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Der deutsche Marktstart von Togg wurde auf 2024 verschoben: So ist der Stand bei den türkischen E-Auto-Plänen

Togg wird sein SUV für den Heimatmarkt und den Rest Europas in zwei optisch unterschiedlichen Varianten anbieten.
Togg wird sein SUV für den Heimatmarkt und den Rest Europas in zwei optisch unterschiedlichen Varianten anbieten.

Die Türkei möchte zu einer echten Autonation werden. In dem Land am Bosporus laufen zwar schon jetzt Hunderttausende Autos pro Jahr vom Band – allerdings ausschließlich von ausländischen Herstellern wie Ford, Hyundai oder Fiat. Eine eigene Automarke konnte die Türkei jahrelang nicht vorweisen.

Um das zu ändern, rief Präsident Recep Tayyip Erdogan ein Joint Venture ins Leben, das unter dem Markennamen Togg Elektroautos entwickeln und später bauen sollte. Laut dem "Handelsblatt" investierte das türkische Industrieministerium 22 Milliarden Lira, also umgerechnet rund 2,5 Milliarden Euro in das Unternehmen, das von dem ehemaligen Bosch-Manager Gürcan Karakas geführt wird.

Die Technik der E-Autos kann sich sehen lassen

Im Dezember 2019 wurden in der Küstenstadt Gebze nahe Istanbul feierlich die ersten beiden Modelle des neugegründeten Autobauers enthüllt. Bei der klassischen Stufenheck-Limousine und dem Kompakt-SUV handelte es sich jedoch noch um seriennahe Prototypen. Erdogan drehte im Rahmen der Präsentation bereits öffentlichkeitswirksam eine Testrunde in dem SUV. Im vergangenen August wurde kommuniziert, dass der Erstling mit dem Segen des Präsidenten ab dem vierten Quartal des nächsten Jahres vom Band laufen soll. Davor wurde weniger präzise nur von 2022 gesprochen.

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Die beiden Modelle stehen auf einer neuen und – nach Aussage des Unternehmens – zu 100 Prozent in der Türkei entwickelten Plattform. Dank ihr bietet das in Zusammenarbeit mit dem italienischen Designhaus Pininfarina entworfene SUV eine Reichweite von bis zu 500 Kilometern. In einer halben Stunde soll der Ladestand an einem "Supercharger" von null auf 80 Prozent erhöht werden.

Je nach Version hat das Fahrzeug entweder einen oder zwei Motoren und eine Spitzenleistung von 203, beziehungsweise 406 PS. Damit ist die Topversion des türkischen Erstlings deutlich stärker als das Konkurrenzmodell VW ID.4 und beschleunigt in nur 4,8 Sekunden von null auf 100. Der Togg soll zudem beim Platzangebot im Interieur Maßstäbe setzen. Mehr technische Daten und Eindrücke findet ihr in der Slideshow am Ende des Artikels.

Der CEO von Togg setzt in Sachen Batterie auf das Know-how von Farasis.
Der CEO von Togg setzt in Sachen Batterie auf das Know-how von Farasis.

Die Wertschöpfung soll in der Türkei stattfinden

Laut dem Hersteller wird der kommunizierte Zeitplan trotz der Auswirkungen der Corona-Pandemie eingehalten werden können. Den Initiatoren des Projekts war es nämlich von Anfang an wichtig, dass die Wertschöpfung bei der Produktion der Autos fast ausschließlich im Heimatland stattfindet. Daher ist der Hersteller kaum auf Lieferungen aus dem Ausland angewiesen. Dem Unternehmen nach stammen 78 Prozent aller Zulieferer aus der Türkei.

Noch Ende November machte Albert Saydam, der Vorsitzende des türkischen Zuliefererverbands TAYSAD, darauf aufmerksam, dass Togg für die Zukunft der türkischen Autoindustrie entscheidend sei. Das türkische Medium "Hürriyet" hatte darüber berichtet. Laut der Aussage des Lobbyisten kann die türkische Autoindustrie bis zu 80 Prozent aller für die Produktion eines Autos benötigten Teile produzieren.

Wenn die Transformation der Sparte jedoch nicht fortgesetzt würde, könnte der Anteil heimischer Produzenten jedoch langfristig auf nur 15 Prozent sinken. "Deshalb ist das TOGG-Projekt für uns alle ein Fullsize-Projekt. Wir sehen dadurch, was wir bei einem Elektrofahrzeug können und was nicht. Und zwar nicht nur im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit", wird Saydam von "Hürriyet" zitiert.

Die Zellen sollen vor Ort produziert werden

Wie ernst es Togg in Sachen Unabhängigkeit meint, wurde nur wenige Tage später nochmals herausgestellt. Während die meisten westeuropäischen Autobauer die Batteriezellen für ihre E-Autos derzeit noch aus Fernost beziehen, möchten die Türken sie vor Ort herstellen. Togg hat dafür eine Kooperation mit dem chinesischen Unternehmen Farasis geschlossen, das derzeit im sachsen-anhaltischen Bitterfeld sein Europa-Werk plant und auch mit Mercedes zusammenarbeitet. Die deutsche Fabrik verzögert sich jedoch deutlich und könnte erst 2024 den Betrieb aufnehmen.

Wie die "Automobilwoche" berichtet, plant Farasis zusammen mit Togg ein Joint Venture, das gemeinsam an Energiespeicherlösungen werkelt. Zudem soll in der Nähe der Großstadt Bursa eine Fabrik entstehen, in der die Stromspeicher für die Togg-Modelle komplettiert werden. Die dort verbauten Zellen werden anfangs noch aus China importiert, später sollen sie aber ebenfalls in der Türkei gefertigt werden. Dies wurde in einer Pressemitteilung von Farasis angekündigt.

Togg plant in seinem Werk eine Frauenquote

Für die Produktion der Autos wird in Gemlik etwas südlich von Istanbul derzeit eine neue Fabrik gebaut. Der Spatenstich war im Sommer 2020. Auf lange Sicht sollen dort 4300 Arbeitsplätze entstehen. Interessant ist, dass Togg in der dortigen Belegschaft eine Frauenquote von 30 Prozent plant. Pro Jahr wird anfangs eine Stückzahl von 175.000 Autos anvisiert. Diese soll sich jedoch von Jahr zu Jahr steigern.

Angesichts der großen Anstrengungen und Investitionen ergibt es Sinn, die Autos nicht nur in der Türkei anzubieten. Togg hat Deutschland als seinen ersten Exportmarkt auserkoren und für den hiesigen Vertrieb das Tochterunternehmen Togg Europe GmbH in Stuttgart gegründet. Ursprünglich hätte der Verkaufsstart des Elektro-SUV in der Türkei und in Deutschland ungefähr gleichzeitig stattfinden sollen. Mittlerweile wurde jedoch kommuniziert, dass die ersten Exemplare erst anderthalb Jahre später als geplant auf die deutschen Straßen kommen soll. Nachfolgend sollen die türkischen Autos unter anderem in Frankreich, Italien und den USA auf den Markt kommen. Die "Automobilwoche" hatte als Erstes über die Verzögerung berichtet.

Auto-Experte sieht die Chancen eher pessimistisch

Stefan Bratzel, der Direktor des Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach, rechnet Togg auf dem deutschen Markt eher mittelprächtige Chancen aus. Das liege vor allem daran, dass die Autos seiner Meinung nach technisch nicht mit den Branchenbesten mithalten können. In einem Interview mit der "Wirtschaftswoche" sagte er: "Togg wird allenfalls an den Durchschnitt der anderen Anbieter herankommen und das auch nur, wenn sie auf den ein oder anderen bekannten Zulieferer setzen."

Der Auto-Experte glaubt zudem nicht, dass die junge Marke über Alleinstellungsmerkmale verfügt, die sie von der Konkurrenz abhebt. Günstigere Preise könnten die Erfolgschancen erhöhen. Allerdings zweifelt Bratzel daran, dass Togg diese mit der aktuellen Strategie letztendlich realisiert: "Man braucht Plattformen, die bestimmte Stückzahlen hergeben, um die vorhandenen Fixkosten auf möglichst viele Fahrzeuge umlegen zu können. Mit seinem modularen Elektrobaukasten ist VW in Deutschland neben Tesla ein starker Wettbewerber. Ich bin nicht sicher, ob Togg auf ähnliche Preise kommen kann", wird der Experte zitiert. Allerdings gibt es in Deutschland auch eine große türkische Community, die sich über das erste türkische E-Auto freuen könnte.