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Deutsche Politiker fordern EU-Strategie gegen mächtige chinesische Chip-Industrie

China hat angeblich Spionage-Chips auf US-Servern platziert. Trotz scharfer Dementis fordert die deutsche Politik Konsequenzen.

Als Konsequenz aus einem Bericht über mögliche Spionage-Chips aus China in Servern großer US-Konzerne fordern Politiker von SPD, Grünen und FDP die gezielte Förderung europäischer Informationstechnologie.

„Eine hohe Abhängigkeit vom Ausland in Hightech-Branchen stellt immer ein Problem dar. Deshalb sollte man auch Fertigung und Design in der Mikroelektronik auf dem Schirm europäischer Industriepolitik haben“, sagte der digitalpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Jens Zimmermann, dem Handelsblatt. „Somit kann zumindest für kritische Anwendungen eine verlässliche Alternative angeboten werden.“

Allerdings bleibe es ein Problem, so Zimmermann weiter, „dass sowohl in China als auch den USA per staatlicher Anordnung Hintertüren in Soft- und Hardware eingebaut werden können“. Insofern sei langfristig die Förderung deutscher und europäischer Hersteller dringend nötig.

Nicht nur Zimmermann, sondern auch Politiker anderer Parteien sowie namhafte Experten zeigten sich beunruhigt, nachdem das US-Magazin „Bloomberg Businessweek“ berichtet hatte, dass chinesische Hacker manipulierte Computerchips direkt in die Elektronik von Servern einer US-Firma eingebaut hätten, deren Rechner in großen US-Konzernen sowie Behörden genutzt werden.

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Die winzigen Bauteile erlaubten es Angreifern, die Kontrolle über die Server zu übernehmen und Informationen abzuzapfen. Bis zu 30 Unternehmen seien betroffen, namentlich genannt wurden Apple und Amazon, die die Berichte allerdings ungewöhnlich scharf dementierten.

Nach dem „Bloomberg“-Bericht laufen bereits seit drei Jahren geheime Ermittlungen der US-Behörden im Zusammenhang mit den Spionage-Chips. Die Ermittler hätten herausgefunden, dass sie in Fabriken in China in die Elektronik der Server der Firma Super Micro eingeschleust worden seien und vermuteten chinesische Militärhacker dahinter.

Noch ist unklar, ob der vergangenen Donnerstag veröffentlichte Bericht die Aufdeckung des größten Spionagefalls der vergangenen Jahre ist – oder eine journalistische Ente. Eben weil die betroffenen Konzerne so entschieden dementieren. Und sich auch die chinesische Regierung gegen die Berichterstattung wandte und erklärte, man wünsche sich, dass es in Zukunft weniger „haltlose Vorwürfe und Verdächtigungen“ gebe.

Ein Szenario, wie von „Bloomberg“ recherchiert, ist indes nicht ausgeschlossen, wie Experten betonen. Seiner Behörde lägen derzeit zwar keine Erkenntnisse vor, die eine Einschätzung zum Wahrheitsgehalt des Berichts erlaubten, sagte Arne Schönbohm, Präsident des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), dem Handelsblatt. „Dennoch nimmt das BSI den aktuellen Bericht sehr ernst, denn generell ist das Problem der Hardwaremanipulationen bekannt und konnte im BSI auch anhand von eigenen Beispielen praktisch nachgestellt werden.“

Der Hamburger Datenschützer Johannes Caspar wird noch deutlicher. „Solche Angriffe sind nicht nur über winzige Bauteile denkbar, sondern können schon bei der Fertigung einzelner Chips zum Tragen kommen“, sagte Caspar dem Handelsblatt. Die einseitige Abhängigkeit der Hardwarebranche von günstigen Herstellern in China begünstige dies.

„Von der Produktion bis zur Auslieferung an den Endkunden gibt es für einen entsprechend mächtigen Akteur alle nur erdenklichen Zu- und Eingriffspunkte.“ Es sei extrem schwierig, eine professionelle Manipulation von Hardware zu erkennen.

Deshalb sehen auch die Grünen wie die SPD dringenden Handlungsbedarf. „Es ist höchste Zeit, dass die Bundesregierung eine gemeinsame europäische Industriepolitik mitformuliert, die das Ende unserer Abhängigkeit bei Schlüsselindustrien, Chipfertigung und übrigens auch beim Thema Batteriezellenfertigung beendet, sonst findet die Zukunft bald ohne uns statt“, sagte der Grünen-Obmann im Bundestags-Digitalausschuss, Dieter Janecek, dem Handelsblatt.

„Europa muss endlich erwachsen werden“, betonte er. „Spätestens das erratische Verhalten eines Donald Trump hat uns gelehrt: bei kritischen Infrastrukturen können wir Europäer uns weder auf die USA noch den Ein-Parteienstaat China als verlässliche Zulieferer verlassen.“

Der FDP-Wirtschaftspolitiker Michael Theurer plädierte ebenfalls für ein europäisches Vorgehen als Antwort auf mögliche chinesische oder amerikanische Spionageaktivitäten. „In jedem Fall muss geprüft werden, ob ein hinreichender Schutz durch Verschlüsselungstechnologie möglich ist oder nur durch den Aufbau europäischer Fertigungskapazitäten in der Chip-Produktion erreicht werden kann“, sagte der Vize-Chef der Liberalen im Bundestag dem Handelsblatt.

„Eine industriepolitische Initiative zum Aufbau eines „digitalen Airbus“ würde in jedem Fall die Abhängigkeit von chinesischen und US- amerikanischen Produzenten reduzieren.“

Bei der Wirtschaft dürfte der Vorstoß der deutschen Politik auf ein positives Echo treffen. Denn der IT-Verband Bitkom warnte schon, wenn der „Bloomberg“-Bericht zutreffen sollte, könnten deutsche Unternehmen zumindest mittelbar betroffen sein. Zu stark seien die Verflechtungen der global agierenden deutschen Wirtschaft.