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Von diesen Jochen-Schweizer-Angeboten erhofft sich Pro Sieben Sat 1 neuen Schub

Mit Erlebnisgutscheinen ist die Pro-Sieben-Sat-1-Beteiligung groß geworden. Nun lassen sich bei der Marke auch Veranstaltungen direkt buchen.

Abends nach der Arbeit noch schnell einmal mit dem Fallschirm abspringen? Jochen Schweizer macht das jetzt möglich. Über eine App lassen sich bei der Tochter des Medienkonzerns Pro Sieben Sat 1 nun auch spontan außergewöhnliche Erlebnisse bei Veranstaltern buchen.

Seit dem Spätsommer bieten die Münchner den Service für Kurzentschlossene an. Die erste Bilanz fällt positiv aus: „Das kommt sensationell gut an“, sagte Fabian Stich, Chef der Jochen Schweizer Mydays Holding, dem Handelsblatt. Die App „Jochen Schweizer Now“ zähle bereits nach wenigen Wochen 90.000 Nutzer. „Es gibt ein Bedürfnis, direkt zu buchen“, erläuterte Stich.

Als Anbieter von Erlebnisgutscheinen sind die beiden Marken Jochen Schweizer und Mydays groß geworden. Die Voucher werden gerne verschenkt. Es gebe aber auch einen Markt für Leute, die sich selbst etwas Gutes tun wollen, so Stich. Und die könnten nun über die App ihre selbst gewählten Vorhaben aussuchen. Meist würden sie dies recht kurzfristig, zwei, drei Tage vorher tun. Die Gutscheine werden dagegen ohne konkretes Datum verkauft.

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Zwei Jahre ist es her, seit Pro Sieben Sat 1 die hierzulande wohl bekannteste Marke im Geschäft mit Erlebnisgutscheinen übernahm: Jochen Schweizer. Anschließend war das Management damit beschäftigt, den Mittelständler mit Mydays zu verschmelzen, dem konzerneigenen Anbieter von Erlebnisgutscheinen. Inzwischen sind die 450 Mitarbeiter der ehemaligen Wettbewerber in München unter einem Dach vereint.

Nun macht sich die Führungsriege daran, zusätzliche Umsatzquellen zu erschließen. Die Buchungs-App ist dabei nur eine Initiative. Gleichzeitig baut Stich das Geschäft mit Erlebnisreisen aus. Mit der Marke „Hip Trips“ seien dieses Jahr schon 16.000 Menschen in den Urlaub gefahren. „Dieses Segment wollen wir künftig noch stärker bedienen“, sagte der Manager. Auch „Spontacts“ werde erweitert, eine App, mit der sich Gleichgesinnte für Freizeitaktivitäten finden lassen.

Jochen Schweizer besitzt noch zehn Prozent am Unternehmen

Pro Sieben Sat 1 hatte im Sommer vor zwei Jahren 80 Millionen Euro bezahlt, um Jochen Schweizer zu übernehmen. Der Konzern hält nun 90 Prozent an der Gesellschaft. Firmengründer und Namensgeber Jochen Schweizer selbst besitzt zehn Prozent an dem Unternehmen. Der 62-Jährige hat sich eine sogenannte Put-Option einräumen lassen. So ist Pro Sieben Sat 1 verpflichtet, ihm seine Anteile abzukaufen, wenn er dies wünscht. Das geht aber frühestens 2020.

Für Jochen Schweizer Mydays ist es wichtig, neue Geschäfte zu erschließen. Denn der Chef von Pro Sieben Sat 1, Max Conze, erwartet ein strammes Wachstum von der Beteiligung – so wie von allen Tochterfirmen, die Deutschlands größte private Sendergruppe in ihrer E-Commerce-Sparte NuCom gebündelt hat.

Zu NuCom gehören bekannte Namen wie das Vergleichsportal Verivox oder der Erotikversand Amorelie. Von gut 800 Millionen Euro im vergangenen Jahr soll der Umsatz bis 2023 auf zwei Milliarden Euro steigen. Fürs laufende Jahr verspricht der Manager Erlöse von rund einer Milliarde Euro.

Der Konzern hat sich dabei selbst massiv unter Druck gesetzt. Denn im Frühjahr 2018 haben die Münchener den US-Finanzinvestor General Atlantic an NuCom beteiligt. Dabei wurde die Sparte mit 1,8 Milliarden Euro bewertet.

Die Amerikaner fordern deutlich steigende Erlöse des Bereichs – und damit auch von Jochen Schweizer und Mydays. „Unser vorrangiges Ziel ist Umsatzwachstum. Damit schaffen wir Werte“, sagte Jörn Nikolay, Deutschlandchef des Private-Equity-Hauses, dem Handelsblatt unmittelbar nach dem Einstieg.

NuCom ist aber auch strategisch bedeutsam für Pro Sieben Sat 1. Der langjährige Konzernchef Thomas Ebeling hat den Vorstoß in neue Geschäftsfelder schon Anfang des Jahrzehnts vorangetrieben, um das Unternehmen von der TV-Werbung unabhängiger zu machen.

Denn im klassischen Fernsehen sind kaum Zuwächse zu erwarten. Im Gegenteil: Der Umsatz mit Reklame fiel in den ersten neun Monaten um fünf Prozent auf 1,7 Milliarden Euro.

Zunächst fing Ebeling an, nicht verkaufte Werbeplätze an Onlinefirmen gegen eine Beteiligung zur Verfügung zu stellen. Später übernahm der Konzern dann vermehrt aufstrebende Online-Start-ups und wachstumsstarke Firmen wie Jochen Schweizer. Sein Nachfolger Conze setzt diesen Kurs fort.

Kaum Gewinn mit NuCom

In den ersten neun Monaten ist der Umsatz von NuCom im Vergleich zum Vorjahr um 18 Prozent auf 619 Millionen Euro in die Höhe geschnellt. Die Erlöse von Jochen Schweizer Mydays stiegen dabei um ein Fünftel auf 48 Millionen Euro.

Allerdings verdient Pro Sieben Sat 1 mit NuCom kaum etwas. Der angepasste Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) erhöhte sich gegenüber dem Vorjahr lediglich um fünf Prozent auf 51 Millionen Euro.

Zum Vergleich: Der operative Gewinn der TV-Sparte fiel um knapp ein Fünftel auf 458 Millionen. Das heißt: Obgleich das angestammte Fernsehgeschäft schrumpft, wirft es noch immer sehr viel mehr ab als die neuen, aufstrebenden Beteiligungen.

Daher ist für Analysten das Fernsehen nach wie vor entscheidend, wenn sie den Konzern beurteilen. Und so hat die Schweizer Bank Credit Suisse gerade erst ihr Kursziel für die im MDax notierten Aktien von 11,90 auf 11,20 Euro gesenkt.

Die Begründung: Das Werbegeschäft habe sich im dritten Quartal weiter verschlechtert, so Analyst Joseph Barnet. Dies dürfte auch so weitergehen. Derzeit notieren die Papiere bei rund 13 Euro.

Anfang des Monats hat der TV-Konzern Mediaset seinen Anteil an Pro Sieben Sat 1 auf 15,1 Prozent aufgestockt. Die Expansionsstrategie der Italiener dürfte die Papiere von Pro Sieben Sat 1 kurzfristig stützen, urteilte Analystin Lisa Yang von Goldman Sachs.

Allerdings zweifeln viele Anleger schon seit Jahren an der Strategie. Seit dem Höchststand Ende 2015 haben die Papiere rund drei Viertel an Wert verloren.

Bei Jochen Schweizer stehen unterdessen die wichtigsten Wochen des Jahres an. Die Hälfte vom Umsatz erzielt die Marke in der Adventszeit. Es gehe aufwärts, beteuerte Geschäftsführer Stich: „Wir sind extrem gut ins Weihnachtsgeschäft gestartet – und das früher als sonst üblich.“