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Deutschland besiegelt die Klimawende - mit vielen offenen Fragen

BERLIN (dpa-AFX) - Alternativen gibt es keine. So steht es schwarz auf weiß, gleich auf den ersten Seiten eines Dokuments, das in Deutschland einen tiefgreifenden Wandel herbeiführen soll: das neue Bundesklimaschutzgesetz. "Ein starkes Fundament", nennt es Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD).

Der Bundestag wollte sich an diesem Donnerstag abschließend damit befassen. In ungewohnt hoher Geschwindigkeit hatte es die Bundesregierung, die nur noch wenige Wochen im Amt ist, auf den Weg gebracht.

Der Kern des Ganzen: Deutschland soll schon fünf Jahre früher als geplant, bis 2045, klimaneutral werden - also nur noch so viele Treibhausgase ausstoßen, wie auch wieder aus der Atmosphäre gebunden werden können.

Die Netto-Null-Bilanz ist das große Ziel - und bis das erreicht ist, gibt es ehrgeizige Etappenziele. Mindestens 65 Prozent weniger Treibhausgase bis 2030 im Vergleich zu 1990, mindestens 88 Prozent weniger bis 2040. Derzeit hat Deutschland etwa minus 40 geschafft. Die neuen Klima-Koordinaten sollen die Prozentzahlen hochtreiben, und die Emissionen runter.

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Der entscheidende Antrieb kam aus Karlsruhe. Das Bundesverfassungsgericht hatte erst Ende April das bislang geltende Klimagesetz aus dem Jahr 2019 für teilweise verfassungswidrig erklärt.

Deutschland sollte nachbessern, genauer festlegen, wie es auch nach 2030 seine klimaschädlichen Emissionen so senken will, dass späteren Generationen keine unverhältnismäßigen Nachteile entstehen. Dafür hätte die Bundesregierung theoretisch bis Ende Dezember 2022 Zeit gehabt. Sie reagierte innerhalb von knapp zwei Wochen, brachte schon Mitte Mai den neuen Gesetzentwurf ins Kabinett.

Seitdem gibt es heftige Diskussionen, aus fast allen politischen Ecken ist von der "Jahrhundertaufgabe Klimaschutz" zu hören. Nach einem längeren Corona-Halbschlaf ist Klimaschutz wieder auf der politischen Top-Agenda - nicht nur, weil die Aktivisten von Fridays for Future von nun an wieder regelmäßig streiken wollen.

Das Gesetz an sich rückt dabei schon fast in den Hintergrund. Denn das große Sorgenkind heißt Maßnahmen zur Umsetzung. Die hatte die Bundesregierung Mitte Mai ebenfalls versprochen, als sogenanntes "Klima-Sofortprogramm".

Von "sofort" ist nun aber, in der letzten regulären Sitzungswoche des Bundestags, wenig übrig geblieben Daraus geworden ist eine "Brücke in die nächste Wahlperiode", wie es mehrere Politiker in den vergangenen Tagen ausgedrückt haben.

Immerhin ist der Finanzplan abgesteckt: Zusätzliche acht Milliarden Euro will Deutschland in den Klimaschutz investieren. Das soll Sorgen-Sektoren wie Verkehr und Gebäude fit für die Emissionseinschnitte machen, die das neue Gesetz vorsieht. "Es geht um nichts weniger als um eine Verdopplung des Tempos beim Klimaschutz", mahnt die Umweltministerin.

Erstmals gesetzlich verankert werden auch Ziele für die Zeit zwischen 2031 bis 2040. Und auch ein Beitrag, den Moore und Wälder als CO2-Senken zur Reduktion von Klimagasen leisten sollen. Aber auch hier gilt das, was für das Gesetz an sich gilt: Durch neue Zahlen alleine wird die Erde kein Grad kälter. Und zwei heiße Eisen konnten Union und SPD im Dauerstreit nicht aus dem Weg räumen: der steigende CO2-Preis mit seinen sozialen Folgen und der Ausbau erneuerbarer Energien.

Beides bleibt eine To-do-Liste für die nächste Legislatur. Einen Ausbaupfad für Wind- und Sonnenenergie über 2022 hinaus und eine Entlastung von Mietern bei den CO2-Preis-Kosten ist die jetzige Bundesregierung schuldig geblieben. Auch an der CO2-Preis-Schraube an sich hat niemand mehr drehen wollen. Regelrechte Wahlkampflawinen trat Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock vor einigen Wochen los, als sie erklärte, dass höhere CO2-Preise auch höhere Spritpreise mit sich brächten, nach dem Willen der Grünen 16 Cent mehr bis 2023.

Dass diese Erhöhung fast auf den Cent genau, nur mit zeitlicher Verzögerung, bereits beschlossene Sache der Bundesregierung war, ging in der Aufregung zunächst unter. Doch die Aufregung an sich hat gezeigt: Die Klimafrage ist auch eine soziale Frage. Wie sie zu lösen ist, wird die Politik noch lange beschäftigen.

Unterdessen erhitzt sich die Erde weiter - mit verheerenden Folgen für Menschheit, Tier- und Pflanzenwelt. Im neuen Klimagesetz hält die Bundesregierung fest, dass Deutschland "den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf deutlich unter 2 °C und möglichst auf 1,5 °C gegenüber dem vorindustriellen Niveau" begrenzen wird.

Falls dies nicht gelingt, muss noch einmal nachgeschärft werden. Alternativen gäbe es wohl keine.