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Warum die deutsche Wirtschaft immer mehr Geld in Russland ausgibt

Die Liste der Probleme für Russlands Wirtschaft ist lang: Immer neue US-Sanktionsdrohungen, sinkende Reallöhne, Wertverluste beim Rubel und ein mit nur 1,6 Prozent schwaches Wirtschaftswachstum, das der Internationale Währungsfonds (IWF) erwartet: Ökonomisch durchlebt Russland trotz höherer Ölpreise derzeit harte Zeiten.

Dennoch investieren deutsche Unternehmen dort immer mehr Geld: Die Bundesbank musste nun nachträglich korrigieren, dass die deutschen Direktinvestitionen 2018 mit fast 3,3 Milliarden Euro so stark gestiegen wie seit der Weltfinanzkrise 2008/09 nicht mehr. Das waren 14 Prozent mehr als im Jahr davor.

Nur 2007 hatten deutsche Firmen noch mehr zwischen Kaliningrad und Kamtschatka investiert – damals waren es 7,4 Milliarden Euro. Allerdings war darunter auch eine herausstechende Investition: Der Versorger Uniper beteiligte sich mit 4,6 Milliarden Euro an einem russischen Stromkonzern.

Nicht nur die Investitionen wachsen, auch der deutsch-russische Handel stieg 2018 um 8,4 Prozent auf 61,9 Milliarden Euro. Die deutschen Importe aus Russland legten im Vorjahresvergleich um 14,7 Prozent zu und betrugen rund 36 Milliarden Euro.

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Die Exporte nach Russland sind um 0,6 Prozent auf 25,9 Milliarden Euro gewachsen, geht aus Berechnungen des Statistischen Bundesamts hervor. Die Zahl der in Russland vertretenen deutschen Firmen ist auch wieder deutlich auf 44.861 Ende 2018 gestiegen.

Der erste Grund für die Investitionsfreudigkeit der deutschen Wirtschaft ist ein russischer Zwang dazu: Zuletzt hatte Daimler-Chef Dieter Zetsche im Beisein von Russlands Präsident Wladimir Putin und Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) das neueste Mercedes-Werk für gut 250 Millionen Euro eröffnet.

„Das Mercedes-Benz Werk Moscovia ist ein weiterer Baustein unserer Strategie, dort zu produzieren, wo unsere Kunden sind“, begründete Zetsche den Schritt. Was Zetsche verschwieg und sein Kollege, VW-Chef Herbert Diess, vergangene Woche nach einem persönlichen Gespräch mit Putin im Kreml erläuterte: Wer in Russland an den Staat verkaufen möchte, muss im Land selbst investieren.

„Um an die lukrativen staatlichen Großaufträge zu kommen, müssen ausländische Unternehmen vor Ort produzieren“, sagt Matthias Schepp, Chef der deutsch-russischen Auslandshandelskammer (AHK). „Es ist gesetzlich festgelegt, dass die Zuschläge bei staatlichen Ausschreibungen primär an Firmen vergeben werden, die ihre Produktion im russischen Markt lokalisiert haben.“

„Importosameschtschenije“ heißt das russische Zungenbrecher-Zauberwort: Importsubstituierung, also Produktion vor Ort statt Einfuhren. Diess wollte nach eigenen Worten mit Putin Steuervorteile für große Fertigungstiefen im Land besprechen. VW hat in seine Fertigungslinien in Kaluga und Nischni Nowgorod seit 2014 mehr als eine halbe Milliarde Euro gesteckt.

Neben Großkonzernen wie Daimler und VW oder BASF-Tochter Wintershall und Uniper mit je 950 Millionen Euro großen Beteiligungen an der Gazprom-Ostseepipeline Nord Stream 2 sind auch deutsche Mittelständler laut der AHK verstärkt in Russland engagiert.

Lohnstückkosten wie in China

Neben dem Zwang, vor Ort zu investieren, gebe es noch einen zweiten Grund, der die Unternehmen nach Osten lockte, meint Experte Schepp: Die russische Landeswährung Rubel habe in den vergangenen Jahren um die Hälfte an Wert verloren. Das aber sei besonders für Unternehmen mit Produktion in Russland interessant, die ihre Produkte gegen harte Währung in andere Märkte exportierten, aber ihre Werkstoffe über die billigere Währung lokal bezögen.

Die Lohnstückkosten seien inzwischen so niedrig wie in China, zumindest in der Textilindustrie. Auch VW exportiere jedes vierte in Russland gefertigte Fahrzeug. „Der schwache Rubel macht Neuinvestitionen in Russland attraktiv“, so Schepp.

Der dritte Grund: Russland bietet mit 140 Millionen Konsumenten immer noch „ein beträchtliches Marktpotenzial“, meint der AHK-Chef.

Temporär kam noch eine weitere Erklärung für die deutsche Investitionsfreude dazu: Im vergangenen Jahr lockten Aufträge für die Fußball-WM ausländische Investoren ins Riesenreich – Grund Nummer vier.

Gerade die Nischen-Weltmarktführer des deutschen Mittelstandes waren gefragt – wie Pumpenhersteller Wilo für die Drainage der Stadion-Rasenflächen. Inzwischen hat er eine eigene Fertigung in Russland gebaut. Technologieriese Siemens plant unter anderem mit der russischen Bahn eine Superschnellstrecke.

Die vom Vorsitzenden des Ost-Ausschusses der deutschen Wirtschaft, Wolfgang Büchele, als „wie ein Damoklesschwert über Russland schwebenden drohenden US-Sanktionen“ wischt Schepp weg: „Gerade Unternehmen, die Russland gut kennen, lassen sich durch Sanktionen und politische Probleme nicht so schnell einschüchtern“, so Schepp.