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Auto-Professor Bratzel sieht „bei deutschen Herstellern klare Defizite“ beim autonomen Fahren

Die deutschen Autohersteller wollen sich verstärkt beim autonomen Fahren engagieren. Allerdings sind die Erwartungen an die Technologie nicht mehr so hoch wie in den Anfangstagen. „Alle sind sehr viel skeptischer und vor allem realistischer geworden. Das hat auch einen positiven Effekt, denn nun wird intensiv an realitätsnahen Konzepten gearbeitet“, sagte Thomas Sedran, Vorstandschef von Volkswagen Nutzfahrzeuge, im Interview mit dem Handelsblatt.

Das heißt bei Volkswagen an erster Stelle, dass die Entwicklung kommerzieller Anwendungen eindeutig im Vordergrund steht. Für private Kunden sei autonomes Fahren auch auf längere Sicht einfach viel zu teuer, sagte Sedran.

Stefan Bratzel, Automobilprofessor am Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach bei Köln, sieht beim autonomen Fahren insbesondere die US-Anbieter deutlich im Vorteil. So gilt die Google-Schwester Waymo als führend bei der Erprobung der Technologie, und auch Tesla-Chef Elon Musk setzt große Stücke darauf.

Herr Bratzel, Volkswagen konzentriert das autonome Fahren bei der Transportersparte in Hannover und verkündet eine neue Offensive. Wie steht es denn nun wirklich um das autonome Fahren bei den deutschen Autoherstellern?
Das muss man leider so deutlich formulieren: Bei den deutschen Autoherstellern gibt es da klare Defizite. Das wichtigste Unternehmen in Sachen autonomes Fahren kommt auch weiterhin aus den USA, das ist die Alphabet-Tochter Waymo. Der Abstand ist am offensichtlichsten bei den autonom gefahrenen Kilometern ablesbar, da liegt Waymo mit weitem Abstand vorn.

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Warum sind gefahrene Kilometer denn so wichtig für die Autobranche?
Je größer die Kilometerleistung ist, umso mehr Erfahrungen hat ein Unternehmen mit dieser Technik gesammelt. Die tägliche Praxis ist ganz entscheidend: Nur im realen Einsatz zeigt sich, dass ein Unternehmen tatsächlich die Technik des autonomen Fahrens in den Griff bekommt.

Gibt es außer Waymo noch andere wichtige Anbieter in den USA?
Die General-Motors-Tochter Cruise würde ich unter keinen Umständen unterschätzen. Cruise hat noch einiges an Vorsprung, gerade auch im Vergleich mit den deutschen Automobilherstellern. Es gibt auch noch kleinere, aber technologisch sehr weit fortgeschrittene Anbieter. Da würde ich an erster Stelle Zoox nennen, ein Unternehmen mit sehr viel gefahrenen Testkilometern.

Dann lassen Sie uns doch über die Deutschen sprechen. Wie sieht es mit Volkswagen & Co. aus?
Lassen Sie es mich so ausdrücken: Die deutschen Automobilhersteller – Volkswagen inklusive – sind in der Verfolgerposition. Bei Assistenzsystemen haben sie durchaus einiges zu bieten, also bis zum sogenannten Level 2 des autonomen Fahrens. Wenn es darum geht, das Auto schon etwas stärker wirklich selbstständig fahren zu lassen, also auf Level 3, da sieht es dann schon nicht mehr ganz so überzeugend aus.

Was würden Sie denn den deutschen Automobilherstellern raten, wenn sie den Vorsprung gerade auch der amerikanischen Unternehmen aufholen wollen?
Das autonome Fahren ist eine sehr teure Technologie, das erfordert Milliarden. Der richtige Weg besteht also darin, sich einen Partner zu suchen. Volkswagen beispielsweise macht es mit der geplanten Partnerschaft mit dem Ford-Konzern und dessen autonomer Tochter Argo genau richtig. Daimler wiederum arbeitet mit Bosch und BMW an Konzepten für das Autonome Fahren. Das alles allein zu stemmen ist viel zu schwierig und zu teuer.

Liegen die deutschen Autohersteller weit zurück?
Das sind durchaus einige Jahre. Also muss es darum gehen, den Vorsprung der anderen jetzt doch recht schnell wieder aufzuholen.

Wann rechnen Sie denn mit dem Durchbruch beim autonomen Fahren?
Dieses Thema wird nicht in den kommenden drei Jahren entschieden. Da sollten wir besser von einem Zeitraum von zehn bis 15 Jahren sprechen, die Technologie ist einfach sehr komplex. Und wahrscheinlich müssen wir uns darauf einstellen, dass das autonome Fahren tendenziell nur bei niedrigeren Geschwindigkeiten und in klar abgegrenzten Zonen funktionieren wird.

Wird es eine Welt-Technik für das autonome Fahren geben?
Das kann, muss aber auch nicht sein. Vielleicht sehen wir auch regionale Unterschiede. Die entscheidenden Märkte sind China, Nordamerika und Europa. Die wichtigste Frage wird sein, ob ein einzelnes Unternehmen die Standards setzen kann, ob nun global oder regional. Wenn ein einzelner Anbieter der Konkurrenz technische Vorgaben machen kann, dann hat derjenige natürlich große Vorteile. Wegen der gewaltigen Kosten dürfte es am Ende der technischen Entwicklung sowieso auch nur vergleichsweise wenige Anbieter geben.

Sie haben bislang vor allem über die US-Anbieter gesprochen. Was ist eigentlich mit China?
Die großen chinesischen Konzerne haben sich das Thema autonomes Fahren ebenfalls auf die Fahnen geschrieben. Da sind an erster Stelle natürlich die IT-Riesen Tencent und Alibaba zu nennen. Außerdem würde ich in diesem Zusammenhang auch Baidu erwähnen, ein sehr starkes Unternehmen.

Und wie würden Sie das technologische Niveau der chinesischen Unternehmen mit dem der deutschen Autohersteller vergleichen?
Grundsätzlich vergleichbar und annähernd auf demselben Niveau, aber wahrscheinlich sind die chinesischen Unternehmen am Ende doch ein kleines Bisschen besser. Baidu beispielsweise kommt in Kalifornien auf mehr Testkilometer als Mercedes.

Herr Bratzel, vielen Dank für das Interview.