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Diese Risiken sollten Anleger bei Tech-Aktien im Blick behalten

Die Kursstürze bei Werten wie Tesla bereinigen laut Experten nur alte Übertreibungen. Sie sprechen von Gewinnmitnahmen, erkennen aber weitere Risiken.

War es eine gesunde Bereinigung spekulativer Exzesse oder der Auftakt zu einer größeren Korrektur? Diese Frage beschäftigt Anleger nach den Kurseinbrüchen der US-Technologieaktien am Donnerstag und Freitag.

Ein großer Teil der Analysten will die Verluste nicht überbewerten. Nach starken Kursgewinnen der letzten Monate spricht beispielsweise Martin Lück, Kapitalmarktstratege beim weltgrößten Vermögensverwalter Blackrock, von einem „Warnschuss“. Auch seine Wertung wird von vielen Experten geteilt: „Mehr als Gewinnmitnahmen sind das bisher nicht.“

Das Tech-Beben hatte am Donnerstag begonnen und den Nasdaq-100-Index um mehr als fünf Prozent stürzen lassen. Es war der schlechteste Tag seit Juni gewesen. Zu den größten Verlierern zählten Apple und Tesla, die zuvor stark gestiegen waren.

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Die Tesla-Aktie verlor in der vergangenen Woche zeitweise ein Viertel an Wert. Allerdings hatte sich der Kurs seit dem Markttief im März bis zum Top versiebenfacht (siehe Grafik). Auch Facebook, Netflix, die Google-Mutter Alphabet, Amazon und die steil gestiegene Zoom-Aktie fielen kräftig.

Im Verlauf des Freitagshandels erholten sich die Kurse jedoch. Daher fällt die Wochenbilanz vergleichsweise moderat aus: Die technologielastige Börse Nasdaq lag vier Prozent im Minus, der S & P 500 und damit der breite Markt verlor zwei Prozent.

Der Tendenzwechsel am Donnerstag kam unvorbereitet: Die Woche war noch in euphorischer Stimmung gestartet. Dafür hatten unter anderem die Aktiensplits bei Tesla und Apple gesorgt, obwohl sich an den reinen Unternehmensdaten damit nichts ändert.

Privatanleger als treibende Kraft

Sophie Huynh von der Société Générale nennt als einen Grund für das jüngste Beben, dass aus dem Urlaub zurückgekehrte Privatinvestoren Gewinne mitnahmen. In einem Interview mit Bloomberg TV weist sie darauf hin, dass institutionelle Investoren ihre Positionierung nicht verändert hätten. Das Gesamtumfeld mit niedrigen Zinsen und hoher Liquidität sei unverändert.

Als Gewinnmitnahmen deutet auch Mark Haefele, Chefanlagestratege der Vermögensberatung bei UBS, die jüngsten Kursstürze. Er erinnert daran, dass der S & P 500 den stärksten August seit 34 Jahren mit sieben Prozent Gewinn hinter sich gebracht habe. Auch in den ersten zwei Septembertagen seien neue Rekorde gebrochen worden. So notierten sowohl der S & P 500 als auch der Nasdaq-100-Index so hoch wie nie zuvor.

Für Aktien sprächen immer noch „eine Kombination aus Liquidität der US-Notenbank Fed, attraktive Risikoprämien von Aktien und ein fortschreitender Aufschwung der Volkswirtschaften, die nach dem Lockdown öffnen“, schreibt Haefele. Er sieht ähnliche Argumente pro Aktie wie Huynh von Société Générale. Der UBS-Experte nennt auch die Nachrichten über einen baldigen Impfstoff, ein weiteres Stimulus-Paket und sinkende Realzinsen als Treiber für Aktien. Dabei könnte es bald zu einer Rotation bei den Branchen kommen. Statt der Technologie-Aktien wären dann die konjunktursensiblen Aktien die Favoriten.

Am Freitag wurde klar, dass die Diskussion über das Wall-Street-Beben und die vorherigen exzessiven Kurssteigerungen möglicherweise um eine ganz andere Dimension erweitert werden muss. Nach Berichten von „Financial Times“ und „Wall Street Journal“ hat der japanische Investor Softbank massiv Aktienoptionen auf Technologie-Titel gekauft und damit den Markt künstlich befeuert.

Dabei geht es um Call-Optionen, also um Optionen auf den Kauf von Aktien zu einem vorher festgelegten Preis, denen Milliardenwerte gegenüberstehen. Um sich abzusichern, müssen die Banken, die solche Calls verkaufen, sich mit den entsprechenden Aktien eindecken, um sie vorrätig zu haben, wenn der Kunde seine Optionen einlöst. Anders gesagt: Banken kaufen Technologie-Aktien in Milliardenhöhe und treiben damit die Kurse in die Höhe.

Europa bisher kaum betroffen

Die Ereignisse in Übersee drückten zwar die Stimmung an den europäischen Aktienmärkten. Dennoch zeigten sie sich bisher vergleichsweise robust, auch an den turbulenten Tagen in den USA. Der Euro Stoxx 50 und der Dax gaben in der vergangenen Woche nicht einmal ein Prozent nach. Der Softwarekonzern SAP, ein Schwergewicht im Dax, verlor in der vergangenen Woche knapp vier Prozent.

Die Ausblicke der hiesigen Geldmanager setzen teilweise an einem vom UBS-Experten erwähnten möglichen Favoritenwechsel der Branchen an. „Das passiert aber nicht in wenigen Tagen, sondern dauert Monate“, meint Klaudius Sobczyk, Leiter Asset-Management beim Vermögensverwalter PEH Wertpapier. Davon könne Europa mit seinem großen Fundus an konjunktursensiblen Firmen profitieren.

Allerdings gibt es auch Skeptiker. Nach Ansicht von Mohamed El-Erian, Chefökonom der Allianz, könnte der Markt locker noch weitere „zehn Prozent fallen“, wenn die wirtschaftlichen Fundamentaldaten in den Vordergrund rücken würden, sagte er in einem Interview mit dem Börsensender CNBC. Schließlich lasten die Folgen der Corona-Rezession auf vielen Unternehmen. Ähnlich vorsichtig zeigt sich Blackrock-Experte Lück. „Die Zeit der stärksten Kursanstiege ist vorbei“, glaubt er. Die Wirtschaft habe wegen der Coronakrise noch Dämpfer zu erwarten.

Unterm Strich hält Lück weiter steigende Kurse an den internationalen Aktienmärkten für möglich und auch ein neues Dax-Hoch. Doch dann könnte die US-Präsidentenwahl im November für Unruhe sorgen. „Je wahrscheinlicher ein Wahlsieg Joe Bidens wird, desto unruhiger dürften die Börsen werden.“

Von der Führungsmannschaft des Demokraten erwarteten Investoren Gegenwind für Tech-Aktien. Außerdem habe Bidens Vizepräsidentin Kamal Harris bereits angekündigt, Mega-Techkonzerne zerschlagen zu wollen. Der Blackrock-Mann glaubt: „Das könnte einen Ausverkauf bei Tech-Aktien auslösen.“