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Deutsche Firmen müssen bei Saudi-Arabiens Milliardenprojekten zuschauen

Allein 500 Milliarden Dollar will Saudi-Arabien in die neue futuristische Stadt Neom, die so groß wie Mecklenburg-Vorpommern wird, stecken. Dutzende Milliarden fließen gerade in den Aufbau einer nagelneuen Entertainment-Stadt, weitere über 50 Milliarden in den Bau von Kinos, neuen Industrien und Infrastrukturprojekten. Doch die deutsche Industrie – eigentlich in der arabischen Welt äußerst beliebt – dürfte dabei leer ausgehen. Denn: Das Königreich ist nachhaltig verärgert über das politische Berlin.

„Es zeigen sich Tendenzen, dass deutsche Produkte bei Ausschreibungen des öffentlichen Sektors aus politischen Gründen weniger berücksichtigt werden“, berichtet Jörg Mayer, Geschäftsführer von Spectaris, dem deutschen Industrieverband für optische, medizinische und mechatronische Technologien.

Und er hat eine klare Aufforderung an die Bundesregierung: „Es ist auch Aufgabe der Politik, durch Diplomatie und Dialog einen Rahmen zu schaffen, der stabile Geschäfte in unseren Partnerländern ermöglicht.“ Ziel müsse nun sein, das Gespräch mit der Regierung in Riad zu suchen, „um deutschen Anbietern wieder faire Wettbewerbsbedingungen zu verschaffen“.

Mayer ist nicht der einzige Wirtschaftsvertreter, der über die Folgen unbedacht aggressiver Töne des deutschen Außenministers Sigmar Gabriel (SPD) klagt: „In dieser Zeit des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandels in Saudi-Arabien würden deutsche Unternehmen gerne einen Beitrag zur Diversifizierung und zur Entwicklung eines lokalen Mittelstands leisten.

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Leider mussten wir jüngst feststellen, dass Deutschland kritischer gesehen wird als in der Vergangenheit“, formuliert es Oliver Oehms, Chef der deutschen Auslandshandelskammer (AHK) in Riad gegenüber dem Handelsblatt noch vorsichtig. „Berlin muss den Unsinn von Gabriel endlich korrigieren“, fordert indes der Vertreter eines deutschen Großunternehmens am Golf unter der Bedingung, der nicht will, dass seine Firma nicht namentlich genannt wird.

Vor etwa einem halben Jahr hatte Gabriel als Außenminister Saudi-Arabien „Abenteurertum“ vorgeworfen und die Politik des Königsreichs damit im Hinblick auf Libanon und andere regionale Konflikte abqualifiziert. Die Saudis waren so nachhaltig verstimmt, dass sie daraufhin aus Protest ihren Botschafter aus Berlin nach Riad zurückgerufen hatten.

Bislang wurde der Botschafter Prinz Chalid bin Bandar bin Sultan bin Abdulaziz Al Saud nicht in die deutsche Hauptstadt zurückgeschickt. Man sei „nachdrücklich verärgert“, dass es bis heute zu keiner Kurskorrektur Berlins gekommen sei, sagte ein hochrangiger Regierungsvertreter Riads dem Handelsblatt. Deutschland würdige in keiner Weise die massiven Reformanstrengungen im Königreich – die von der Schaffung einer modernen Industrie mit Frauenarbeitsplätzen bis hin zu Liberalisierung des Islam reichen.

Massiver Modernisierungskurs

Saudi-Arabien ist mit den heiligen Stätten Mekka und Medina das wichtigste islamische Land und war 1979 zu einem extrem konservativ-wahhabitischen Islam umgeschwenkt. Das will der erst 32-jährige Kronprinz Mohammed bin Salman ebenso ändern wie die Ölabhängigkeit seines Landes. Dazu lässt er mit Milliarden neue Wirtschaftszweige aufbauen und öffnet die größte Volkswirtschaft am Golf mit seiner „Vision 2030“ in bisher ungekannter Art und Weise.

Nur eben ohne deutsche Beteiligung: Es würden keine Großaufträge mehr an deutsche Firmen vergeben, sagte der Regierungsvertreter aus Riad dem Handelsblatt. Und zwei deutsche Wirtschaftsvertreter bestätigen: „Wir bekommen bei Geschäften in Saudi-Arabien bei Ausschreibungen kein Bein mehr an den Boden.“ Sehr bewusst habe der Kronprinz bei seiner langen Auslandsreise im vorigen Monat wochenlang die USA, Frankreich, Großbritannien und Spanien bereist – und dort Milliarden-Wirtschaftsverträge ausgehandelt.

Riad war bisher sehr an Deutschland interessiert: Ganz bewusst sei als Botschafter nach Berlin ein Prinz geschickt worden. Sowie mit dem Ex-Siemens-Chef Klaus Kleinfeld als CEO bei der Zukunftsstadt Neom und mit einem ehemaligen Rheinmetall-Manager an der Spitze des neuen saudischen Rüstungskonzerns zwei Deutsche gesetzt worden.

Doch diese Honeymoon ist nun vorbei. „Unsere saudischen Partner haben den Eindruck, dass Deutschland ihnen die Anerkennung für ihre historischen Reformen verweigert“, sagte AHK-Chef Oehms. Und deutsche Firmen bekommen das jetzt massiv zu spüren. Das strahlt auch auf die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen aus.“

Tatsächlich sind die deutschen Exporte nach Saudi-Arabien 2017 bereits auf 6,5 Milliarden Euro gesunken. Tendenz: weiter fallend.

Ärger für die Deutsche Bank

In den benachbarten Vereinigten Arabischen Emiraten hingegen leidet vor allem die Deutsche Bank. Sie ist vom Hauptemirat Abu Dhabi bei staatlichen Krediten und Finanzprojekten ausgeschlossen. Grund ist dabei die Blockade des kleinen Halbinsel-Staats Katars durch die arabischen Nachbarn VAE, Saudi-Arabien, Bahrain und Ägypten.

Katars Ex-Premier ist Großaktionär bei der Deutschen Bank. Das Institut hat einen saudi-arabischen Staatsbürger an der Spitze seines Middle East Teams. Und die Deutsche hat in Riad ihre Operationen massiv ausgebaut. Dabei sagte der saudische Regierungsvertreter dem Handelsblatt klipp und klar: „Die Deutsche Bank wird bei staatlichen Krediten oder bei Privatisierungen wie etwa dem geplanten IPO von Saudi Aramco nicht berücksichtigt.“

Saudi Aramco ist der mit Abstand größte Ölförderer der Welt. Riad will Ende 2018 oder 2019 zehn Prozent des inzwischen in eine Aktiengesellschaft umgewandelten Staatsölriesen an die Börse bringen. Das Land will für fünf Prozent der Aramco-Aktien 100 Milliarden Dollar einspielen. Das wäre dann der größte IPO der Geschichte. Und das Geld soll in die Modernisierung Saudi-Arabiens fließen – bisher ohne deutsche Beteiligung.