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Diese deutschen Gründer bringen Big Data in amerikanische Autohäuser

„Einem Amerikaner zeigst du nie den Motor“, erklärt Marco Schnabl den Unterschied zwischen amerikanischen und deutschen Kunden. Amerikanern sei es viel wichtiger, dass sie ihr Auto sofort mitnehmen können, als die technischen Details zu kennen. Und die Frage nach der PS-Zahl dürfe man auch mal einfach nur mit „It’s crazy fast“ beantworten.

Der 35-jährige Co-Geschäftsführer von Automotive Mastermind weiß, wovon er spricht. Der dunkelhaarige Mann mit Holzfällerhemd und gestutztem Vollbart sitzt heute in seinem Licht durchfluteten Glasbüro in einem Loft an der Park Avenue im Herzen Manhattans.

Jahrelang aber hat er in einer weniger glamourösen Gegend unweit des Tunnels nach New Jersey in einem Autohaus seinen Lebensunterhalt verdient und später als Gründer eine schwere Durststrecke durchlebt, bevor der Erfolg kam.

2006 war der Berufsakademie-Absolvent als Autoverkäufer für Mercedes nach New York gekommen, auf Provisionsbasis. Seine Eltern hätten es lieber gesehen, wenn er eine feste Stelle bei Daimler in der Produktion in Düsseldorf angetreten hätte. Aber Schnabl zog es in den Vertrieb und nach New York.

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Schon nach drei Stunden hatte er das erste Auto verkauft, wie er heute stolz und immer noch ein wenig ungläubig erzählt. Er arbeitete fast sieben Tage die Woche und verdiente schon im ersten Jahr 200.000 Dollar. Trotz seines Erfolgs als Verkäufer habe er sich schon bald gedacht, dass man mit den richtigen Informationen die Kunden noch viel besser überzeugen könnte, sagt Schnabl, der schon zu Schulzeiten im Autohaus gejobbt hatte.

„Die Technik der Autos ist heute bei allen Marken top. Nur verkauft wird manchmal immer noch wie vor 50 Jahren.“ Aus dieser Überlegung wurde die Geschäftsidee. Zusammen mit seinem Kollegen und Freund Johannes Gnauck gründete er 2012 das Unternehmen „Automotive Mastermind“.

Die beiden bieten den Autohäusern eine Software an, die das Kaufverhalten bestehender und potenzieller Kunden voraussagt, damit sie diese gezielter ansprechen können. Da laufen die verschiedensten Informationen hinein: ob der bestehende Leasingvertrag oder die Garantie ausläuft, ob das Auto oft in der Reparatur ist oder einen Unfall hatte, ob der Kunde in der Armee war und ob die Nachbarn oft ihre Autos wechseln.

Schwieriger Weg zum Multimillionär

Im Jahr 2017 wurde der Informationsdienst IHS Markit auf Automotive Mastermind aufmerksam und übernahm vor mehr als einem Jahr die Mehrheit für 392 Millionen Dollar mit der Option auf mehr. Doch der Weg zum Multimillionär war nicht leicht. Gerade der Anfang war schwer: Das Leben in New York ist teuer, und nach der Gründung waren die Ersparnisse von Schnabl und Gnauck bald aufgebraucht.

Von einem eigenen Auto konnte Schnabl nur träumen. „Ich fuhr mit meinem Fahrrad quer durch New York zu Terminen, weil ich kein Geld für die U-Bahn hatte“, erzählt er. Auch seine einzigen Wertsachen – ein paar Uhren – verkaufte er, um die Miete zu zahlen.

Doch nach ein paar Jahren gelang der Durchbruch. 2017 schaffte es Automotive Mastermind auf Platz sieben der am schnellsten wachsenden Privatunternehmen im Ranking von Inc.com. Heute gehören 18 Marken zu den Kunden von Gnauck und Schnabl: von Mercedes über Audi und BMW bis hin zu GM und Toyota. Die einzelnen Autohäuser haben die Software von Automotive Mastermind abonniert.

Die Plattform kombiniert die Daten, die die Autohäuser von ihren Kunden bekommen, mit anderen, sozioökonomischen Daten und außerdem mit allem, was die bestehenden und potenziellen Kunden über sich in den sozialen Medien teilen. Das können Vorlieben für Automarken sein oder der Name des Arbeitgebers auf LinkedIn oder Xing. Der hat vielleicht einen Flottenvertrag mit einem Autokonzern – so kann man den Kunden direkt ansprechen.

„Wenn ich verstehe, warum meine Kunden etwas gekauft haben, kann ich damit den Algorithmus trainieren, damit er das auf potenzielle Kunden projiziert“, erklärt Schnabl. Das Produkt ist gefragt: 2016 setzte Automotive Mastermind bereits 23 Millionen Dollar um und steigerte den Umsatz in den letzten Jahren deutlich zweistellig.

Genaue Zahlen gibt es seit der IHS-Übernahme nicht mehr. Sowohl Schnabl als auch Gnauck zeichnen als Co-Geschäftsführer weiterhin verantwortlich für das Unternehmen und halten auch noch Anteile.

Eine sehr amerikanische Geschichte

Wäre diese Erfolgsgeschichte auch in Deutschland möglich gewesen? Schnabl ist skeptisch. „In Deutschland war die Kultur vor 14 Jahren, als ich das Land verlassen habe, deutlich vorsichtiger.“ „Diese Can-do-Einstellung hier gefällt mir“, sagt der Gründer, der inzwischen auch die amerikanische Staatsbürgerschaft besitzt und mit einer Brasilianerin verheiratet ist.

Viele Menschen hätten ihn in den USA unterstützt und ermutigt – oft auch mit dem Hinweis, dass auch ein Misserfolg eine gute Erfahrung wäre. Ein Wegbegleiter ist Caroll Neubauer, CEO von B. Braun Medical und langjähriger Vorsitzender der deutsch-amerikanischen Handelskammer in New York.

„Marco Schnabl hat mich schon als Verkaufsleiter bei Mercedes durch seine positive Ausstrahlung und seinen Enthusiasmus überzeugt, als ich dort mein Auto gekauft habe“, erzählt der Manager. Neubauer hatte damit gerechnet, Schnabl irgendwann in der Topetage eines Autokonzerns zu sehen. Dass er stattdessen das Unternehmertum gewählt hat, hat ihn überrascht.

„Aber als er mir die Idee vorstellte, dachte ich mir: Wenn das einer schafft, dann Marco Schnabl.“ Das Einzige, das er ihm bis heute übel nehme, sei, dass Schnabl ihn nie eingeladen habe, in Automotive Mastermind zu investieren.

„Wir wollten nicht Millionäre werden, sondern die Industrie verändern“, sagt Schnabl, wenn er an seine Anfangszeiten zurückdenkt. Heute investiert er selbst als Kapitalgeber in Start-ups. „Wenn ich investiere, will ich wissen: Haben die Gründer eine Vision der Firma oder nur die Vision des Geldes?“

Er selbst ist dank seiner Vision schließlich auch zu Geld gekommen. Inzwischen lebt er in einem Haus, außerhalb von New York. Sein Fortbewegungsmittel ist heute auch kein Fahrrad mehr, sondern eine Mercedes G-Klasse. Und die Uhren, die er damals verkaufen musste, um die Miete zu zahlen, hat er sich wieder zurückgekauft.