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„Das deutsche Problem“ – Lautenschläger-Rücktritt sorgt vor allem in Italien für Aufsehen

Die deutsche EZB-Direktorin gibt lange vor dem Ende ihrer regulären Amtszeit ihren Posten auf. Das sorgt vor allem in Italien für Kopfschütteln.

Der Rücktritt von EZB-Direktorin Sabine Lautenschläger hat diese Woche in Politik und Finanzszene für Aufsehen gesorgt. Die 55-Jährige will ihren Posten am 31. Oktober aufgeben, rund zwei Jahre vor dem Ende ihrer Amtsperiode. Gründe für den Abgang nannte die Europäische Zentralbank (EZB) nicht. Somit herrscht Rätselraten über Lautenschlägers Motive.

Lautenschläger gilt als Kritikerin der lockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank und ihres Präsidenten Mario Draghi. Vor der EZB-Ratssitzung im September sagte sie, sie sehe „derzeit keine Notwendigkeit für einen Neustart des Anleihekaufprogramms“. Auf der Sitzung beschloss der EZB-Rat dann eine weitere Zinssenkung und die Neuauflage der Anleihezukäufe.

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Vor Lautenschläger hatten bereits drei andere hochrangige Notenbanker aus Deutschland in den vergangenen Jahren vorzeitig ihren Rücktritt erklärt. In der Euro-Krise warfen Ex-Bundesbank-Präsident Axel Weber und der frühere EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark aus Protest am Kurs der EZB hin. Auch Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen trat vorzeitig zurück – gab dafür allerdings persönliche Gründe an.

In Deutschland bedauerten Politiker Lautenschlägers Rückzug. Dies sei „ein schwerer Verlust für die EZB“, erklärte beispielsweise der EU-Parlamentarier Markus Ferber (CSU). Lautenschläger scheue nicht davor zurück, unbequeme Positionen zu vertreten. „Solche Stimmen braucht es in der EZB heute mehr denn je.“

Anders dagegen ist das Echo vor allem in Italien, aber zum Teil auch in Spanien.

Italien

„Unwetter in der EZB“, „Erdbeben in Frankfurt“, „Das deutsche Problem“ – in Italien sind die Medien nicht zimperlich in der Kommentierung des Rücktritts von Sabine Lautenschläger. Der angekündigte Abgang weit vor dem Ende der regulären Amtszeit sei zwar überraschend gekommen, aber die Deutsche sei schließlich schon lange auf Kollisionskurs zu EZB-Präsident Mario Draghi gewesen, so lautet der Tenor in der Berichterstattung.

Ausführlich wird beschrieben, dass sie am 12. September gegen Draghis Entscheidung gestimmt habe, das Anleihekaufprogramm (QE) der EZB ab November mit Zukäufen von monatlich 20 Milliarden Euro unbefristet wieder aufzunehmen.

Zudem heißt es, sie sei auf einer Linie mit Bundesbank-Präsident Jens Weidmann. Italien ist in puncto EZB sehr aufmerksam: Auch Weidmanns jüngste Kritik vom Freitag an den Lockerungsmaßnahmen der EZB wurde postwendend aufgegriffen, vor allem der Satz des Bundesbank-Präsidenten, dass durch den umfangreichen Ankauf von Staatsanleihen die Trennlinie zwischen Geldpolitik und Fiskalpolitik zu verschwimmen drohe.

Die Gründe sind offenkundig: Zum einen hat das wachstumsschwache Italien von den Anleihekäufen der EZB profitiert, zum anderen besteht seit langem ein Nord-Süd-Konflikt bei der Bewertung der Geldpolitik der EZB. Die deutschen Notenbanker gelten als sogenannte „Falken“, also als Verfechter einer strafferen Geldpolitik.

Ihnen hält Italien entgegen, dass die Realwirtschaft angekurbelt werden müsse und zu große Sparsamkeit schädlich sei. Das gilt gleichermaßen für die Haushaltsvorgaben der EU. Sogar Staatspräsident Sergio Mattarella hat vor kurzem erklärt, dass eine Revision des Stabilitätspaktes, der Grenzen für die Defizite der Euro-Länder vorschreibt, nötig sei.

Unausgesprochen besteht in Italien die Hoffnung, dass mit der Draghi-Nachfolgerin Christine Lagarde der aktuelle geldpolitische Kurs fortgesetzt wird – gegen die „Falken“ aus dem Norden. Wie stark über den Sinn einer sparsamen Haushaltspolitik diskutiert wird, zeigt sich unter anderem auch darin, dass der Chef des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Dieter Kempf, mit seinem Appell gegen die „schwarze Null“ in den italienische Medien viel Platz bekommt.

Banker äußern sich zurückhaltender. Lautenschlägers Posten im Direktorium werde ja wieder mit einem Deutschen oder einer Deutschen besetzt, heißt es, schließlich seien die drei großen Länder Deutschland, Frankreich und Italien immer im Direktorium vertreten. Italien hat als Nachfolger für den Franzosen Benoit Coeuré den Generaldirektor der Banca d’Italia, Fabio Panetta, nominiert. Darüber beschließen die Finanzminister der Euro-Länder ihrer nächsten Sitzung im Oktober.

Spanien

In Spanien gab es keine öffentlichen Reaktionen zum überraschenden Rücktritt von Sabine Lautenschläger. Die meisten Zeitungen beschränkten sich in ihrer nachrichtlichen Berichterstattung auf den Hinweis, dass die Deutsche innerhalb der EZB zu den Falken gehörte. Die große spanische Tageszeitung El País wertete den Rücktritt als Zeichen dafür, wie uneins das EZB-Direktorium ist.

Die neue EZB-Chefin Christine Lagarde, die schon erklärt habe, dass sie die expansive Geldpolitik ihres Vorgängers Mario Draghi fortführen wolle, „wird die schwierige Herausforderung haben, Brücken zu bauen und zu verhindern, dass die Falken die Glaubwürdigkeit der Institution mitten im Abschwung der Eurozone untergraben“, analysierte die Zeitung.

Die konservative Zeitung El Mundo wertet den Rücktritt als „letztes Signal, dass die Strategie der Institution, den wirtschaftlichen Abschwung in der EU entgegenzutreten nicht einmal die Verantwortlichen überzeugt hat. Seit Präsident Mario Draghi am 12. September die neuen geldpolitischen Maßnahmen für die Eurozone angekündigt hat, haben weder der Markt noch die nationalen Regulierungsbehörden oder die Gouverneure selbst Vertrauen in die Wirksamkeit des Plans.“