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Diese Brüder ebnen Ladenbesitzern den Weg in den digitalen Einzelhandel

Die Coronakrise könnte den Durchbruch für Locamo, den Internetmarktplatz der Brüder Kai-Uwe und Markus Kapler, bringen. Fachleute sind skeptisch.

Fünf Jahre lang hat Markus Kapler auf eine Zeit wie diese gewartet. Natürlich nicht auf die Coronakrise, aber auf eine Zeit, in der sich ein Händler nach dem anderen anmeldet, um auf seinem Internetmarktplatz Locamo mitzumachen. Auf 200 Ladenbesitzer hat es der Schwabe in den fünf Jahren gebracht. Jetzt auf einmal kommt jeden Tag eine Handvoll dazu.

„Viele Händler fangen im Internet bei null an, die dachten, sie brauchen das nicht“, meint der Chef und Gründer von Locamo. Angesichts der Beschränkungen durch das Coronavirus stünden sie nun aber massiv unter Druck, in den Onlineverkauf einzusteigen. Kapler: „Wir bieten ihnen dabei professionelle Betreuung.“

Mit dem Start-up bietet der Betriebswirt, der früher in einer Firma die IT leitete und als Unternehmensberater aktiv war, stationären Händlern ein Schaufenster und einen Vertriebskanal im Internet – und zwar bundesweit. Die Konsumenten können einerseits nach Produkten suchen. Mehr als drei Millionen Artikel seien verfügbar, behauptet Kapler.

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Andererseits können sie ihre Postleitzahl eingeben, um Läden in ihrer Region zu finden. Einen zweistelligen Millionenbetrag hat Markus Kapler, 49, gemeinsam mit Bruder Kai-Uwe, 50, der früher in der Autobranche arbeitete, eigenen Angaben zufolge seit 2015 in das Vorhaben gesteckt; es seien Mittel aus der Familie, Näheres mögen die beiden nicht in der Zeitung lesen.

Er gibt zu, dass das viel Geld und eine lange Zeit sei. „Aber jetzt haben wir den Dreh raus“, meint der Schwabe.

Beteiligte Händler sehen die Plattform positiv. Einerseits, um bundesweit Kunden zu gewinnen. „Mit Locamo haben wir den perfekten Partner, der unsere Geschenkideen für den Kunden regional wie auch in ganz Deutschland greifbar macht“, so Björn und Ilona Engelhardt, die Inhaber der Geschenkboutique MyEngele im schwäbischen Rottweil.

Locamo sei für sie die Brücke in den digitalen Einzelhandel. Andererseits sei das Angebot auch sinnvoll, um Konsumenten in das Geschäft zu locken. „Oft kommen die Kunden von Locamo zu uns ins Ladengeschäft und wollen wissen, wer hinter Bio-Textilien Allgäu steckt“, sagt Roland Spieker, der ökologisch korrekte Bekleidung sowohl in seinem Geschäft verkauft als auch versendet. „ Die Kunden möchten sehen, welches Gesicht sich dahinter verbirgt, von wem sie die Waren erhalten.“

Stärkung des stationären Geschäfts

Der Onlineverkauf über Locamo stärke das stationäre Ladengeschäft, findet auch Ingo Wesseler, der Besitzer des Modehauses Wesseler in Metelen. Denn er könne den Kunden vor Ort eine größere Auswahl bieten, weil die Umsätze bereits vor der Coronakrise durch das Internet deutlich gestiegen seien. „Außerdem sichert der Onlinehandel den wirtschaftlichen Erfolg unseres Betriebs, da mittlerweile etwa zwei Drittel des Gesamtumsatzes durch Onlineverkäufe erzielt werden.“

Maximal 39 Euro pro Monat müssen Händler bezahlen, um bei Locamo gelistet zu sein. Pro Verkauf nehmen die Kapler-Brüder zwischen drei und neun Prozent Provision. Das halten beteiligte Kaufleute für fair: „Was uns gleich positiv stimmte, sind die niedrigeren Verkaufsgebühren gegenüber Amazon“, sagt Gabriela Grabowski von Firlefantastisch in Recklinghausen, einem Geschäft für Partyzubehör.

Die beiden Brüder teilen sich die Aufgaben auf: Markus Kapler kümmert sich um Vertrieb und Marketing. Der Maschinenbauer Kai-Uwe verantwortet die Finanzen und die internen Abläufe. Ihr Ziel ist es, auf 10.000 angeschlossene Händler zu kommen.

Im Vergleich zu Internetkaufhäusern wie Amazon und Ebay wäre die Firma aus dem schwäbischen Weingarten allerdings auch dann noch winzig klein. Fachleute bezweifeln indes, dass Locamo überhaupt jemals so viele Läden vereinen wird.

Denn die Plattform komme dem gerade vorherrschenden Bedürfnis, regional einzukaufen, nicht richtig nach, findet Christian Rechmann, Chef der Agentur For Sale Services. „Dem Kunden aus Hamburg wird munter ein ,US-Nebraska-Roastbeef‘ von einem Händler aus Bad Wurzach in Oberschwaben angeboten“, meint der Berater. Da fehle das Lokalkolorit, das der Marktplatz über seinen Namen doch vorspiegele.

Markus Kapler hingegen hat den Anspruch, lokalen Händlern Kundschaft weit über ihre Region hinaus zuzuführen. Agenturchef Rechmann hält demgegenüber komplett regionale Marktplätze für aussichtsreicher.

So zum Beispiel die eingetragene Genossenschaft hinter wochenmarkt24.de: Bauern aus der Region lieferten ihre Ware in ein Zentrallager der Genossenschaft, die sich um den Onlineshop und die Logistik kümmere und die Ware mit einer eigenen Flotte über Nacht vor die Türen der Kunden stelle. „Quasi der Milchmann 2.0.“, erläutert Rechmann. „Ein lokaler Ansatz, der die Vorteile, vor Ort zu sein, für sich nutzt und die Wertschöpfung ebenfalls in der Region hält.“

GfK: Schockstarre der Verbraucher

Auch die Kapler-Brüder haben allerdings erkannt, wie wichtig eine regionale Vermarktung ist. Die Firma baut daher auch lokale Onlinemarktplätze auf, etwa den „Welfenmarkt“ ihrer Heimatstadt Weingarten oder den „Hafenmarkt“ im nahen Friedrichshafen am Bodensee.

An weiteren Aufträgen arbeite das junge Unternehmen mit seinen 24 Mitarbeitern gerade. Inwiefern Locamo den Händlern in diesen turbulenten Zeiten tatsächlich über die Runden hilft, muss sich erst noch zeigen. Denn die Deutschen halten ihr Geld zusammen.

Die Konsumforscher der GfK haben vergangene Woche den schlechtesten jemals gemessenen Wert beim Konsumklima der privaten Verbraucher ermittelt. Die Leute seien in eine „Schockstarre“ versetzt worden, hieß es bei den Nürnbergern.

Der Handelsverband HDE ist ebenfalls wenig zuversichtlich, was die Konsumnachfrage betrifft. „Die Erlöse bleiben weit hinter den Vorjahreswerten zurück“, teilte die Branchenvertretung Ende vergangener Woche mit.

Die Lockerungen in vielen Bundesländern würden nur teilweise helfen. „Trotz Öffnung werden durchschnittlich nur 40 Prozent des normalen Geschäftsvolumens erreicht.“ Dem HDE zufolge erwarten die allermeisten Händler auch in der nächsten Zeit keine oder nur geringe Impulse: „Die Umsatzverluste werden vielfach nicht aufzuholen sein“, hieß es.

Markus Kapler hingegen glaubt, dass die Ladenbesitzer auf Locamo gute Chancen haben. „Die Händler liefern so schnell wie Amazon und sind preislich meist genauso günstig.“ Auch dass man die stationären Einzelhändler unterstützte, spreche für den Marktplatz. Aufwand und Ertrag stünden in gutem Verhältnis, findet daher auch Michael Grossmann vom traditionsreichen Familienunternehmen Fritz Grossmann in Friedrichshafen.

Für ihn ist es gerade jetzt wichtig, 24 Stunden und sieben Tage erreichbar zu sein. „Wir erzielen über diesen bundesweiten Kanal eine Umsatzsteigerung bei sehr überschaubaren Kosten.“