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Deutschland legt Car-To-Car-Vernetzung auf Eis – ohne Alternativen

Eine Antwort der Regierung offenbart, dass Deutschland das EU-Regelwerk zum vernetzten Fahren zu Fall gebracht, ohne eine Alternative zu kennen.

Car-to-Car-Vernetzung könnte viele Unfälle verhindern. Foto: dpa
Car-to-Car-Vernetzung könnte viele Unfälle verhindern. Foto: dpa

Die Entscheidung Deutschlands, sich gegen die EU-Pläne für die vernetzte Kommunikation von Fahrzeugen auszusprechen, erfolgte offenkundig unter Inkaufnahme, dass es über Jahre keinen alternativen Datenaustausch unter Fahrzeugen geben wird. Diesen Schluss legt eine Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der SPD-Bundestagsfraktion nahe, die dem Handelsblatt vorliegt.

Bereits im Mai hatte der SPD-Telekommunikationsexperte Gustav Herzog dem Bundesverkehrsministerium Fragen zur deutschen Haltung bei dem geplanten Rechtsakt der EU-Kommission gestellt. Schließlich ging es um nichts weniger als festzulegen, wie Autos untereinander auf kurzer Strecke kommunizieren und sich so vernetzen.

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Es ging darum, für alle zugänglich Informationen zur Verkehrslage auszutauschen, so dass Autos frühzeitig bremsen oder ausweichen können und es so zu weniger, im besten Fall zu gar keinen Unfällen mehr kommt. Dazu hatte die Kommission den erprobten Wlan-Standard empfohlen, was Mobilfunknetzbetreiber sowie Funkchiphersteller und Premiumhersteller, allen voran BMW, in Alarmstimmung versetzt hatten. Sie intervenierten bei Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) – mit Erfolg.

Herzog hingegen erhielt wochenlang keine Antwort vom Ministerium. Erst nachdem er bei Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) einschritt, antwortete ihm am Dienstag Scheuers parlamentarischer Staatssekretär Steffen Bilger (CDU) schriftlich. Die Antworten erschütterten Herzog: „Ich kann nicht nachvollziehen, wie man auf einer so schwachen Datengrundlage eine derart industriepolitisch bedeutsame Entscheidung treffen konnte“, sagte er dem Handelsblatt.

Bundesregierung ohne Antworten

In der schriftlichen Antwort, die dem Handelsblatt vorliegt, war die Bundesregierung nicht in der Lage zu sagen, ob etwa Sim-Karten in Autos nötig sein werden, um die von BMW und Telekom bevorzugte LTE-V2X-Lösung einzusetzen. Auch lagen Bilger „keine Erkenntnisse“ dazu vor, wie hoch die Patentgebühren zur Nutzung des LTE-Standards sein werden und wie hoch die Mobilfunkgebühren im Betrieb wären.

Hingegen wissen alle: Der von der Kommission präferierte Wlan-Standard wäre weitestgehend kostenfrei für alle Autohersteller und damit auch für alle Autofahrer.

Auf die Frage, welche Kosten für die Fahrzeughalter bei der Mobilfunklösung anfallen und ob die Entscheidungsfreiheit darüber beim Provider liegen wird, erklärte Bilger: „Dies kann nicht eingeschätzt werden, da die Zuständigkeit für diese Fragen allein beim Fahrzeughersteller liegt.“

Damit bestätigt sich, was Branchen-Experten seit langem sagen: Zwar werben BMW und Co. für den LTE-Standard, aber sie lassen ihn von keiner unabhängigen Seite überprüfen, so dass nicht viel mehr Wissen als aus Hochglanzbroschüren dazu existieren. Die Unternehmen hingegen behaupten, der Standard sei einsatzbereit.

Doch auch davon weiß die Regierung nichts. Auf die Frage, um wie viele Jahre sich das vernetzte Fahren verzögere, wenn bei einer Ablehnung des Rechtsaktes auf LTE-basierte Technologien gewartet werden müsse, schrieb Bilger: Dazu lägen „keine hinreichend belastbaren Erkenntnisse vor“.

Mehr noch: Der Staatssekretär räumte sogar ein, das eine Aussage, wann denn der vom Ministerium auf Druck von BMW präferierte LTE-V2X-Standard marktreif sei, „mangels hinreichend belastbarer Erkenntnisse nicht getroffen werden“. Das Gleiche gilt erst recht für den „breiten Einsatz am Markt“ von 5G.

Kein Zeitrahmen für vernetztes Fahren

Im Klartext: Es steht in den Sternen, wann das vernetzte Fahren via LTE Wirklichkeit wird, um die Zahl der Verkehrstote deutlich zu senken.

Was hingegen feststeht: nach dem Nein von Deutschland gegen die Wlan-Lösung haben sich am Donnerstag in einer Vorabstimmung insgesamt 21 Staaten gegen die Pläne der EU-Kommission gestellt. Vorher hatte es noch keine Mehrheit gegen die Kommission gegeben. Kommende Woche fällt die endgültige Entscheidung.

Die EU-Kommission hatte auf den Wlan-Standard bestanden, weil er kostenlos ist. Auch hatte sie in dem Rechtsakt die Möglichkeit eingeräumt, dass andere Technologien in Zukunft zum Einsatz kommen können, sofern sie mit Wlan kompatibel und marktreif sind. So sollte sichergestellt werden, dass möglichst alle Fahrzeuge bald schon Daten zur Verkehrslage untereinander austauschen können. So will Volkswagen bereits 2020 seinen neuen Golf und alle E-Fahrzeuge mit dem Wlan-Standard ausstatten.

Wie es in Regierungskreisen hieß, hatten sich Scheuer wie auch Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) entgegen der Empfehlung ihrer Fachabteilungen gegen den Rechtsakt gestellt und damit industriepolitisch für Premiumhersteller wie Audi und BMW, Funkchiphersteller und Mobilfunknetzbetreiber entschieden.

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