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Wie kann Deutschland Afrika wirklich helfen?

Afrika ist kein Krisenkontinent, sondern bietet viel Wachstumspotential. Die Bundesregierung hat das erkannt - doch sie verweigert sich den richtigen Schlüssen.

Die G20-Präsidentschaft der Bundesregierung strebt ihrem Höhepunkt zu. In zwei Wochen startet der G20-Gipfel in Hamburg. Dort wird die Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer unter anderem Verhandlungen zu Weichenstellungen für die zukünftigen Regeln im Welthandel und im Klimaschutz führen. Doch die Hoffnungen sind in diesem Jahr begrenzt, was allerdings nicht am Gastgeber liegt.

Es gibt aber noch ein weiteres Thema, das in Hamburg wichtig werden wird. Wie schon auf dem G7-Gipfel am Schloss Elmau 2015 hat die Bundesregierung die Entwicklung des afrikanischen Kontinents in den Mittelpunkt ihrer Agenda gerückt. War es 2015 vor allem die krisenhafte Entwicklung durch die Ebola-Epidemie, die thematisiert wurde, sind es in diesem Jahr die wirtschaftlichen Aussichten Afrikas. Und die stehen gar nicht so schlecht, denn der afrikanische Kontinent wartet seit Jahren mit vielen positiven Nachrichten auf.

Kein Kontinent ist in der vergangenen Dekade schneller gewachsen, und dies trotz des Einbruchs der Rohstoffpreise. In vielen Ländern kann man Reformbemühungen feststellen, die vor allem die Regierungsführung betreffen. Wer heute über moderne Kommunikation spricht, kommt an den Entwicklungen zur Anwendung der Mobiltelefonie in Ostafrika nicht mehr vorbei – die Silicon Savannah ist mehr als ein Schlagwort.

Leider ist diese Entwicklung in der Wahrnehmung der meisten Deutschen noch nicht angekommen. Immer noch gilt Afrika entweder als der Krisenkontinent oder als ein schönes Reiseziel mit reichlich Flora und Fauna, aber wenig Kultur. Das ist falsch. Ohnehin macht es wenig Sinn, von einem einzigen Afrikabild auszugehen. Es gibt 54 afrikanische Länder, die aus weitaus mehr Ethnien mit mehreren tausend Sprachen bestehen. Die Unterschiede auch in kultureller Hinsicht sind gewaltig.

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Natürlich gibt es immer noch große Armut und viele Länder werden schlecht regiert. Das wirtschaftliche und persönliche Risiko ist in einigen Ländern sehr hoch – in anderen aber nicht. Außerdem entsteht eine wachsende Mittelschicht in vielen Ländern, deren Mitglieder einerseits als Konkurrenten für Arbeitnehmer hierzulande auftreten und andererseits als Konsumenten interessanter werden. Diese Menschen wollen, dass ihre Kinder eine angemessene Ausbildung erhalten und reagieren zunehmend verständnisloser auf die Herablassung der Europäer gegenüber Afrika.

Es ist der Bundesregierung hoch anzurechnen, dass sie diese Entwicklung erkennt und in verschiedenen Absichtserklärungen den Fokus auf die wirtschaftliche Zusammenarbeit legt. Es wird sogar davon gesprochen, Mittel der Entwicklungszusammenarbeit für wirtschaftliche Zwecke zu verwenden. Das ist ein grundsätzlich vernünftiges Vorgehen, selbst wenn die Koordinierung der unterschiedlichen Erklärungen und Pläne aus den Ministerien bzw. dem Kanzleramt noch besser werden könnte. Die Richtung stimmt. Deshalb stellt sich die Frage, wie wir Deutschen den Afrikanern bei ihrem Entwicklungsprozess helfen können. Folgende Aspekte sind zu berücksichtigen.


Position beziehen

Zunächst muss anerkannt werden, dass ein nachhaltiger Entwicklungsprozess in afrikanischen Ländern nur von innen heraus gestaltet werden kann. Wir können – auch wenn es uns gelegentlich durch Nichtregierungsorganisationen suggeriert wird – Afrika nicht von außen retten!

- Geld kann diesen Prozess nur oberflächlich unterstützen. Stattdessen sind es Regierungsführung, Bildungspolitik, Gesundheitsvorsorge, Korruptionsbekämpfung und politische sowie wirtschaftliche Freiheit in den jeweiligen Ländern, die einen solchen Prozess antreiben. Um diese Faktoren zu verbessern, braucht es Willen und weniger nur Geld.

- Dennoch ist hier die Schnittstelle zur Entwicklungszusammenarbeit. Wir können Reformen nicht anstoßen. Aber wir können dabei Unterstützung leisten, etwa mit zielgruppenorientierter Beratung, Marktöffnung und finanziellen Mitteln. Ein modernes und differenziertes Afrikabild trägt dazu bei.

- Den höchsten Nutzen können finanzielle Mittel – abgesehen von der Katastrophenhilfe – vermutlich in der wirtschaftlichen Zusammenarbeit stiften. Eine gute Idee wäre zum Beispiel, die Risiken eines Engagements deutscher Unternehmen (vor allem aus dem Mittelstand) durch Instrumente der Export- und Investitionsförderung zu verringern. Dadurch könnte das Engagement deutscher Unternehmen in hochlukrativen und wachstumsstarken Märkten erhöht werden. Das wiederrum könnte sehr positive Langzeitwirkungen auslösen: In afrikanischen Ländern werden mehr Menschen ausgebildet und beschäftigt. Die afrikanischen Märkte wachsen. In Deutschland werden mehr positive Erfahrungen gemacht und weitererzählt. Das gegenseitige Vertrauen steigt.

- Zuletzt darf die wichtigste Stellgröße der Europäer und anderer OECD-Länder nicht übersehen werden: die Handelspolitik. Dazu allerdings drückt sich die Bundesregierung in ihren Papieren viel zu undeutlich aus. Es wird Zeit, dass die Europäische Union (EU) sich von ihrer entwicklungsfeindlichen Agrar- und Handelspolitik verabschiedet. Stichworte sind Agrarzölle und -subventionen, Zolleskalation, Beschränkungen der Einfuhr von Textilien und Bekleidung sowie prohibitive – und versteckte – Regulierungen, zum Beispiel auch im Verbraucherschutz. Diese Maßnahmen behindern nicht nur existierende Unternehmen in Afrika, sie verhindern den Aufbau ganzer Industrien.

- Unabhängig davon, ob es auf dem G20-Gipfel zu einer positiven Absichtserklärung für eine offene Handelsordnung kommt oder nicht, kann die EU mit einem mutigen Reformschritt dafür sorgen, dass afrikanische Unternehmen besseren Marktzugang nach Europa bekommen. Dies könnte für die EU übrigens überlebenswichtig sein. Wenn es nicht gelingt, die Perspektive der immer besser ausgebildeten Menschen in ihren afrikanischen Heimatländern zu verbessern, dürften sich die mit Migration verbunden Probleme in Europa weiter verschärfen.

Es ist also ein ganzer Mix aus unterstützenden Maßnahmen, aus dem allerdings die Marktöffnung herausragt. Solange die Handelspolitik der Industrieländer so afrikafeindlich bleibt, bleiben alle Beiträge Deutschlands, der EU und der G20 zur Unterstützung afrikanischer Entwicklungsbemühungen eitle Versuche. Es wird Zeit, dass die Bundesregierung hier eine kräftigere Position bezieht.