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Warum deutsche Chemiefirmen relativ stabil durch die Krise kommen

Die deutsche Chemiebranche kommt bisher robust durch die Krise – anders als die US-Konkurrenz. Doch das bedeutet noch keine Entwarnung für die nächsten Monate.

Ein L, ein U oder doch sogar ein V? Das ist die große Frage, die sich Manager hinsichtlich der Konjunkturentwicklung stellen. Christian Kullmann, Vorstandschef des Spezialchemiekonzerns Evonik, glaubt nicht an eine schnelle Erholung, wie sie das V beschreibt. Er hält eine U-förmige Entwicklung für am wahrscheinlichsten.

Selbst das prognostiziert Kullmann mit Vorsicht. Frühestens im dritten, eher im vierten Quartal rechnet Kullmann wieder mit einer Erholung in den konjunktursensiblen Geschäften von Evonik. Doch weil der Konzern über einige robuste Geschäfte wie Zusätze für Lebensmittel und Tiernahrung verfügt, hat ihn die Krise bisher noch nicht mit voller Wucht erfasst.

Das gilt für die meisten der großen deutschen Chemiefirmen, die über ein recht stabiles erstes Quartal berichten und sich damit etwa von der US-Konkurrenz absetzen. In den Zahlen bis Ende März sind allerdings nur die wirtschaftlichen Corona-Auswirkungen in China enthalten. Der eigentliche konjunkturelle Schlag für die Branche durch den Shutdown in Europa und Asien kommt erst noch.

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Dafür rüsten sich die Chemiefirmen jetzt, indem sie das Geld zusammenhalten, Investitionen streichen oder verschieben sowie die Sachkosten weiter drücken. Zugleich ist aber erkennbar, dass die CEOs nicht den völligen Absturz erwarten. Das zeigt sich etwa daran, dass sie an der Dividendenzahlung festhalten und bisher nur wenige Beschäftigte in Kurzarbeit schicken mussten.

Mit Ausnahme von BASF wagen die großen börsennotierten Chemiekonzerne zudem weiterhin eine Prognose für 2020. Evonik hat am Donnerstag seine Ziele fürs laufende Jahr erwartungsgemäß nach unten korrigiert. Beim bereinigten Gewinn peilt der Konzern einen Korridor zwischen 1,7 Milliarden und 2,1 Milliarden Euro an, was rund 15 Prozent unter der im März genannten Spanne liegt.

Evonik baut darauf, dass sich die weniger konjunkturabhängigen Segmente weiter gut entwickeln. Schon im ersten Quartal 2020 stützten vor allem die Geschäfte mit Pharma- und Nahrungsmittelzusätzen sowie Aminosäuren für Tierfutter das Ergebnis. Gleiches galt für die Desinfektionsmittel, die die Essener herstellen.

Den Rückgang der Nachfrage von Automobilherstellern und Ölkonzernen nach Chemikalien konnte dies nicht komplett ausgleichen. Der Evonik-Umsatz verringerte sich im ersten Quartal um ein Prozent auf 3,24 Milliarden Euro, das bereinigte Ebitda um fünf Prozent.

Lanxess dürfte die Krise am besten bewältigen

CEO Kullmann erwartet in den kommenden Monaten zwar deutliche Einbußen, vor allem durch die schwächere Autoindustrie. Er setzt aber darauf, dass sich der Konzernumbau der vergangenen Jahre auszahlt, bei dem Evonik konjunktursensible Massengeschäfte abgegeben und in kleinere, robustere Spezialchemiegeschäfte investiert hat.

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Kölner Lanxess AG, die sich ebenfalls aus den kapitalintensiven Massengeschäften verabschiedet und stattdessen Hersteller von Desinfektionsmitteln und Flammschutzstoffen übernommen hat. Aus Sicht von Markus Mayer, Analyst bei der Baader Bank, dürfte Lanxess der deutsche Chemiekonzern sein, der die Covid-19-Krise am besten bewältigt.

Zwar haben auch die Kölner die Prognose gesenkt, allerdings nur um rund zehn Prozent auf eine Spanne von 800 bis 900 Millionen Euro. Der Konzern erwartet einen Schlag durch die schwächelnde Autoindustrie, dürfte aber davon profitieren, dass sich seine Stoffe für Desinfektionsmittel, Arzneien und Pflanzenschutzmittel auch in der Krise gut verkaufen.

Lanxess hält ebenso wie Evonik an der Zahlung der vorgeschlagenen Dividende in voller Höhe fest. Das gilt auch für Branchenprimus BASF, der allerdings keine neue Prognose für 2020 abgibt. Im ersten Quartal hat der weltgrößte Chemiehersteller mit einem Umsatzplus von sieben Prozent und einen Rückgang beim Gewinn von lediglich sechs Prozent immerhin die Erwartungen übertroffen.

BASF-Chef Martin Brudermüller rechnet fest damit, dass sich die Einschläge durch die Coronakrise im zweiten Quartal und danach deutlich zeigen werden – auch hier vor allem bedingt durch den Nachfragerückgang aus der Autoindustrie.
Zwar haben auch die Ludwigshafener vergleichsweise robuste Geschäfte wie Reinigungs- und Pflegezusätze sowie Agrarchemikalien zuletzt ausgebaut. Doch verfügt BASF noch immer über große Geschäftseinheiten in der konjunktursensiblen Basischemie, die von der Coronakrise betroffen ist.

BASF steht aber noch vergleichsweise gut da, wenn man auf die beiden großen amerikanischen Konkurrenten schaut. Bei Dow Chemical etwa brach der Gewinn im ersten Quartal um 18 Prozent ein, Dupont fuhr sogar einen Nettoverlust ein. Gleiches gilt für den größten arabischen Chemiekonzern Sabic.

In einer Sondersituation steckt der Leverkusener Kunststoffhersteller Covestro. Dessen Massengeschäfte mit dem Schaumstoff Polyurethan und dem transparenten Kunststoff Polycarbonat standen schon vor Corona unter Gewinndruck, weil die Preise durch Überkapazitäten am Markt fielen. Die Viruskrise kommt nun noch hinzu. Einen Verlust fuhr der Konzern im ersten Quartal dennoch nicht ein. Für 2020 reduzierte er aber die Gewinnprognose um 30 Prozent.

In Kurzarbeit sind bei allen großen Chemiekonzernen bisher nur sehr wenige Beschäftigte. Bei Evonik etwa ist dies nur in nicht-operativen Bereichen wie Catering und Eventmanagement der Fall.