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Was Deutschland bei der Elektromobilität von Norwegen lernen muss

Bei der Energy Academy diskutierten Experten über die Zukunft der E-Mobilität. Vor allem der Staat solle sich stärker für Elektroautos engagieren.

Die deutsche Wirtschaft fordert vom Staat mehr Engagement, um Elektromobilität zum Erfolg zu machen. „Es braucht einen mutigen Schritt, wir müssen da radikaler herangehen“, erklärte Frank Meyer, Senior Vice President des Energiekonzerns Eon, auf einer Diskussion der vom Handelsblatt und Partnern getragenen Energy Academy.

Es gäbe jetzt zwar eine „Aufbruchstimmung“ in Deutschland, nötig sei aber eine konsequente Politik wie in Norwegen. Dort hat der Staat beispielsweise Ladestationen aufgebaut und den Kauf von Stromautos gefördert. Auch Deutschland brauche jetzt eine „Anschubfinanzierung“, die mit Auflagen verbunden werden müsse, führte Meyer weiter bei der Veranstaltung in Frankfurt aus.

Von Norwegen sei zu lernen, wie die Behörden pragmatisch ein solches Thema behandeln und „ganzheitlich Marktakzeptanz stimuliert wird“, befand auch Jörg Lohr, bei Ionity für West- und Südeuropa verantwortlich. Die Firma baut für ihre Gesellschafter BMW, Daimler, Ford und VW bis Ende 2020 in Europa 400 Ladestationen auf, Gesamtinvestitionshöhe 200 Millionen Euro. 113 davon sind in Betrieb, 53 in Bau.

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Der Staat solle für die richtigen Rahmenbedingungen sorgen, forderte Lohr, und zum Beispiel für ein gutes Konzessionsrecht im öffentlichen Raum sorgen, sodass Restaurants, Supermärkte oder Tankstellen leicht eine Infrastruktur für Stromautos schaffen können. Nötig sei auch ein modernes Mietrecht, das Mietern den Einbau von Ladestationen in Großgaragen erlaubt.

Einen ganz anderen Schwerpunkt setzte Peter Sauermann, Forschungschef von Aral im Ölkonzern BP, bei dem Diskussionsabend der Energy Academy. Für ihn ist Elektromobilität zwar „ein guter Weg“. Dieser werde aber nicht ausreichen, um die gesteckten Klimaziele zu erreichen.

Die Zahl der Fahrzeuge werde weltweit von derzeit 1,1 Milliarden in den nächsten Jahren auf zwei Milliarden steigen, mehr als jedes zweite davon habe aber einen Verbrennungsmotor. Deshalb müsse man „breitflächiger“ vorgehen, so Sauermann: Auch Bio-Kraftstoffe, Wasserstoff, Erdgas und Biogas seien zu berücksichtigen.

Die einseitige Betonung von Stromautos wie bei VW sei „nicht optimal“. Sauermann: „Für eine staatliche Unterstützung brauchen wir einen breiten Ansatz und nicht die einseitige Förderung einer Technologie.“ Und bei allem sei zu bedenken, „dass es da draußen jemand im Markt gibt, den wir überzeugen müssen“.

E-Mobilität als „wichtiger Baustein“

Demgegenüber betonte Eon-Manager Meyer, man müsse jetzt am Beispiel Elektromobilität einmal „richtig anfangen“, auch wenn es natürlich auch auf attraktive Autos und das Konsumentenverhalten ankomme. Er fürchte, „wenn wir es optimal machen wollten, bleiben wir auf der Stelle.“ Der Staat könne ja Parkplätze oder Extrabahnen für E-Autos erlauben, Einnahmen aus der Besteuerung von CO2 müssten für den Umbau von Autoflotten genutzt werden.

E-Mobilität sei ein „wichtiger Baustein, um die Energiewende voranzubringen“, bilanzierte Meyer. Einen wichtigen Markt sieht er im Laden von Stromautos zuhause und am Arbeitsplatz. Langfristig komme es zudem auf neue Mobilitätskonzepte an: „Es ist falsch, wenn in 20 Jahren jeder sein eigenes Auto fahren will.“

Widerspruch kam von Ionity-Manager Lohr. Laden zuhause und am Arbeitsplatz sei höchstens relevant für Menschen, die sich ein E-Auto als Zweitwagen leisten könnten. In Städten wie München oder Berlin aber suchten zwei von drei Autofahrern abends einen Parkplatz. Ladesäulen gäbe es nur in geringem Ausmaß, sie seien zugeparkt und würden oft von Denkmalschutzbehörden verboten.

Ein Geschäft sei mit Ladestationen zunächst ohnehin nicht zu machen, bekannte Lohr. Aufbaukosten von 30.000 bis 150.000 Euro pro Ladestation stünde eine zunächst geringe Nachfrage gegenüber. Lohr: „In sechs bis acht Jahren müssen wir aber unser eigenes Geld verdienen.“ Mobilität bedeutete nicht „billigere Energie, sondern grüne Energie“. Die Politik habe den Fehler gemacht, Autostrom mit Haushaltsstrom zu vergleichen.

Den Autokonzernen im eigenen Gesellschafterkreis sei es wichtig, über mehr Ladestationen den Verkauf von E-Autos zu flankieren: „Sie wollen eine Lücke schließen, bevor Konzerne wie BP, Shell und Total oder die Energieversorger in den Massenmarkt einsteigen.“

Sauermanns Unternehmen BP/Aral betreibt derzeit 6500 Stationen in Großbritannien und setzt auf das Schnellladen. Doch noch habe die eigene E-Tankstelle zuweilen nur einen Kunden pro Tag, offenbarte der Forschungschef. Für das Jahr 2040 prophezeit der Konzern einen erheblichen Anteil von Schnelllade- und Batteriewechselstationen an der Tankstelle.

Ein Problem werde jedoch sein, wie der Strom zur Tanksäule komme und wer die Infrastruktur hierfür bezahlt. Wichtiger sei ohnehin, was schon morgen undd nicht übermorgen zu tun sei, merkte Sauermann an. Der Aral-Forschungschef setzt dabei auf „Co-Processing mit Rohöl“, wobei schon heute in den Raffinerien Holz oder Tierabfälle zur Kraftstoffgewinnung genutzt würden; sie hätten daran einen Anteil von bis zu 20 Prozent.