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Deutschlands Beitrag zum „Krieg mit anderen Mitteln“ ist bedeutend

Die USA sehen den Nato-Beitrag vieler Verbündeter als zu gering. Der Vorwurf basiert auf der Annahme militärischer Konflikte. Heute werden die mit anderen Mitteln geführt. Dabei leistet Deutschland mehr als andere.

 Foto: dpa
Foto: dpa

Handelssanktionen sind in globalen Konflikten inzwischen häufig das Mittel der Wahl, weil sie kostenträchtigere kriegerische Auseinandersetzungen verhindern oder effizienter wirken. Die Sanktionen gegen Russland, Nordkorea oder Iran sind hier nur einige der prominentesten Beispiele. Solche Sanktionen treffen nicht nur das sanktionierte Land, sondern haben auch Kosten für dritte Ländern. Ihnen entgehen Handelsgewinne und damit Wohlstand. Die Folgekosten von Sanktionen lassen sich mit Hilfe von Handelsdaten gut messen.

Tut man das, ist Deutschlands finanzieller Beitrag zur globalen Sicherheit der NATO-Länder höher, als vielfach von US-Präsident Trump kritisiert. Denn die Fälle nehmen zu, in denen NATO-Länder abgestimmt oder einzeln geostrategische Ziele, mit Sanktionen verfolgen, wie ein Blick in die Global Sanctions Data Base zeigt. Insbesondere die USA nutzen dieses Mittel und verursachen damit auch in europäischen Ländern und hier vor allem in Deutschland hohe Kosten. Selbst tragen die USA dagegen nur einen geringen Teil der Kosten.

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Der sogenannte „War by other means“, der Krieg mit anderen Mitteln, ist Teil der außenpolitischen Strategie der USA. Daher ist es nur gerechtfertigt, deren ökonomischen Kosten ebenso als monetären Beitrag zur NATO anzuerkennen wie konventionelle Verteidigungsausgaben.

Kollegen und ich haben in der Studie „The Economic Costs of War by Other Means“ die Kosten von Sanktionen auf verschiedene Länder auf Basis aktueller Handelsdaten untersucht. Die Kosten sind hoch und ungleich verteilt. Ihre Berücksichtigung ändert das Bild der finanziellen Leistungsbereitschaft innerhalb der NATO teilweise entscheidend. Deutschland und die EU bringen nach unseren Berechnungen einen deutlich größeren finanziellen Beitrag ein, als gemeinhin behauptet, und liegen nur noch knapp unter der Zwei-Prozent-Marke des BIP. Die Kritik der USA an unseren Verteidigungsausgaben wird dadurch deutlich entkräftet.

Durch NATO-Mitglieder verhängte Wirtschaftssanktionen verursachen pro Jahr geschätzt einen ökonomischen Schaden unter ihren Mitgliedsstaaten von knapp 34 Mrd. US-Dollar. Dieser berechnet sich in erster Linie aus den entgangenen ökonomischen Handelsgewinnen. Dabei ist berücksichtigt, dass auch der Handel mit nicht sanktionierten Produkten leidet und globale Lieferketten unterbrochen und neu organisiert werden müssen. Dieser wirtschaftliche Schaden wird mit 29,5 Mrd. US-Dollar zum Großteil von den Ländern der EU getragen. Deutschland trägt NATO-weit mit 8,1 Mrd. US-Dollar die höchsten ökonomischen Kosten, was 0,23 Prozent des BIP entspricht. Die USA dagegen tragen durch die Sanktionen nur einen relativ geringen ökonomischen Schaden von 2,6 Mrd. US-Dollar, das sind 0,01 Prozent des BIP.

Rechnet man die jüngst von der NATO veröffentlichten Verteidigungsausgaben der Mitgliedsstaaten und die ökonomischen Folgekosten von Sanktionen zusammen, dann steigt Deutschlands finanzieller Beitrag für internationale Sicherheit und Verteidigung von 1,57 Prozent auf 1,80 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP).

EU-weit steigen so die NATO-Aufwendungen von 1,65 auf 1,89 Prozent des BIP. Gerade bei osteuropäischen Staaten macht die Einbeziehung von Sanktionskosten vielfach einen entscheidenden Unterschied dabei, ob der finanzielle Beitrag unter oder über der in der NATO angepeilten Zwei-Prozent-Marke liegt. Diese Länder sind stark durch die Russlandsanktionen belastet.

Der finanzielle Beitrag der USA erhöht sich von 3,87 Prozent des BIP auf 3,88 Prozent, sie leiden nur minimal unter den Folgen von Wirtschaftssanktionen. Dennoch leistet kein Mitgliedsland absolut gesehen einen höheren finanziellen Beitrag. Zumal die USA mit knapp 785 Mrd. US-Dollar unverändert das mit Abstand höchste Verteidigungsbudget aller NATO-Staaten haben, die insgesamt rund 1,1 Billionen US-Dollar ausgeben.

Politisch lassen sich aus diesen Erkenntnissen zwei wichtige Folgerungen ableiten: Erstens sollte Deutschland und sollte die EU insgesamt die Kosten der Sanktionen in ihren Gesprächen mit der US-Regierung als Beitrag zur internationalen Sicherheitspolitik stärker thematisieren. Die asymmetrischen Sanktionsfolgen sind ein wichtiges Pfund, mit dem sie in Verhandlungen über das NATO-Budget wuchern können. Zweitens wird noch einmal die Bedeutung des EU-Binnenmarkts im globalen Machtpoker deutlich.

Ein großer Binnenmarkt kann zum einen Sanktionsfolgen abpuffern, weil er alternative Handelsmöglichkeiten eröffnet. Zudem kann die EU als Ganzes in geopolitischen Konflikten viel wirksamer mit Sanktionen drohen oder wirtschaftlich gegenhalten als einzelne Länder. Wenn wir die Entwicklung des Binnenmarkts vernachlässigen, verlieren wir nicht nur an Wohlstand, sondern auch an geopolitischem Einfluss.

Mehr zum Thema: Die deutsche Gesellschaft sollten den Charakter des Putin-Regimes nüchtern zur Kenntnis nehmen: machtpolitisch skrupellos, gepaart mit hemmungslosem Bereicherungswillen. Ein Gastbeitrag.