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Deutschland steht ein massiver Andrang von türkischen Unicorns bevor

Ein Kurier des türkischen Lieferdienstes Getir. Das Unternehmen ist nach Erhebungen nur eines von mehr als 100 Einhörnern in der Türkei.
Ein Kurier des türkischen Lieferdienstes Getir. Das Unternehmen ist nach Erhebungen nur eines von mehr als 100 Einhörnern in der Türkei.

Die türkische Startup-Szene boomt. Obwohl die politische Lage in dem Land seit Jahren schwierig ist, zählt das dortige Startup-Ökosystem laut der staatlichen Agentur für Investitionsunterstützung und -förderung inzwischen zu den Top 10 in Europa. Mit 82 Millionen Einwohnern bietet das Land jungen Tech-Unternehmen bereits einen Markt von beachtlicher Größe. Doch viele Startups mittlerweile so gut finanziert, dass sie zunehmend auch ins Ausland drängen. Vor allem Deutschland wird als Expansionsziel für türkische Gründer immer attraktiver.

https://twitter.com/InvestTR_DACH/status/1425339090388541447?s=20

Den ersten Schritt wagte Nazim Salur, Gründer des Lieferdienstes Getir. Seit vergangenen Juni sind die violetten E-Mopeds des Startups auf den Straßen von Berlin unterwegs. Das Unternehmen ist mit seiner Geschäftsidee für ultraschnelle Lebensmittellieferungen via App vor sechs Jahren in Istanbul gestartet. Im zurückliegenden Pandemie-Jahr 2020 gelang Getir in seinem Heimatland der Durchbruch, als Menschen während der monatelangen Lockdowns immer mehr bei Online-Lieferdiensten einkauften. Anfang Januar erhielt Getir eine Kapitalspritze in Höhe von 108 Millionen Euro von Investoren, darunter vom berüchtigten US-Geldgeber Sequoia Capital.

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Mit dem Geld finanzierte Getir zunächst die Expansion in Großbritannien. Eine weitere Finanzierungsrunde im Juni brachte Getir nach Angaben des Unternehmens eine Bewertung von 6,3 Milliarden Euro ein und machte es zu einem der wertvollsten Startups in der Türkei. Das Berliner Unternehmen Gorillas hat das Konzept vergangenes Jahr nach Deutschland gebracht. Gorillas-Chef Kagan Sümer nannte Getir sogar als Inspirationsquelle.

Sieben Mal so viele Einhörner wie Deutschland

Laut einer aktuellen Studie des Wirtschaftsprüfungsunternehmen KPMG Türkei gab es mit einem Investitionsvolumen von 153 Milliarden Dollar im zweiten Quartal 2021 und mit 136 neuen Einhörnern im gleichen Zeitraum einen neuen Rekord. Zum Vergleich: Deutschland zählt nach jüngsten Schätzungen rund 18 Startups mit einer Bewertung von mehr als einer Milliarde Dollar. In der Türkei waren es vor allem Lieferdienste sowie Unternehmen aus den Bereichen Logistik und Fintech, welche die meisten Investitionen anzogen.

Auch in der Gamingbranche werden die türkischen Start-ups zu Spitzenreiter. Während die Online-Spielbranche in der Türkei weiter wächst, ist sie bei Investoren nach wie vor die beliebteste Branche. Wie schon im ersten Quartal entfielen im zweiten Quartal drei der zehn größten Transaktionen auf die Glücksspielbranche. Das Startup Dream Games zum Beispiel erreichte im Juni 2021 eine Bewertung von einer Milliarde Dollar.

Für Burak Daglioglu, Vorsitzender des staatlichen türkischen Investitionsbüros, liegt der Erfolg von türkischen Startups an der Unternehmenskultur sowie der jungen und technikbegeisterte Bevölkerung. „Mit seinen 15 Millionen Einwohnern steht Istanbul in Sachen Unternehmertum auf einer Stufe mit London und Berlin“, sagt Daglioglu zu Gründerszene. Im vergangenen Jahr seien vier Einhörner in der türkischen Startup-Szene hinzugekommen. Außerdem ist mit dem Amazon-Klon Hepsiburada das erste türkische Unternehmen an der US-Technologiebörse Nasdaq gelistet worden. „Trendyol und Getir sind seit Kurzem auch in Deutschland tätig. Sie inspirieren andere türkische Unternehmer“, fasst Daglioglu die jüngsten Entwicklungen zusammen.

Die Türkei unterhält außerdem tief verwurzelte wirtschaftliche und kulturelle Beziehungen zu Deutschland, meint der Branchenkenner weiter. „Türkische Startups haben bewiesen, dass ihre Produkte und Dienstleistungen weltweit wettbewerbsfähig sind. Was sie brauchen, ist Zugang zu Kapital und eine gute Betreuung.“ Darüber hinaus dürfte auch die hiesige Bevölkerung ein Argument für die Expansion nach Deutschland sein. In der Bundesrepublik leben nach aktuellen Schätzungen rund 1,4 Millionen Menschen mit türkischer Staatsangehörigkeit. Es gibt also weniger Sprachbarrieren und oft ist die Marke den Menschen schon bekannt. Das erleichtert den Markteintritt.

Auch im Online-Shopping spielt ein türkisches Startup eine immer gewichtigere Rolle. Die Gründerin Demet Mutlu machte aus ihrem kleinen Unternehmen Trendyol ein Milliarden-Unternehmen, inzwischen die führende E-Commerce-Plattform des Landes. Bei einer neuen Finanzierungsrunde konnte sie 1,5 Milliarden Dollar einwerben. Bereits im März erhielt Trendyol 350 Millionen Dollar von Alibaba, aktuell beläuft sich die Bewertung auf 16,5 Milliarden Dollar – ein Decacorn, wie nicht börsennotierte Unternehmen mit einem Wert jenseits von zehn Milliarden Dollar genannt werden. Damit steht das Unternehmen im Wert hinter Zalando. Seit 2018 beliefert das Trendyol auch den deutschen Markt. Die hiesige Präsenz wolle man in den nächsten Monaten verstärken, heißt es aus dem Unternehmensfeld.

Vorstoß in deutsche Automobilindustrie

Auch in einem von Deutschlands wichtigsten Kernmärkten möchte sich die Türkei auf lange Sicht etablieren. Der türkische E-Auto-Hersteller Togg will seine Fahrzeuge künftig an Kunden aus der Bundesrepublik ausliefern. Wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtet, hat das Unternehmen unter dem Namen „Togg Europe“ die Gründung einer GmbH in Deutschland beantragt. Ziel des deutschen Ablegers ist es, sich bei dem Technolgie-Hub de:hub in Stuttgart zu bewerben der beim Wirtschaftsministerium angesiedelt ist.

Das de:hub ist ein Innovationszentrum zwischen Start-ups und Unternehmen und ist in zwölf Städten in Deutschland vertreten. Die Hubs sollen ein Netzwerk bilden, das den Austausch von technologischer und wirtschaftlicher Expertise fördert und so Innovationen ermöglicht. Togg will sein E-Auto zunächst in Deutschland vermarkten. Später sollen auch andere europäische Märkte wie Frankreich und Italien bedient werden.

Im ersten Halbjahr 2021 soll laut der Studie von KPMG Türkei mit Getir und Dream Games die Zahl der Einhörner auf vier gestiegen sein. Die Analysten gehen davon aus, dass beide Startups es noch dieses Jahr zu Decacorns schaffen – Unternehmen mit einer Bewertung von mindestens zehn Milliarden Dollar. Es wäre der nächste Schritt der Türkei auf dem Weg zu einem auch global beachtlichem Ökosystem.