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Das sind Deutschlands heimliche Boom-Städte

Regensburg gehört zu den heimlichen Boom-Städten Deutschlands (Foto: Getty Images)

Der deutsche Immobilienboom dauert schon fast zehn Jahre an. Vor allem die sieben Metropolstädte erreichen regelmäßig neue Rekorde bei den Kaufpreisen. Gemessen an den aktuellen Angebotspreisen liegt wie üblich München mit 7100 Euro pro Quadratmeter mit deutlichem Abstand vor Frankfurt am Main (4660 Euro pro qm), Stuttgart (4100 Euro), Hamburg (3990 Euro), Berlin (3840 Euro), Düsseldorf (3540 Euro) und Köln (3400 Euro). So weit, so bekannt.

Doch anders als weithin angenommen bilden die "Big Seven" nicht allein die Spitze bei den Kaufpreisen für Häuser und Wohnungen. In den Top-20 tummeln sich daneben auch Städte wie Esslingen am Neckar, Ludwigsburg, Erlangen, Landshut, Tübingen, Rosenheim, Regensburg, Ingolstadt, Freiburg im Breisgau und Konstanz. Sie können mit Quadratmeterpreisen zwischen 3350 Euro (Esslingen) und 4500 Euro (Konstanz) durchaus mit den sieben Metropolstädten mithalten.

Abwanderung von preishohen Metropolen in B-Städte

Dass sogar Mittelstädte wie Rosenheim und Regensburg beim Preisniveau für Häuser und Wohnungen in den Top-10 landen, verdanken sie einerseits wirtschaftlicher Stärke, zum anderen der relativen Nähe zu München, wo das Angebot nochmal deutlich knapper und damit teurer ist. Vieles spricht dafür, dass die rekordhohen Preise in den Metropolen zunehmend Käufer abschrecken und im Gegenzug die B-Städte attraktiver werden.

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Das zeigt auch das Tempo der Preissteigerungen der vergangenen drei Jahre. Das Maklerunternehmen Homeday hat für die WirtschaftsWoche die Preisentwicklung von 150 Städten mit mehr als 60.000 Einwohnern untersucht. Die höchste Preissteigerung erfuhr demnach der Berliner Häuser- und Wohnungsmarkt mit einer Erhöhung der Kaufpreise um 46 Prozent in nur drei Jahren. „Insbesondere in den städtischen Regionen gehören steigende Verkaufswerte auch weiterhin zur Tagesordnung“, erklärt Steffen Wicker, Gründer und Geschäfts von Homeday. "Angesichts einer stetig wachsenden Nachfrage, die mit einer zunehmenden Verknappung an verfügbarem Wohnraum einhergeht, werden die Immobilienpreise vielerorts auch weiterhin kräftig anziehen."

Gewusst? Das sind die teuersten Städte der Welt

Tatsächlich steigen die Immobilienpreise – und damit auch die Mieten – auch jenseits der großen urbanen Zentren. Berlin ist die einzige Metropole unter den Top-30 nach Preissteigerung. Erst auf Platz 35 folgt als nächster Vertreter der Big Seven Frankfurt am Main mit einer Preiserhöhung von 29,8 Prozent. Das ist zwar ein gewaltiger Sprung auf einem bereits sehr hohen Preisniveau, allerdings waren die Preiserhöhungen in 33 kleineren Städten deutlich höher. Denn gleich hinter Berlin teilen sich im Ranking Augsburg, Leipzig, Heilbronn und Ludwigsburg die Spitzenplätze mit Preissteigerungen von mehr als 40 Prozent.

Immobilienpreise und Preisentwicklung in deutschen Groß- und Mittelstädten ab 60.000 Einwohner

Der Wohnraum in Kommunen wie Esslingen, Sindelfingen, Göttingen, Villingen-Schwenningen, Garbsen, Aalen, Delmenhorst oder Schwäbisch-Gmünd hat sich seit 2015 immerhin um mehr als 30 Prozent verteuert. Im Durchschnitt sind die Kaufpreise in den 150 Städten der Analyse nach um 25 Prozent in drei Jahren gestiegen. Selbst Schlusslicht Dessau-Roßlau kommt auf einen um mehr als sieben Prozent gestiegenen Quadratmeterpreis. Zusammengefasst lässt sich also sagen, dass in allen deutschen Mittel- und Großstädten die Immobilienwerte kräftig gestiegen sind, in vielen sogar stärker als in den begehrten Metropolstädten.

Die Ursachen für diese Preiserhöhungen haben mehrere Gründe. Zum einen müssen viele der aufgeführten Städte zum erweiterten Einzugsgebiet der Metropolregionen und -städte gezählt werden, etwa Esslingen und Sindelfingen als Nachbarstädte von Stuttgart oder Delmenhorst in der Metropolregion Bremen-Oldenburg. Vor dem Hintergrund zunehmend teurer Immobilien in den Metropolen, guter Konjunktur und sinkender Arbeitslosigkeit wird der Haus- oder Wohnungskauf damit in diesen Städten zunehmend attraktiv. Untersuchungen zeigen, dass insbesondere deutsche Familien den Megacitys den Rücken kehren, vor allem, wenn der Nachwuchs mehr Raum benötigt.

Hintergrund: Der Traum vom Haus ist ausgeträumt

Im Fall von Göttingen oder Villingen-Schwenningen liegt es wohl eher an der Tatsache, dass sie aufgrund ihrer Lage selbst ein Oberzentrum in ihrer Region bilden und zum Beispiel über eigene Hochschulen verfügen.

Bezahlbare Immobilien ohne Luxus sind gefragt

Dass das Umland der Metropolen für Familien auf Haussuche immer interessanter wird, hat auch die BHW beobachtet. Die Bausparkasse sieht gute Gründe dafür, dass der Ansturm auf den Häuser- und Wohnungsmarkt der B-Städte weiter anhält. Zum einen träumt laut BHW-Umfrage jeder zweite vom Eigenheim. Darunter auch 42 Prozent der Erwachsenen im Umland der Metropolen, die demnach "richtig Lust, zu bauen oder zu kaufen" haben. Hier kann das Umland von Großstädten mit niedrigeren Immobilienpreisen punkten und dürfte auch weiterhin auf wachsende Nachfrage treffen.

Der Trend in großen Teilen der heimischen Bevölkerung, die großen und teuren Stadtzentren zu verlassen, bietet offenbar auch spezialisierten Investoren und Wohnungsgesellschaften Chancen. Die REA Beteiligungs GmbH aus dem bayrischen Kempten betreut zirka 1200 Wohnungen, davon hat sie rund 800 Wohnungen im eigenen Bestand, allesamt in Klein- und Mittelstädten. "Als wir 2016 angefangen haben, galten die Orte und Objekte nicht gerade als sexy: 20 bis 30 Kilometer außerhalb der Großstädte, gebaut in den Sechzigerjahren, unzufriedene Mieter", erinnert sich Ulrich Jehle, Geschäftsführer von REA. Dann habe man aber festgestellt, dass schon mit relativ einfachen Mitteln die Mieter zufriedengestellt werden konnten. "Oft sind es kleine Sachen, mit denen die Mieter glücklich sind: ein neues Bad oder neue Böden, ein hellerer Eingangsbereich, ein frischer Anstrich im Treppenhaus oder einfach ein Hausmeister vor Ort, der sich um das Gebäude kümmert. Dabei ist uns wichtig, dass Modernisierungen und damit verbundene Mietanpassungen fair für beide Seiten sind."

REA baut daher keine teuren Aufzüge ein oder investiert massiv in eine Fassadendämmung, um später Luxuswohnungen zur Höchstmiete anzubieten, sondern vermietet weiter seine moderat aufgewerteten Wohnungen noch immer für weniger als fünf Euro pro Quadratmeter. Die Kaufpreise aber haben sich für REA erhöht: Vor drei Jahren zahlte die Gesellschaft zwölf Nettojahreskaltmieten für ein Objekt, mittlerweile sind es auch in den attraktiven Kleinstädten eher 20 Nettojahreskaltmieten.

Preisanstieg in fast ganz Deutschland

Dass der Immobilienboom immer mehr Städte und Regionen jenseits der Metropolen erfasst, bestätigt auch der Wohnatlas der Postbank. Demnach sind im vorigen Jahr in 90 Prozent aller Landkreise und kreisfreien Städte die Preise für Immobilien gestiegen. Jehle ist sich sicher: "Der wachsende Bedarf an bezahlbarem Wohnraum ist nur in kleinen und mittelgroßen Orten sowie auf dem Land zu decken – und zwar am besten dort, wo es aufgrund der Abwanderung in die Städte bereits Leerstände gibt." Eine Sanierung und optische Aufwertung sei nämlich für den Staat, Investoren und am Ende auch für den Mieter deutlich günstiger als der Neubau von Wohnungen.

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Allerdings müssten die betroffenen Kommunen dafür auch in eine moderne und funktionierende Infrastruktur investieren, etwa durch den Ausbau des Personennahverkehrs, Verbesserung der ärztlichen Versorgung, ausreichend Schulen oder den Ausbau des Breitbandnetzes. Bund und Länder müssten die Kommunen dabei unterstützen. "Dann könnte es wieder genügend bezahlbaren Wohnraum geben – auch in den Städten. Der dann nachlassende demografische Druck könnte zu einer Entspannung auf dem Wohnungsmarkt führen, weil Vermieter dann nicht mehr in der Lage sind, die Preisspirale immer weiter nach oben zu drehen", ist Jehle überzeugt.

Bis es soweit ist, bleiben fallende Immobilienpreise wohl weiter die Ausnahme. Aber es gibt sie noch, in 36 der 401 Kreise sind die Preise laut Postbank gesunken. Die Statistik zeigt aber auch, dass es regional sehr unterschiedliche Entwicklungen gibt. Mitunter fallen demnach die Preisschwankungen in kleineren Städten und dünnbesiedelten Kreisen deutlich stärker aus, als bei den hier betrachteten Städten ab 60.000 Einwohner. So stiegen die Immobilienpreise etwa im bayrischen Landkreis Kronach mit nur 67.000 Einwohnern (davon 17.000 in der Stadt Kronach) innerhalb nur eines Jahres um mehr als 40 Prozent. Im Kreis Mansfeld-Südharz hingegen, der rund 138.000 Einwohner zählt (davon 27.000 in der Kreisstadt Sangerhausen), brachen die Immobilienpreise 2018 um mehr als 37 Prozent ein.

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