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Wie ein deutscher Chef in den USA trotz Corona und Trump Erfolge feiert

Marc Bitzer führt den Hausgeräteriesen Whirlpool. Der Manager erklärt, wie es sich unter der Trump-Regierung wirtschaftet und was er von der Wahl erwartet.

Es ist keine drei Monate her, dass Whirlpool-Chef Marc Bitzer in seinem Werk in Clyde im Bundesstaat Ohio US-Präsident Donald Trump empfangen hat. Vor einer Kulisse aus Waschmaschinen-Kartons mit US-Flagge lobte der Präsident den „großartigen“ Bundesstaat, der ihm zum Wahlsieg verholfen hat: „Ihr wart sehr gut zu mir. Und ich war auch sehr gut zu euch!“, rief er Anfang August ins Publikum.

Tatsächlich läuft das Geschäft derzeit bestens für den amerikanischen Marktführer, der seit drei Jahren von dem deutschen Manager Bitzer geführt wird. Im dritten Quartal hat Whirlpool, wozu auch Marken wie Bauknecht, Kitchenaid und Maytag gehören, Umsatz und Gewinn gesteigert.

Das liegt aber nicht unbedingt an den Wohltaten des Präsidenten, sondern vielmehr am gesamten Umfeld und an den strategischen Entscheidungen des Managements. Die Analysten von RBC Capital haben ihre Bewertung nach den guten Zahlen jedenfalls nach oben geschraubt.

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Bitzer macht für die Zahlen und für die starke Konjunktur bis kurz vor der Corona-Pandemie nicht die Regierung allein verantwortlich. „Wenn man die letzten vier Jahre betrachtet, muss man feststellen, dass die wirklich großen Weichenstellungen häufig von der Notenbank Fed gemacht werden“, sagt Bitzer im Gespräch mit dem Handelsblatt.

Trumps Senkung der Unternehmensteuer von 35 Prozent auf 21 Prozent habe Whirlpool kaum geholfen, da die effektive Steuerquote bei Whirlpool – also die Quote, die tatsächlich bezahlt wird – schon vorher bei diesem Wert lag. „Uns hat das nicht viel gebracht“, erklärt Bitzer.

Auch sein Urteil zu den Schutzzöllen der Trump-Regierung fällt eher ernüchternd aus: „In der Summe kosten uns die Zölle nach wie vor mehr, als was sie uns bringen.“ Whirlpool hat zwar von der Maßnahme gegen Waschmaschinen-Dumping profitiert.

„Aber die ist nicht von Trump eingeleitet worden, sondern schon von der vorherigen Regierung“, stellt Bitzer klar. Die Stahlzölle und etliche andere Zölle auf Komponenten haben Whirlpool dagegen geschadet, weil das Unternehmen diese nun teurer einkaufen muss.

Bitzer weist außerdem darauf hin, dass es bei einzelnen Geräten wie Spülmaschinen immer noch keine Zölle gebe. Die könnten weiterhin billig aus Asien eingeführt werden, während die Produktionskosten für die US-Hersteller gestiegen sind. Die Deregulierung unter Trump dagegen mache „zwar gewisse administrative Prozesse einfacher, hat uns aber nicht wirklich spürbar geholfen“, sagt Bitzer.

Dass es für Whirlpool dennoch so gut läuft und auch im vierten Quartal ähnlich starke Zahlen wie im dritten Quartal erwartet werden, liegt vor allem an den Weichenstellungen der vergangenen Jahre und der schnellen Reaktion auf Corona.

Verbraucher nutzen Hausgeräte stärker

Bereits im März und April hat Whirlpool damit begonnen, Jobs zu streichen und Sonderangebote zurückzufahren. Es sei zu dem Zeitpunkt abzusehen gewesen, dass es Probleme bei den Zulieferern und bei der Produktion mit Social Distancing geben wird, erklärt Bitzer. „Es bringt ja nichts, eine Rabattschlacht auf Produkte zu machen, die man nicht verfügbar hat“, erklärt er.

Mittlerweile stelle das Unternehmen aber eher wieder ein. „Wir waren kurzzeitig Corona-Verlierer. Als die Läden zu waren, ist das Geschäft massiv eingebrochen“, sagt Bitzer. Jetzt zeichne sich dagegen ab, „dass unsere Branche insgesamt langfristig davon profitieren wird“.

Das liegt zum einen daran, dass die Menschen mehr zu Hause sind und ihre Geräte stärker benutzen. Zum anderen geben sie weniger für Restaurantbesuche oder Urlaube aus und haben daher mehr Geld zur Verfügung.

Außerdem sind die Finanzierungszinsen derzeit extrem niedrig. „Es ist nicht mehr nur: ‚Oh, unsere Spülmaschine ist kaputtgegangen.‘ Sie investieren oft auch in Upgrades“, beobachtet der Whirlpool-Chef. Das „Investing in Nesting“ – also in das eigene Heim – sei zunehmend strukturell. Das helfe auch dem höherpreisigen Segment.

Die Menschen setzten dabei auch wieder verstärkt auf vertraute Marken. Bitzer glaubt, dass ihm dort Dienstleistungen wie der eigene Kundendienst, der ins Haus kommt, helfen. „Sie überlegen sich ja heute eher zweimal, wen sie ins Haus reinlassen“, sagt er.

Auch in Deutschland sei wegen Kurzarbeitergeld und geringerer Ausgaben für Urlaub und Essen das Geld für neue Haushaltsgeräte da. „Im dritten Quartal sehen wir, dass sich der Markt und das Verhalten der Konsumenten gut entwickelt“, beobachtet Bitzer.

Dennoch hat es Whirlpool auf dem deutschen Markt besonders schwer. Starke Marken wie Miele oder Bosch machen es dort den Amerikanern vor allem im hochpreisigen Segment schwer. „In den USA und Lateinamerika sind wir im oberen Segment weiter als in Deutschland“, gibt Bitzer zu. „Wir respektieren natürlich die Konkurrenz. Vor allem gegenüber dem Hause Miele ist hohe Wertschätzung da. Aber wir haben immer Appetit auf eine gewisse Ausweitung unserer Marktanteile.“

Schwieriges deutsch-amerikanisches Verhältnis

Was das zuletzt etwas angespannte Verhältnis zwischen Deutschland und den USA angeht, mahnt der Whirlpool-Chef zur Besonnenheit. „Man muss immer differenzieren zwischen den Menschen im Business und der politischen Ebene“, sagt Bitzer, der 2009 als erster Nicht-Amerikaner mitten in der Finanzkrise das Nordamerikageschäft des Konzerns übernahm.

Auf der Businessebene sei „nach wie vor ein extremes Maß an Pragmatismus in beide Richtungen da“. Man kenne sich lange und pflege auch gemeinsame Standards und Werte im Business. Dort sehe er keine große Änderung.

Das Gleiche gelte für die menschliche Ebene. Vor allem im Mittleren Westen der USA, wo Whirlpool sitzt, seien Deutsche immer noch gut angesehen. „Aber auf der politischen Ebene muss einiges an Vertrauen wiederaufgebaut werden.“

Es sei traurig, dass die transatlantischen Gemeinsamkeiten nicht gesehen werden. „Es wird Zeit, dass man sich auf beiden Seiten des Atlantiks wieder an gewissen gemeinsamen Werten orientiert“, sagt der Whirlpool-Chef.

Eine Empfehlung für die Präsidentschaftswahl am 3. November will Bitzer seinen Mitarbeitern nicht mitgeben, zumal er selbst als Green-Card-Halter gar nicht wählen darf. Wer auch immer das Rennen gewinnt – von ihm wünscht sich Bitzer wie so viele Konzernchefs vor allem eines: Berechenbarkeit.

„Wenn es schlechte Nachrichten gibt, sagen Sie mir die schlechten Nachrichten“, erklärt er das Denken eines CEOs. Außerdem hoffe er, „dass die Wahl selber zu einer Entscheidung führt – und zu einem friedlichen Übergang oder Beibehalt“. Und als Vorstandschef hoffe man, dass die United States das „United“ wiederfinden. „Jetzt sind es die Divided States of America.“

Zur negativen Sicht auf Trump in Deutschland sagt Bitzer: „In Deutschland geht manchmal unter, dass die ‚Checks and Balances‘ in den USA eigentlich ganz gut funktionierten.“ Von einer autoritären Regierung könne nicht die Rede sein. „Er ist nicht Putin und auch nicht Xi. Er kann nicht einfach alles entscheiden“, betont Bitzer.

Die Initiative zu Trumps Besuch in seinem Werk sei vom Weißen Haus ausgegangen. „Wenn ein amtierender Präsident um einen Besuch bittet, dann muss man den akzeptieren. Ganz unabhängig davon, wer dort sitzt. Das gilt für alle gewählten Politiker“, sagt er und stellt klar: „Wir haben auch dem früheren Vizepräsidenten Joe Biden angeboten, uns zu besuchen.“