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Diese Projektentwickler drängen an die Börse

Wohnimmobilien-Aktien sind bei Investoren begehrt. Davon wollen auch Projektentwickler profitieren. Sie buhlen verstärkt um das Kapital der Anleger.

Unternehmen wie Vonovia und Deutsche Wohnen dürfte so ziemlich jeder in Deutschland kennen. Was ist aber mit Namen wie Consus oder Instone? Wenn es nach Andreas Steyer geht, dem Chef der Consus, werden auch sein Unternehmen bald mehr Menschen kennen: „Wir sind der größte Projektentwickler in deutschen Großstädten und haben eine beeindruckende Entwicklung hingelegt – und kaum einer hat’s gemerkt.“

Tatsächlich ist Consus heute der größte private Entwickler von Wohnimmobilien in Deutschland, zeigt eine Übersicht des Analysehauses Bulwiengesa.

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Bislang sind diese Firmen, die große Wohn- oder Büroprojekte realisieren, aber nur wenigen ein Begriff. Wohl auch deshalb, weil sie an den Börsen kaum in Erscheinung traten. Doch jetzt buhlen sie zunehmend um die Gunst von Aktien- oder Anleihekäufern. Im vergangenen Jahr wagte sich Instone an die Börse und notiert heute im SDax. Consus ist im Einstiegssegment der Frankfurter Börse, Scale, gelistet.

Dass die Projektentwickler wenig bekannt sind, hängt mit der Natur des fragmentierten und meist regional spezialisierten Marktes zusammen. Die drei größten privaten Unternehmen – Consus, Instone und die schwedische Bonava – kommen selbst in den sieben Metropolen zusammen gerade einmal auf einen Marktanteil von elf Prozent, hat die Immobilienanalysefirma Bulwiengesa ermittelt.

Noch nicht berücksichtigt sind dabei Unternehmen wie Vonovia oder kommunale Bestandshalter, die Immobilien für eigene Bestände bauen.

Doch in der Branche zeichnet sich ein Trend zur Konsolidierung ab, erkennt Andreas Schulten, Generalbevollmächtigter von Bulwiengesa. Kein Unternehmen geht dabei so aggressiv vor wie Consus: Der einst auf Büroimmobilien spezialisierte Entwickler kaufte sich 2017 beim deutschen Wettbewerber CG Gruppe ein, an der er heute die Mehrheit besitzt.

Ende 2018 hievte sich Consus mit dem Kauf des Schweizer Entwicklers SSN dann an die Spitze der Branche. „Wir wollen die Integration der Tochtergesellschaften abschließen und im Verlauf des Jahres 2020 in den Prime Standard aufsteigen. Der SDax ist dann unser nächstes Ziel“, kündigt Steyer an.

Handeln lassen sich Aktien von Projektentwicklern heute schon – und die Analysten sind durchaus optimistisch. Beispiel Instone: Der Kurs liegt aktuell bei rund 20 Euro. Deutsche-Bank-Analyst Markus Scheufler rät zum Kauf und gibt sogar ein Kursziel von 41 Euro aus.

Der Aktienkurs von Consus liegt bei 6,40 Euro. Analyst Stefan Scharff von SRC Research gibt ein Kursziel von 13 Euro aus. Der Markt ist insgesamt aber noch klein. Während die fünf größten börsennotierten deutschen Projektentwickler gerade einmal auf eine Marktkapitalisierung von drei Milliarden Euro kommen, sind es bei jenen in Großbritannien schon 25 Milliarden Euro.

Zyklische Werte

Anders als Immobilienbestandshalter, die von den Erträgen aus der Vermietung der Immobilie leben, hängt das Entwicklergeschäft unmittelbar an der Nachfrage nach neuen Immobilien. „Grundsätzlich sind Projektentwickler einem deutlich höheren Risiko ausgesetzt als Bestandshalter.

Es vergehen Jahre, bevor die geplante Immobilie an den Markt kommt. In dieser Zeit kann sich das Geschäftsumfeld massiv ändern, die Nachfrage kann schwächer werden, und die Verkaufspreise sinken“, erklärt Philipp Wass, Analyst von der Ratingagentur Scope.

Für die Branche bietet der Zugang zu den Finanzmärkten eine Gelegenheit, die Kapitalbasis zu stärken. Das könnte beim Konkurrenzkampf um die immer knapper und immer teureren Grundstücke in den Großstädten ein Vorteil sein.

Denn mit den Grundstücken werden auch die Geschäftsmöglichkeiten für Projektentwickler knapper, zeigt eine aktuelle Analyse des Wohnungsverkäufers Accentro: In Berlin und Frankfurt brach der Verkauf von neu gebauten Eigentumswohnungen im Vergleich zum Vorjahr um mehr als ein Fünftel ein, in Düsseldorf um ein Drittel, in Köln sogar fast um die Hälfte.

„Betrachtet man die aktuelle Bautätigkeit in Deutschland, muss damit gerechnet werden, dass diese Entwicklung anhalten beziehungsweise sich sogar verstärken wird“, analysiert Accentro-Chef Jacopo Mingazzini. Im ersten Halbjahr des Jahres 2019 ist die Zahl der genehmigten neuen Eigentumswohnungen in Deutschland dem Statistischen Bundesamt zufolge um 7,9 Prozent zurückgegangen.

Langjährige Partnerschaften werden bevorzugt

Doch mehr Kapital ist kein Garant für mehr Erfolg am Grundstücksmarkt: Druck kommt zudem von den Städten, die auf den Bau von bezahlbarem Wohnraum pochen. „Projektentwickler müssen heute die Quadratur des Kreises schaffen: Sie sollen die Wohnungspreise niedrig halten, während die Grundstücks- und die Baukosten zuletzt stark gestiegen sind“, sagt Schulten von Bulwiengesa.

Grundstücke werden oft danach, welche Gesamtkonzepte der Entwickler der Stadt biete, vergeben. Dabei würden zunehmend Firmen bevorzugt, die für den eigenen Bestand entwickeln und den Kommunen damit langjährige Partnerschaften versprechen.

Dazu zählen kommunale Gesellschaften wie die ABG in Frankfurt oder die Gewofag in München, aber auch private Konzerne wie Vonovia. Auf sie entfallen zwischen 22 und 40 Prozent der geplanten Wohnprojekte in den sieben größten deutschen Städten.

Instone hingegen baut vorwiegend Eigentumswohnungen, Consus verkauft seine Projekte schon in frühen Entstehungsphasen. Als die zu Consus gehörige CG Gruppe dieses Jahr das Großprojekt Eutritzscher Freiladebahnof in Leipzig an einen österreichischen Investor verkaufte, sorgte das für Verstimmung im Leipziger Rathaus.

Dass nun Projektentwickler in die bekannten Börsenindizes aufsteigen, sieht Tobias Just, Immobilienökonom und Geschäftsführer der Irebs-Immobilienakademie, aber nicht als Anlass zur Besorgnis: Das schaffe schließlich mehr Transparenz. „Die Börse funktioniert gut, um Risiken zu bepreisen. Das gilt für Projektentwickler genauso wie für Tech-Unternehmen“, sagt Just.

Hohe Renditen, hohe Risiken

Jüngste Anleiheemissionen liefern Indizien dafür, dass Just recht hat. So legte etwa Eyemaxx eine 37 Millionen Euro Anleihe zu einem Kupon von 5,5 Prozent auf. Euroboden ging bei einer 40 Millionen Euro Anleihe mit einem Kupon von 5,5 Prozent an den Markt.

Das klingt gerade im Niedrigzinsumfeld attraktiv. „Es gibt zwar eine Reihe kleinerer gelisteter Projektentwickler, die auch Anleihen begeben. Die fallen dann aber eher in den Bereich Mittelstandsanleihen“, sagt Wass von Scope. Verbraucherschützer warnen regelmäßig vor den Risiken von kleinen Anleihen mit großen Renditen.

Auch Schulten von Bulwiengesa erklärt: „Wenn man sich den ein oder anderen Kurs anschaut, erkennt man, dass Projektentwickler vom Kapitalmarkt nicht unbedingt mit offenen Armen empfangen werden. Die Risiken werden eingepreist.“

Das bekam auch Consus zu spüren. Im Mai hat das Unternehmen eine 400 Millionen-Euro-Anleihe begeben. Mit einem Zinskupon von 9,6 Prozent lag die aber sogar weit über der marktüblichen Rendite für europäische Hochzins-Bonds. Die beträgt im Durchschnitt rund 3,5 Prozent. Den Renditeaufschlag von fast sechs Prozentpunkten dürften die Investoren vor allem wegen der hohen Verschuldung des Unternehmens einfordern.

Steyer von Consus beschwichtigt: Die Rendite der Anleihe wirke zwar auf den ersten Blick sehr hoch, räumt er ein. Doch mit dem Geld seien noch wesentlich teurere Mezzanine-Finanzierungen der CG Gruppe, die zum Unternehmen gehört, abgelöst worden.

Die Ratingagentur S & P stuft Consus mit „B“ ein. Das liegt knapp oberhalb von Dreifach-C, ab welchem Niveau Analysten bereits von „distressed debt“ – also Schuldnern in Schieflage sprechen.

Für Consus hat der rasante Wachstumskurs der jüngeren Vergangenheit seinen Preis: Drei Viertel des Unternehmensgewinns vor Steuern (Ebitda) musste das Unternehmen im zweiten Quartal für Zinszahlungen aufwenden. Auch eine andere Verschuldungskennziffer mutet astronomisch an: Laut Bloomberg-Analysen lag das Verhältnis von Nettoschulden zu Ebitda im zweiten Quartal bei knapp 14.

Das bedeutet, dass Consus 14 komplette Jahresgewinne bräuchte, um seine Schulden abzutragen. Zum Vergleich: Der Ratingagentur Moody’s zufolge liegt dieser Wert bei europäischen Unternehmen mit B-Rating im Durchschnitt bei knapp unter sechs. Immerhin: Im ersten Quartal lag der Wert bei Consus noch bei 21, der Verschuldungsgrad konnte zuletzt also deutlich verbessert werden.

Consus selbst weist hingegen eine deutlich niedrigere Kennziffer im Finanzbericht aus: 8,3. Das Unternehmen hat dafür das um den SSN-Kauf angepasste Ebitda im ersten Halbjahr – 303 Millionen Euro gegenüber 116 Millionen Euro – den Nettoschulden gegenübergestellt.

„Mittelfristig wollen wir das Verhältnis von Nettoverschuldung zu Adjusted Ebitda auf ungefähr das Dreifache nach unten bringen“, sagt Consus-CEO Steyer. Zum Vergleich: Beim Konkurrenten Instone liegt die Kennziffer– ebenfalls um einen Zukauf angepasst – bei 3,5.

Begehrte Neubauprojekte

Eine hohe Verschuldung ist typisch für die Projektentwicklerbranche: Sie ziehen Immobilien hoch und verkaufen sie. Zwischen Grundstücksankauf, den Aufwendungen für die Planungen und dem Verkauf liegen oft mehrere Jahre, in denen kein oder kaum Geld für die Projekte fließt.

Die Kombination aus Immobilienboom und Niedrigzinsumfeld, das Ersteren maßgeblich mit ausgelöst hat, kommt der Branche derzeit zupass: Auf der Suche nach Alternativen zu niedrig verzinsten Staatsanleihen sehen institutionelle Investoren in Immobilien eine sichere Alternative.

Weil im zehnten Jahr des Aufschwungs Bestandsimmobilien Mangelware am Markt sind, sichern sie sich immer öfter Projektentwicklungen in frühen Stadien. Das heißt: Immobilien werden gekauft, bevor sie überhaupt fertig gebaut sind. „Schon vor dem Spatenstich soll das Projekt verkauft sein. Damit haben wir unsere Planungskosten in der Regel schon gedeckt“, sagt Steyer.

Kunden seien üblicherweise Pensionskassen und Versicherungen. Aktuell hat Consus eine Projektpipeline im Volumen von zehn Milliarden Euro – doppelt so viel wie noch vor einem Jahr. Davon seien schon Projekte im Volumen von 2,8 Milliarden Euro verkauft, sagt Steyer.

Dennoch, ein Restrisiko bleibt, sagt Wass von Scope: Da der Kaufpreis bei den sogenannten Forward Deals meist fix ist, könnten unerwartet steigende Baukosten die Margen für Projektentwickler schmälern.

Der Skepsis, die den Projektentwicklern entgegenschlägt, ist sich Steyer bewusst. Der Markt müsse deren Geschäft einfach besser verstehen, sagt er. Consus hat eine Studie an der Uni St. Gallen in Auftrag gegeben, die die wichtigsten Kennzahlen für das Geschäft der Projektentwickler ermitteln soll. Auf der nun beginnenden Immobilienmesse Expo Real sollen die Ergebnisse vorgestellt werden.