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Deutsche Wirtschaft erzielt im Sommerquartal ein Rekordwachstum – 8,2 Prozent zum Vorquartal

Das Bruttoinlandsprodukt hat sich in Deutschland von Juli bis September vom ersten Corona-Schock erholt. Im Vergleich zur Vorkrisenzeit leidet die deutsche Wirtschaft aber weiter.

Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum lag das BIP im dritten Quartal mehr als vier Prozent niedriger. Foto: dpa
Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum lag das BIP im dritten Quartal mehr als vier Prozent niedriger. Foto: dpa

Es stünde gut um die deutsche Konjunktur – wenn denn die zweite Infektionswelle ausgeblieben wäre. Nach dem Einbruch wegen der Coronakrise im Frühjahr hat sich die deutsche Wirtschaft zwar spürbar erholt und ist im Sommerquartal in Rekordtempo gewachsen. Doch ein harter Corona-Winter mit starken Einschränkungen könnte die Wirtschaft erneut bremsen.

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg zwischen Juli und September um 8,2 Prozent zum Vorquartal, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte. Allerdings lag damit das BIP immer noch um mehr als vier Prozent niedriger als im dritten Quartal und im vierten Quartal 2019.

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Die Bundesregierung rechnet wegen des stärkeren Sommerquartals mit einer deutlichen Erholung der Wirtschaft im nächsten Jahr. Sie geht für 2021 von einem Wachstum von 4,4 Prozent aus, wie Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) am Freitag mitteilte. Trotz des neuerlichen Teil-Lockdowns im November bleibt die Regierung damit bei ihrer bisherigen Prognose.

In diesem Jahr dürfte die Wirtschaft demnach um 5,5 Prozent einbrechen. Es wäre damit eine der schwersten Rezessionen der Nachkriegszeit – auch wenn sie nicht ganz so tief ausfiele wie 2009 in der globalen Finanzkrise. Im Sommer hatte die Bundesregierung für 2020 noch ein Minus von 5,8 Prozent vorausgesagt.

Sommer des europäischen Aufschwung

Der Aufschwung ist im dritten Quartal laut Altmaier „deutlich kräftiger“ ausgefallen, als er erwartet hatte. Im zweiten Quartal war das BIP um 9,8 Prozent eingebrochen, nach einem Minus von 1,9 Prozent im ersten Quartal. Dies war der tiefste Halbjahres-Einbruch der Nachkriegsgeschichte.

Aber nicht nur die deutsche Konjunktur, sondern die gesamte Wirtschaftsleistung in der Euro-Zone wuchs im Sommer wieder stark: Das BIP lag im dritten Quartal 12,7 Prozent höher als im Vorquartal, wie das Statistikamt Eurostat am Freitag in Luxemburg mitteilte.

Die Konjunktur zeigte in allen großen Euro-Staaten bis September einen V-förmigen Verlauf: Nach dem tiefen Einbruch folgte ein starker Aufschwung, der das BIP auf Höhe von etwa 95 Prozent des Vorkrisenniveaus brachte. Frankreichs Wirtschaft wuchs im Sommerquartal um 18,2 Prozent, Spaniens um 16,7 Prozent, Italiens um 16,1 Prozent. In der EU betrug das Wirtschaftswachstum im Sommer demnach 12,1 Prozent.

Wie groß wird der Rückschlag im Herbst?

Eigentlich wollte die Bundesregierung ihre Herbstprognose bereits am Mittwoch veröffentlichen. Doch nachdem Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Länder am Mittwoch einen Lockdown light für alle Branchen, in denen sich Menschen physisch nahekommen, beschlossen hatten, wollte Minister Altmaier lieber erneut nachrechnen.

Dass er die Prognose dann doch nicht weiter nach unten korrigierte, liegt zum einen an den guten offiziellen Zahlen für das dritte Quartal, zum anderen aber auch an der Ausgestaltung des Lockdowns light. Im November dürfte das Bruttoinlandsprodukt nur acht Milliarden Euro verlieren, hieß es seitens des Wirtschaftsministeriums.

Dies könne durch die starke Erholung in der Industrie insgesamt im vierten Quartal wieder ausgeglichen werden: Für dieses erwartet Altmaier ein Plus von 1,1 Prozent gegenüber dem dritten Quartal.

Felbermayr spricht vom „Rückpralleffekt“

Damit ist die Regierung optimistischer als die großen Wirtschaftsforschungsinstitute. Bereits am Donnerstag korrigierten sie ihre Erwartungen für das vierte Quartal nach unten. Vor zwei Wochen hatten sie in ihrer Gemeinschaftsprognose für die Bundesregierung noch mit einem Plus von 2,1 Prozent gerechnet.

„Durch die verschärfte Infektionslage wird die weitere Erholung erst einmal massiv an Fahrt verlieren, und es ist sogar ein neuer Rückgang der Wirtschaftsleistung möglich“, sagte Sebastian Dullien, Direktor des gewerkschaftsnahen IMK. Auch Clemens Fuest vom Ifo-Institut, Marcel Fratzscher vom DIW und Gabriel Felbermayr vom Kieler IfW erwarten für das vierte Quartal bestenfalls Stagnation. Möglich sei aber auch wieder ein leichtes Schrumpfen des BIP.

„Von der kräftigen Zunahme des BIP im dritten Quartal darf man sich nicht täuschen lassen“, sagte Felbermayr. Sie sage mehr über die Tiefe des vorangegangenen Einbruchs aus als über die konjunkturelle Stärke der deutschen Wirtschaft. Felbermayr sprach vom „Rückpralleffekt“.

Für 2020 schätzen manche Institutsvolkswirte intern das Minus jetzt auch eher wieder auf sechs Prozent anstatt auf 5,4 Prozent wie noch in ihrer zwei Wochen alten Herbstprognose.

Altmaier nährte dagegen die Hoffnung, dass sich auch der Konsum weiter erholen werde: Denn im dritten Quartal hatten auch die Einzelhandelsumsätze stark aufgeholt. „Das Wachstum war sowohl von höheren privaten Konsumausgaben, mehr Investitionen in Ausrüstungen als auch von stark gestiegenen Exporten getragen“, meldete das Statistische Bundesamt.

W-förmiger Konjunkturverlauf denkbar

Allerdings: Ein harter Corona-Winter kann die erwartete Konjunkturerholung im nächsten Jahr schnell zunichte machen. „Wir stehen aktuell an einem Scheideweg“, sagte Altmaier. Wenn es nicht gelinge, die Infektionszahlen deutlich zu senken, könne sich auch die Wirtschaft nicht nachhaltig erholen.

Aus dem V-förmigen Verlauf der Konjunktur könnte dann schnell ein W-förmiger werden, bei dem es nach dem Rückprall des dritten Quartals zu einem Wiederabschwung im vierten käme, bevor es zum selbsttragenden Aufschung kommt.

Die positive Nachricht: So tief wie im Frühjahr werde der Einbruch durch den Lockdown light nicht werden, erwarten Ökonomen wie Felbermayr. Denn die Branchen, die schließen müssen, stehen nur für etwa vier Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

Alles hänge nun davon ab, dass nach dem Lockdown im Dezember das Weihnachtsgeschäft gut läuft und der Konsum nicht einbricht. Und: Dass nach dem Lockdown Corona mit den AHA-L-Regeln – Abstand, Hygiene, Alltagsmasken, Lüften – plus Schnelltests unter Kontrolle gehalten werden kann. „Das Virus diktiert den Konjunkturverlauf“, sagt Felbermayr.

Die deutsche Autoindustrie sieht sich nicht nur mit der Coronakrise, sondern auch mit dem Strukturwandel konfrontiert. Foto: dpa
Die deutsche Autoindustrie sieht sich nicht nur mit der Coronakrise, sondern auch mit dem Strukturwandel konfrontiert. Foto: dpa