschusses seien „ein erfreuliches Lebenszeichen für den Gestaltungswillen und die eingekehrte Realitätsnähe der Koalition“, lobte der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Steffen Kampeter. Die auf der einen Seite insgesamt gute gegenwärtige arbeitsmarktpolitische Lage habe leider auf der anderen Seite erhebliche Verwerfungen im Bereich der Industrie zu verzeichnen.

„Darauf zielgerichtet und ordnungspolitisch klar zu reagieren, ist richtig“, sagte Kampeter. Das Gesetzgebungsverfahren müsse nun „im Turbo“ erfolgen. Arbeitsminister Heil will jetzt rasch den seit November vorliegenden Gesetzentwurf überarbeiten und strebt für das „frühe Frühjahr“ einen Kabinettsbeschluss an.