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„Deutschland kann nicht für alle haften“

Albert Füracker kritisiert die Europapläne von Olaf Scholz. Deutschland sei solidarisch in Finanzfragen, könne aber nicht stets für andere mithaften.

In der CSU wächst die Nervosität angesichts schlechter Umfragewerte weniger als drei Monate vor der Landtagswahl am 14. Oktober. Der Nachfolger von Markus Söder, Albert Füracker, will Akzente fern der Asylpolitik setzen: Der bayerische Finanzminister fordert niedrigere Steuern – vor allem für Unternehmen.

Herr Füracker, SPD-Minister Scholz wird bereits „Olaf Schäuble“ genannt. Da die Union immer stolz auf ihre CDU-Finanzminister war: Arbeitet Herr Scholz von der SPD so gut, dass er den Spitznamen verdient?
Die Bezeichnung bezieht sich ja darauf, dass der neue Bundesfinanzminister wie sein Vorgänger keine neuen Schulden machen möchte. Das begrüße ich. Zu anderen Themen haben wir jedoch von Herrn Scholz schon ganz anderes gehört.

Meinen Sie die Pläne der Sozialdemokraten für mehr Solidarität in Europa?
Deutschland hat mit größter Solidarität in der Krise anderen Euro-Staaten geholfen. Deutschland kann aber nicht für alle anderen Euro-Länder haften. Wenn wir immer nur mehr Risiken übernehmen und die Hauptlast tragen, droht auch in Deutschland eine antieuropäische Stimmung aufzukommen.

Das kann keiner wollen. Deshalb halte ich von Vorschlägen wie einem eigenen Budget für die Euro-Zone oder einer europäischen Arbeitslosenversicherung nichts. Es ist doch nicht zu wenig Geld da, wir müssen es nur in die richtigen Dinge investieren. Die Menschen werden mit Europa dann Positives verbinden, wenn sie den Eindruck haben: Alle strengen sich an.

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Die Menschen, die sich hierzulande anstrengen, würden gern wissen, wann sie belohnt werden...
Nehmen Sie den Abbau des Solidaritätszuschlags: Herr Scholz will offenbar erst nach dem Wahlkampf 2021 darüber abstimmen lassen, ob der Zuschlag auch für alle Bürger und Unternehmer abgeschafft werden soll. Das halte ich für ungerecht und verfassungsrechtlich problematisch. Ich erwarte, dass Herr Scholz schon bald ein Konzept vorlegt, wie der Soli ganz abgeschafft werden kann. Wir müssen in der Steuerpolitik endlich aktiver werden.

Im Koalitionsvertrag, den übrigens auch die CSU mitbeschlossen hat, hat sich die Regierung aber steuerpolitischem Stillstand verschrieben.
Wir müssen mit dem Koalitionsvertrag zurechtkommen. Aber es ist nicht verboten, trotzdem darüber nachzudenken, was man machen könnte. Wir müssen dringend die Unternehmensteuern senken. Nicht nur die USA, viele Länder um uns herum bewegen sich: Frankreich, Österreich und andere – und wir schauen zu. Wenn die Steuerbelastung für Firmen in Deutschland bei 30, in allen anderen Industriestaaten aber bei 25 Prozent liegt, wird das nicht folgenlos bleiben.

Sie wollen also die Körperschaftsteuer senken?
Das wäre zu trivial. Dann hätten wir schnell eine Debatte um den dann vergleichsweise hohen Anteil der kommunalen Gewerbesteuer an der gesamten Steuerbelastung der Unternehmen. Dies würde Städte und Gemeinden stark verunsichern, weil in vielen Kommunen die Gewerbesteuer einen sehr hohen Stellenwert hat.

Mein Vorschlag ist ein anderer: Firmen sollten künftig die Gewerbesteuer teilweise bei der Körperschaftsteuer anrechnen können, sodass wir bei einem durchschnittlichen kommunalen Hebesatz bei einer Steuerbelastung von knapp über 25 Prozent landen. Das würde die steuerliche Belastung der Unternehmensgewinne um rund vier Prozentpunkte senken und damit Kommunen wie Unternehmen gerecht werden. Diese wuchtige Reform hat Bayern gerade als Bundesratsinitiative eingebracht.

Klingt so, als wollten Sie an die FDP verlorene Wähler zurückgewinnen. Eine zweite wichtige Reform ist die der Grundsteuer. Wird sie künftig nach Marktwert berechnet werden?
Ja, das fürchte ich. Im Bundesrat waren außer Bayern und Hamburg alle anderen Länder für ein solches Wertmodell. Wie sollen wir den Menschen in Zeiten stark steigender Immobilienpreise aber erklären, jetzt auch noch die Grundsteuer anzuheben? Das ist absolut inakzeptabel.

Wir wollen keine Steuererhöhungen durch die Hintertür. Aber ich gebe nicht auf und kämpfe weiter für unser Modell, das sich nach der Grundstücksfläche sowie der Wohn- und Nutzfläche der Gebäude bemisst. Dadurch werden nicht nur Steuererhöhungen vermieden, das Flächenmodell ist auch wesentlich unbürokratischer.

Ist das Teil der Heimatstrategie der Bayern, die in Berlin auch Horst Seehofer mit Leben füllen soll?
Menschen erleben ihre Heimat dort, wo sie leben: in ihren Kommunen. Das Finanz- und Heimatministerium ist deshalb ein Infrastruktur-Ministerium. Wir haben schon vor Jahren ein großes bayerisches Förderprogramm für den Breitbandausbau für Kommunen aufgelegt. Wenn alle im Bau befindlichen Verfahren umgesetzt sind, werden 98 Prozent der Haushalte in Bayern schnelles Internet haben. Auch haben wir gerade erst ein Programm zur Sanierung historischer Ortskerne beschlossen und Außenstellen von Hochschulen in kleineren Städten gegründet. Dass man jetzt auch dort studieren kann, wertet das Lebensgefühl der Menschen unheimlich auf...

...wenn Sie obendrein noch publikumswirksam Preise vergeben.
Auch das gehört dazu. Heimatpolitik ist mehr als regionale Förderpolitik. Es ist auch die Aufgabe von Politik, Identität zu stärken sowie Stolz und Heimatverbundenheit zu fördern.

Trotzdem steht die CSU in den Umfragen bei historisch schlechten 38 Prozent. Das klingt nicht so, als würde die CSU ihre Heimat noch verstehen. Wie wollen Sie das Ruder bis zur Wahl herumreißen?
Dass uns die Debatte der letzten Wochen nicht gutgetan hat, ist niemandem verborgen geblieben. Streit nützt selten. Die Forderungen der CSU in der Migrationspolitik lagen allerdings voll auf der Linie ihrer bisherigen Positionen. Vieles auf Bundesebene ist nur auf Drängen Bayerns geschehen. Nur hat das Reden übereinander zuletzt das Inhaltliche in den Hintergrund gedrängt. Jetzt ist wichtig, dass wir Probleme lösen. Das tun wir in Bayern mit unserem Regierungsprogramm.

Dazu gehört die Forderung nach schärferen Grenzkontrollen. Verschreckt das nicht Unternehmer?
Auch die Wirtschaft profitiert, wenn die innere Sicherheit in höchstem Maß gewährleistet ist. Und es ist ja nicht so, als ob die Grenzen total abgeriegelt würden.

Herr Füracker, vielen Dank für das Interview.