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Frühstart, Kühlketten-Panne und Erleichterung: So startet Deutschland in den Impfmarathon

Das logistische Großprojekt Massenimpfung beginnt mit kleineren Problemen. Bis zum Sommer will Gesundheitsminister Spahn jedem Bürger, der das möchte, ein Impfangebot machen können.

Jeder Tag zählt. Foto: dpa
Jeder Tag zählt. Foto: dpa

Überpünktlich in Sachsen-Anhalt, verzögert in Teilen Bayerns: In ganz Deutschland haben am Wochenende die Impfungen gegen das Coronavirus begonnen. Zuerst sind über 80-Jährige und Pflegeheimbewohner an der Reihe, zudem Personal etwa in Notaufnahmen oder Corona-Stationen sowie in der Altenpflege.

„Dieser Impfstoff ist der entscheidende Schlüssel, diese Pandemie zu besiegen“, erklärte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am zweiten Weihnachtstag vor der Presse. Er sei „der Schlüssel dafür, dass wir unser Leben zurückbekommen können“.

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Laut Spahn sollen 1,3 Millionen Impfdosen noch vor Jahresende verabreicht werden, Ende März sollen es schon weit mehr als zehn Millionen sein. Und Mitte des Jahres will der Minister bereits allen Menschen in Deutschland ein Impfangebot machen können, die sich impfen lassen wollen.

Unter den Ersten war eine 101-jährige Seniorin aus einem Pflegeheim in Halberstadt in Sachsen-Anhalt, wo schon am Samstag mit dem Impfen begonnen wurde. Gesundheitsminister Spahn zeigte sich „überrascht“ über den frühen Termin. Denn eigentlich war unter den EU-Staaten und mit den 16 Bundesländern verabredet worden, dass der Impfstoff am Samstag verteilt und am Sonntag mit dem Impfen begonnen wird.

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff habe per SMS von Spahn vom vorzeitigen Start in seinem Bundesland erfahren. „Hier ist der Start. Ich kann das nur zur Kenntnis nehmen. Auf der anderen Seite geht es darum, dass so schnell wie möglich geimpft wird in Sachsen-Anhalt“, sagte er beim offiziellen Impfstart in Sachsen-Anhalt in einem Pflegeheim in Dessau-Roßlau.

Ungarn und Slowakei scheren aus

„Wir wollten keinen nationalen Alleingang mit einer Notzulassung“, sagte Spahn während der Pressekonferenz am Samstag, sondern man wolle und werde in Europa gerade in dieser Krise zusammenstehen. Allerdings waren auch Ungarn und die Slowakei schon am Samstag gestartet.

Die Verantwortlichen im Landkreis Harz, wo Halberstadt liegt, und der Heimleiter wollten angesichts der dramatischen Lage keine Zeit verlieren. „Für uns zählt jeder Tag“, sagte der technische Leiter des lokalen Impfzentrums, Immo Kramer, dem Sender MDR. Allerdings gehört der Landkreis Harz mit knapp 109 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen nicht zu den besonders stark betroffenen Corona-Hotspots.

Obwohl mit den Impfungen jetzt begonnen wurde, warnten Politiker die Bürger davor, sich in falscher Sicherheit zu wiegen. „Trotz der berechtigten Freude müssen wir alle Vorsichtsmaßnahmen weiterhin streng befolgen“, mahnte die gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion im Bundestag, Karin Maag (CDU).

Die aktuellen Infektionszahlen zeigten, „dass uns die Corona-Pandemie noch einige Zeit im Griff haben wird“. Deshalb müssten weiter die Abstands- und Hygieneregelungen eingehalten und Kontakte vermieden werden, auch an Silvester, sagte Maag.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) warnte vor negativen Folgen durch Lieferengpässe. „Endloses Warten reduziert auch die Bereitschaft der Bevölkerung, sich impfen zu lassen“, sagte der CSU-Chef der Deutschen Presse-Agentur. Leider sei noch nicht genügend Impfstoff vorhanden.

In acht oberfränkischen Landkreisen und den dazugehörigen kreisfreien Städten wird der Impfstart zunächst verschoben. Grund sind mögliche Probleme in der Kühlkette für den Impfstoff der Hersteller Pfizer und Biontech, der in Trockeneisboxen auf minus 70 Grad heruntergekühlt ausgeliefert wird. Auch schwäbische Landkreise wie Augsburg meldeten ähnliche Probleme.

„Beim Auslesen der Temperaturlogger, die in den zentral beschafften Kühlboxen beigelegt wurden, sind Zweifel an der Einhaltung der Kühlkette für den Impfstoff aufgekommen“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der Landräte der Kreise Coburg, Lichtenfels, Kronach, Hof, Wunsiedel und Kulmbach. Erst solle geprüft werden, ob dies der Wirksamkeit des Impfstoffs schaden könne.

In Augsburg konnte das Problem binnen weniger Stunden gelöst werden. Ein Sprecher des Gesundheitsministeriums in München sagte auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa, die Ungereimtheiten hätten mit der Herstellerfirma Biontech geklärt werden können. Die Landkreise hätten die Information erhalten, der Impfstoff sei einsatzbereit, mit dem Impfen könne begonnen werden. Diese Information bestätigte der Hersteller inzwischen für alle Chargen.

Für den Impfauftakt standen am Wochenende bundesweit rund 150.000 Impfdosen bereit. Weitere 522.000 Dosen folgen laut Gesundheitsministerium am 28. Dezember, ab dem 30. Dezember dann wöchentlich etwa 670.000 Dosen.

Bis Ende Januar sollen deutschlandweit drei bis vier Millionen Impfdosen von Biontech zur Verfügung stehen. Da für einen Immunschutz eine Doppelverimpfung nötig ist, reicht diese Menge für 1,4 bis zwei Millionen Menschen. Für das gesamte erste Quartal rechnet das Ministerium mit elf bis 13 Millionen Impfdosen.

Ob Spahn wie erhofft allen Bürgern, die dies wollen, bis zum Sommer ein Impfangebot machen kann, hängt davon ab, ob und wann die Impfstoffkandidaten anderer Hersteller in der EU zugelassen werden. Insgesamt hat sich Deutschland über die EU und nationale Verträge 300 Millionen Impfdosen gesichert.

Seehofer warnt vor Impfpflicht

Politiker aus Bund und Ländern riefen die Bürger dazu auf, sich impfen zu lassen. Wer dies tut, „schützt seine Gesundheit und die Gesundheit anderer und hilft, Leben zu retten“, sagte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) am Sonntag anlässlich eines Besuches im Logistikzentrum der Johanniter in Lübeck. Dort waren am Vormittag drei mobile Impfteams mit Impfstoffen ausgestattet worden.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sagte, es gehe darum, sich „gemeinsam und solidarisch“ aus der Krise zu kämpfen. Er warnte aber davor, künftig zwischen Geimpften und nicht Geimpften zu unterscheiden, wenn es beispielsweise um eine Flugbuchung oder den Besuch einer Kulturveranstaltung gehe. Denn eine solche Unterscheidung komme faktisch einer Impfpflicht gleich, sagte Seehofer der „Bild am Sonntag“: „Ich bin aber gegen einen Impfzwang.“

Spahn hatte am Samstag betont, dass die Pandemie bereits rund 30.000 Todesopfer gefordert habe und es jeden Tag mehr würden. Dennoch werde es keine Impfpflicht geben, versicherte der Minister. „Die Corona-Impfung ist ein Angebot. Sie ist kostenlos, und sie bleibt freiwillig.“

Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Yougov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur haben 57 Prozent der Deutschen Angst vor Nebenwirkungen. Zwar wollen fast zwei Drittel sich impfen lassen. Aber nur die Hälfte davon ist sofort dazu bereit. Die anderen wollen erst einmal mögliche Folgen bei anderen abwarten.

Mit Agenturmaterial

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) verlässt die Pressekonferenz vor dem Start des Impfprogramms gegen die Coronavirus-Erkrankung. Foto: dpa
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) verlässt die Pressekonferenz vor dem Start des Impfprogramms gegen die Coronavirus-Erkrankung. Foto: dpa