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Die große Facebook-Abrechnung: Das Social Network steckt in der ersten großen Krise

Stand zuletzt immer öfter in der Kritik: Facebook-CEO Mark Zuckerberg (AP Photo/Eric Risberg)
Stand zuletzt immer öfter in der Kritik: Facebook-CEO Mark Zuckerberg (AP Photo/Eric Risberg)

Zunächst waren es nur vereinzelte Stimmen, doch in den vergangenen Monaten ist aus der Kritik ein Orkan geworden. Gewichtige Vertreter aus Politik, der Wirtschaft, der Tech-Industrie, ja sogar frühere Mitarbeiter rechnen mit Facebook ab. Das weltgrößte Network mache Nutzer süchtig und teile die Gesellschaft, so der immer wieder gehörte Vorwurf.

Die Angriffe von höchster Stelle kommen inzwischen im Tagesrhythmus. „Bergbau- und Ölkonzerne beuten ihre physische Umwelt aus, Social-Media-Konzerne beuten die soziale Umwelt aus“, erklärte am vergangenen Donnerstag niemand Geringeres als der legendäre Investor George Soros auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos.

Wen der 87-jährige Starinvestor damit meinte, machte Soros wenig später deutlich – die Internetgiganten Google und vor allem Facebook. „Social Media-Unternehmen beeinflussen, wie Menschen denken und sich verhalten, ohne dass es ihnen überhaupt klar ist“, erklärte Soros in einer flammenden Rede in Davos. „Das hat weitreichende negative Auswirkungen auf das Funktionieren der Demokratie, insbesondere auf die Integrität von Wahlen.“ Facebook sei deshalb nicht weniger als „eine Bedrohung unserer Gesellschaft“.

Facebook macht süchtig wie ein Glücksspiel-Unternehmen

Und nicht nur für die Demokratie, sondern auch für die psychische Gesundheit von (jungen) Nutzern sei Facebook eine Gefahr. „Es gibt eine Gemeinsamkeit von Internetplattformen und Glücksspielunternehmen. Casinos haben Techniken entwickelt, um Spieler bis an den Punkt abhängig zu machen, an dem sie bereit sind, all ihr Geld zu verzocken, selbst wenn sie es gar nicht haben.“

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Soros ist die neuste Stimme im immer größer werdenden Chor der Facebook-Kritiker. Zwei Tage zuvor hatte sich Salesforce-CEO Marc Benioff unisono geäußert. Facebook würde funktionieren wie Zigaretten: „Sie machen süchtig, und sie sind nicht gut für einen.“

Auch Apple-Chef Tim Cook warnt vor Social Media

Entsprechend müssten seitens der US-Regierung Konsequenzen folgen: „Ich denke, dass man im gleichen Maße vorgehen müsste, wie die Zigarettenindustrie reguliert wurde“, erklärte der 53-Jährige in CNBC ebenfalls am Rande des Weltwirtschaftsforums. „Die Technologie besitzt ohne Zweifel Suchtpotenzial, auf das wir hinweisen müssen. Produktdesigner arbeiten daran, dass diese Produkte abhängig machen, das müssen wir zurückfahren.“

Wieder wenige Tage zuvor hatte auch Apple-Chef Tim Cook seine Bedenken in Richtung des weltgrößten Social Networks geäußert. „Es gibt einige Dinge, die ich meinem Neffen nicht erlaube“, erklärte der Apple-CEO auf einer Podiumsdiskussion im britischen Essex. „Ich möchte zum Beispiel nicht, dass er auf einem Social Network aktiv ist.

Facebooks ehemalige Top-Manager rechnen ebenfalls mit dem Social Network ab

Losgetreten hatte die Welle der großen Abrechnung mit Facebook ausgerechnet der erste Präsident des weltgrößten Social Networks. Im vergangenen November bezeichnete Sean Parker Facebook in einem Interview mit dem Internetportal Axios als „eine soziale Bestätigungsmaschine, genau die Sache, die ein Hacker wie ich entwerfen würde, weil es sich die Verletzlichkeit der menschlichen Psyche zunutze macht“.

Das soziale Network, das inzwischen von mehr als zwei Milliarden Menschen genutzt wird, untergrabe die Produktivität „in komischer Weise. Nur Gott weiß, was es mit den Gehirnen unserer Kinder anrichtet“, äußerte sich der Napster-Gründer ungewohnt kritisch über jenes Unternehmen, an dessen Wachstum er in der Frühphase maßgeblichen Anteil hatte; heute ist Facebook bereits der fünftwertvollste Konzern der Welt.

„Tools geschaffen, die die Gesellschaft auseinanderreißen“

Mehr noch: Auch ein anderer hochdekorierter Mitarbeiter der frühen Stunde äußert sich Ende vergangenen Jahres höchst kritisch. „Ich denke, wir haben Tools geschaffen, die die Struktur unserer Gesellschaft auseinanderreißen“, erklärte Chamath Palihapitiya im Dezember auf einer Podiumsdiskussion an der Stanford Graduate School of Business.

Palihapitiya, der von 2007 bis 2011 als verantwortlicher Manager das Nutzerwachstum des aufstrebenden sozialen Netzwerks vorantrieb, bekannte, er fühle sich „unendlich schuldig“ für seinen Anteil an Facebooks Erfolgsstory. „Die kurzen, von Dopamin gesteuerten Feedback-Schleifen, die wir kreiert haben, zerstören, wie die Gesellschaft funktioniert“, erklärt Palihapitiya mit Blick auf die dauernden Benachrichtigungen beim Social Network, die durch Likes, Kommentare und andere Interaktionen erzeugt werden.

Facebooks halbherzige Selbstkritik

Nach so massiven Vorwürfen hat auch Facebook reagiert und zumindest einen Anflug von Selbstkritik erkennen lassen. „Wenn Nutzer im Allgemeinen eine Menge Zeit damit verbringen, Informationen passiv zu konsumieren – lesen, aber nicht mit anderen Menschen zu interagieren –, geben sie an, sich schlechter zu fühlen als vorher“, teilt der nach Alphabet und Amazon drittwertvollste Internetkonzern der Welt in einem Blogeintrag mit.

Konzernchef Mark Zuckerberg zeigte zu Jahresbeginn mehr Demut und erklärte es zu seiner Jahresherausforderung, Facebook zu reparieren. „Die Welt ist ängstlich und geteilt, und Facebook hat eine Menge Arbeit vor sich – sei es, dass unsere Gesellschaft vor Hass und Missbrauch und gegen die Einmischung von Staaten geschützt werden muss oder wir sicherstellen müssen, dass die Zeit, die wir auf Facebook verbringen, gut angelegt ist“, schrieb Zuckerberg selbstkritisch in einem Blogpost Anfang Januar.

Eine Woche später ließ der Facebook-Chef seiner Ankündigung Taten folgen und verkündete den Umbau des zentralen Newsfeeds, der künftig weniger Posts von Freunden und weniger Inhalte von Medienanbietern zeigen soll. Nutzer sollten Verlage, die Inhalte im Social Network posten, zudem nach ihrer Vertrauenswürdigkeit bewerten.

Notorisch kompliziertes Verhältnis zur Verlagsbranche

Die Maßnahme dürfte das angespannte Verhältnis zur Verlagsbranche weiter belasten. Medienmogul Rupert Mudoch forderte Facebook unterdessen auf, für die Verbreitung von journalistischen Inhalten eine Gebühr an Verlage zu entrichten, was Zuckerberg kaum vorhaben dürfte.

Nach Jahren des schier grenzenlosen Wachstums dürfte der Facebook-Chef 2018 ohnehin damit beschäftigt sein, sein Lebenswerk gegen die immer größere Kritik zu verteidigen. Nach Einschätzung des renommierten Techreporters Nick Bilton („Hatching Twitter“) kommt seine sporadische Selbstkritik indes reichlich spät.

„Jetzt, wo 2018 begonnen hat, gibt Mark Zuckerberg endlich zu: Facebook ist in echten Schwierigkeiten“, schreibt Bilton in „Vanity Fair“ und prognostiziert: „Die Abwärtsspirale hat begonnen“. Zumindest wirtschaftlich kann Konzernchef Mark Zuckerberg an diesem Donnerstag bei Vorlage der neuen Quartalsbilanz diesen Vorwurf kontern.