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Wie Deutschland sich den Zugriff auf grünen Wasserstoff sichern will

Partnerschaften mit dem Ausland sollen den Weg ebnen für eine ausreichende Versorgung mit grünem Wasserstoff. Bereits 2021 könnte der Startschuss fallen.

Das Bundeswirtschaftsministerium arbeitet mit Hochdruck an dem Aufbau von Wasserstoff-Partnerschaften mit dem Ausland. Schon 2021 sollen die Voraussetzungen geschaffen sein, um in wind- und sonnenreichen Weltregionen in die Produktion von grünem Wasserstoff einzusteigen. Als Blaupause dient dabei ein Konzept mit dem Titel „H2 Global“, das die bundeseigene Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) mit dem Deutschen Wasserstoff- und Brennstoffzellenverband (DWV) erarbeitet hat.

Um kostengünstigen Wasserstoff in Deutschland bereitzustellen, sei der Aufbau eines funktionierenden Markts notwendig, heißt es im Ministerium. „Das Förderkonzept H2 Global könnte hierfür ein geeignetes Instrument sein“, teilte das Ministerium auf Anfrage mit.

Ohne Importe aus dem Ausland wird Deutschland den Einstieg in die Nutzung von grünem Wasserstoff in großem Maßstab nicht schaffen, daran besteht unter Fachleuten kein Zweifel. Der Aufbau von Wasserstoffpartnerschaften ist daher einer der Schwerpunkte der Nationalen Wasserstoffstrategie, die die Bunderegierung Anfang Juni verabschiedet hatte.

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Dreh- und Angelpunkt des Konzepts „H2 Global“ ist eine Stiftung, die möglichst mit einem Kapital von 1,5 Milliarden Euro ausgestattet werden soll. In Branchenkreisen heißt es, Unternehmen wie BASF, Bayer, Thyssen-Krupp, Siemens und Lufthansa seien „interessierte Befürworter“ des Konzepts. Chemie- und Stahlbranche, aber auch die Luftfahrtindustrie sind zwingend auf grünen Wasserstoff angewiesen, um klimaneutral zu werden.

Neun Milliarden Euro für Nationale Strategie

Der Betrag von 1,5 Milliarden Euro, mit dem die Stiftung ausgestattet werden soll, bewegt sich in dem Rahmen, den die Bundesregierung mit dem im Juni beschlossenen Konjunkturpaket gesetzt hat. Darin sind insgesamt neun Milliarden Euro für die Umsetzung der Nationalen Wasserstoffstrategie verplant. Davon sind zwei Milliarden Euro für den Aufbau von „außenwirtschaftlichen Partnerschaften“ mit solchen Ländern vorgesehen, „in denen aufgrund der geografischen Lage Wasserstoff effizient produziert werden kann“, heißt in dem Beschluss der Bundesregierung zum Konjunkturpaket.

In Betracht kommen Länder mit guten Voraussetzungen für die Produktion von Wind- und Sonnenstrom oder Biomasse. Günstiger Strom aus erneuerbaren Quellen ist die Grundvoraussetzung für die Produktion von grünem Wasserstoff. Grüner Wasserstoff wird mit Strom aus erneuerbaren Quellen mittels Elektrolyse hergestellt. Er verbrennt CO2-frei und ist somit klimaneutral.

In den Plänen von GIZ und DWV werden beispielhaft Länder wie Chile, Brasilien, Südafrika und die Ukraine als günstige Produktionsstandorte genannt. Grundsätzlich sind aber auch in Nordafrika und Australien die Ausgangsvoraussetzungen gut.

Den „Champagner der Energiewende“ herstellen

Die GIZ erscheint prädestiniert, um die Wasserstoff-Partnerschaften aufzubauen. Sie widmet sich mit 22.000 Mitarbeitern in 120 Ländern der Entwicklungszusammenarbeit. In Chile beispielsweise ist die bundeseigene Gesellschaft bereits heute am Ausbau der erneuerbaren Energien beteiligt. Die GIZ beschäftigt sich dort auch seit 2014 mit dem Thema Wasserstoff und unterstützt die chilenische Regierung dabei, eine Wasserstoffstrategie zu erarbeiten.

Manche bezeichnen grünen Wasserstoff schon als den „Champagner der Energiewende“. Bislang gibt es ihn nur in homöopathischen Dosen. Auch auf Sicht wird er rar und kostbar bleiben.

Um für die Stahl- und die Chemieindustrie, aber auch für den Schwerlast- und den Flugverkehr überhaupt nennenswerte Mengen verfügbar zu machen, reichen die Möglichkeiten in Deutschland nicht aus; dazu fehlt es an Potenzialen für die Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien. Experten gehen davon aus, dass selbst bei einem forcierten Ausbau der erneuerbaren Energien höchstens 30 Prozent des in Deutschland benötigten grünen Wasserstoffs auch hierzulande hergestellt werden können.

Stiftung soll Bildung von Konsortien vorantreiben

Die Stiftung, die im Zentrum des „H2 Global“-Konzepts steht, soll die Produktion von grünem Wasserstoff weltweit in industriellem Umfang anregen. So soll die Bildung von Konsortien vorangetrieben werden, die in den jeweiligen Partnerländern Elektrolyseure und erneuerbare Energieerzeugung zur Herstellung von grünem Wasserstoff bauen und betreiben.

Die Konsortien müssen sich zuvor in einem Ausschreibungsverfahren zur Lieferung von grünem Wasserstoff nach Deutschland zu einem Festpreis über zehn Jahre durchsetzen. Auf Abnehmerseite erhalten die Unternehmen einen jährlichen Zuschlag, die den höchsten Preis für den Wasserstoff zu zahlen bereit sind.

Differenzverträge überbrücken Kostennachteil des grünen Wasserstoffs

Als Instrument, um Produzenten und Abnehmer zusammenzubringen, dienen Differenzverträge. Durch diese Verträge wird die Lücke zwischen den voraussichtlichen Herstellungskosten des grünen Wasserstoffs und der Zahlungsbereitschaft der Nachfrager aus der Industrie geschlossen.

Die Herstellungskosten für grünen Wasserstoff werden die für konventionell erzeugten Wasserstoff, der auf der Basis von fossilen Energieträgern produziert wird, auch in Ländern mit optimalen Standortbedingungen zumindest anfangs erheblich übersteigen.

Ziel ist es, den erforderlichen Markthochlauf für den Handel mit grünem Wasserstoff mit ausgewählten Zielländern bereits ab 2021 beginnen zu lassen. In der ersten Phase soll eine grüne Wasserstoffnachfrage aus Anlagen mit einer Leistung von bis zu einem Gigawatt (GW) für zehn Jahre abgesichert werden. Damit würde durch die Stiftung bereits ab 2021 die notwendige Investitionssicherheit für Investoren hergestellt.

Die Abwicklung der vorgesehenen Auktionen für die Beschaffung in den Zielländern und den Verkauf des grünen Wasserstoffs in Deutschland soll über eine Tochtergesellschaft der Stiftung, die „Hydrogen Intermediary Network Company“ (Hint.Co), erfolgen. Ihre Aufgabe ist es, Angebote für die Produktion von grünem Wasserstoff in ausgewählten Ländern mit der Nachfrage der deutschen Industrie zusammenzubringen.

RED II wird Nachfrageschub auslösen

Eine marktwirtschaftliche Nachfrage nach dem höherpreisigen grünen Wasserstoff wird sich mit der Möglichkeit der Anrechnung des Wasserstoffeinsatzes auf die gesetzlichen Verpflichtungen zu Emissionsminderungen im Verkehrssektor und der Industrie ergeben. Das wird dann der Fall sein, wenn beispielsweise die Umsetzung der zweiten Renewable Energy Directive (RED II) der EU in nationales Recht abgeschlossen ist.

Der Gesetzentwurf zur RED-II-Umsetzung aus dem Haus von Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) sieht beispielsweise vor, dass der Einsatz von grünem Wasserstoff bei der Herstellung von Benzin und Diesel im Raffinerieprozesse mit dem Faktor zwei auf die Treibhausgasminderungsquote angerechnet wird.

Wasserstoff ist für den Raffinerieprozess unerlässlich. Bislang kommt aber ausschließlich grauer Wasserstoff zum Einsatz, der auf der Basis von Erdgas mittels Dampfreformierung hergestellt wird. Er ist im Gegensatz zu grünem Wasserstoff nicht klimaneutral.

Außerdem soll mit dem Gesetzesvorhaben des Umweltministeriums eine Quote für den Einsatz von synthetischem Kerosin, das auf der Basis von grünem Wasserstoff hergestellt wird, eingeführt werden. Beide Regelungen werden eine erhebliche Nachfrage nach grünem Wasserstoff erzeugen.

In der ersten Ausbaustufe beabsichtigt H2 Global, mehrere Projekte mit einer Elektrolyseleistung von jeweils bis zu 250 Megawatt (MW) finanziell zu unterstützen, um damit die Voraussetzungen für eine zweite Ausbaustufe von Projekten in industrieller Größenordnung im Gigawattbereich zu schaffen.

Die Initiatoren des Konzepts haben bereits prüfen lassen, ob die Konstruktion beihilferechtlich in Ordnung ist. Sie verweisen auf eine Bewertung durch die Kanzlei Redeker Sellner Dahs, derzufolge das Modell keine beihilferechtlichen Probleme aufwerfe.