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Deutsche Bank ringt um ihre Ziele – Harte Einschnitte im Privatkundengeschäft

Die niedrigen Zinsen machen es dem Geldhaus schwerer, seine Ziele zu erreichen. In einzelnen Bereichen gibt sich das Institut nun bescheidener.

Der Manager will wichtige Investoren und Analysten von der Strategie der Deutschen Bank überzeugen. Foto: dpa
Der Manager will wichtige Investoren und Analysten von der Strategie der Deutschen Bank überzeugen. Foto: dpa

Seit Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing im Juli seine radikalen Umbaupläne verkündete, kämpft er um das Vertrauen der Aktionäre. Auf dem Investorentag an diesem Dienstag wollte der Vorstandschef Zweifel am Erfolg seiner Strategie ausräumen. Doch das gelang nur zum Teil. Wie schwierig die Umsetzung seiner Pläne ist, hat Sewing in einer Nachricht an seine Mitarbeiter selbst eingeräumt.

Das Ertragsziel von ursprünglich 25 Milliarden Euro bis Ende 2022 hat die Bank ohnehin längst auf 24,5 Milliarden Euro heruntergedimmt. Die trübere Konjunktur und die niedriger als erwartet ausfallenden Zinsen gehen am größten heimischen Geldhaus „nicht spurlos“ vorüber, argumentiert Sewing.

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Anders gesagt: Bei Verkündung ihrer neuen Strategie war die Bank an einigen Stellen zu optimistisch. Das Ziel, bis 2022 eine Rendite von acht Prozent nach Steuern auf das materielle Eigenkapital zu erwirtschaften, bekräftigte der Deutsche-Bank-Chef – „auch wenn das angesichts dieses Umfelds nun ein ehrgeizigeres Ziel ist“. An den Kostenzielen hält er ebenfalls fest.

Wie ehrgeizig diese Vorgabe ist, zeigen die Investorenpräsentationen. Denn für das Geschäft mit Privatkunden und mit Firmenkunden hat die Bank ihre Renditeziele gekappt. Die Privatkundensparte etwa geht nur noch von einer Rendite von zehn bis elf Prozent aus – anstelle der ursprünglichen Planungen von mehr als zwölf Prozent. Das liegt vor allem an den niedrigen Zinsen, unter denen das Privatkundengeschäft leidet.

Damit hat nicht zuletzt Deutschlandchef Manfred Knof zu kämpfen, der die Erträge bis 2022 gerade einmal stabil halten will. Er rechnet zwar mit Wachstum im Kreditgeschäft und will Einlagen im Umfang von zehn Milliarden Euro in provisionsstarke Produkte wie etwa Fonds oder Versicherungen umwandeln. Doch mit den von ihm avisierten Wachstumsinitiativen wird er nach eigener Einschätzung die negativen Folgen des Zinstiefs allenfalls ausgleichen können. Daran ändern auch Mehreinnahmen von 100 Millionen Euro nichts, die Knof durch höhere Gebühren erzielen will.

Dafür hat er sich nun härtere Sparziele vorgenommen. Bis Ende 2022 sollen die Kosten seines Bereichs um eine Milliarde Euro sinken, das ist deutlich mehr als die im Juli noch avisierten 600 Millionen Euro. Einen wichtigen Beitrag dazu soll eine neue gemeinsame IT-Plattform leisten.

Die Deutsche Bank wird in einem ersten Schritt die IT der Postbank auf die Systeme der Deutschen Bank migrieren. Parallel dazu arbeitet die Bank an einer neuen, flexibleren IT-Plattform, auf die das Privatkundengeschäft in einem zweiten Schritt gehoben werden soll. Allein solche IT-Einsparungen sollen 400 Millionen Euro bringen.

Die neue Plattform soll dem Privatkundengeschäft nicht nur helfen, das Produktportfolio und die Prozesse zu verschlanken. Es soll auch dafür sorgen, dass Deutsche Bank und Postbank ihr Filialnetz effizienter nutzen. Denn mittelfristig sollen Kunden der Deutschen Bank bestimmte Basisdienstleistungen wie Überweisungen oder Ein- und Auszahlungen auch in Postbank-Filialen vornehmen können und umgekehrt. Deutsche-Bank-Kunden sollen Finanzkreisen zufolge bereits im zweiten Halbjahr 2020 die Postbank- und Postpartnerfilialen nutzen können. Die Postbank-Kunden können das erst, wenn die neue IT-Plattform steht.

Vor allem bei Service- und Selbstbedienungsstandorten soll es auch Zusammenlegungen geben, in speziellen Fällen testet die Bank sogar Filialzusammenlegungen von Zweigstellen von Postbank und Deutscher Bank.

Darüber hinaus will der Ex-Versicherungsmanager Knof weitere Filialen schließen und mit den Arbeitnehmervertretern über neue Stellenkürzungen etwa in der Zentrale und bei Verwaltungsarbeiten verhandeln. Erst im Sommer hatte sein Vorgänger Frank Strauß einen Stellenabbau von knapp 2 000 Jobs in der Zentrale und bei Verwaltungstätigkeiten ausgehandelt. Nun will Knof nachschärfen. Ein Hebel für den Stellenabbau könnte die Vollintegration der juristisch separat geführten deutschen Privatkundensparte in den Mutterkonzern liefern. Das Sparpotenzial schätzt Knof auf rund 100 Millionen Euro.

Für die Vollintegration benötigt er das Einverständnis der Bankenaufseher. Die Chancen für das Institut, damit durchzukommen, stehen nicht schlecht, weil das Geschäftsprofil des Konzerns mittlerweile als etwas weniger riskant gilt. Am Dienstag kündigte die Europäische Zentralbank an, von der Bank künftig eine um 0,25 Prozentpunkte niedrigere Eigenkapitalquote zu verlangen.

Die Privatkundensparte ist nicht der einzige Bereich, der sich bescheidenere Ziele gesetzt hat. Auch der Bereich Unternehmenskunden rechnet angesichts der niedrigen Zinsen und höherer Kosten nur noch mit zwölf bis 13 Prozent Eigenkapitalrendite statt mehr als 15 Prozent. Anders als die Privatkundensparte hält der Chef der Unternehmensbank, Stefan Hoops, aber am Wachstumsziel von drei Prozent bei den Erträgen fest.

Hoops will im Zahlungsverkehr mehr verdienen, etwa indem er die Gebühreneinnahmen aus reinen Zahlungsabwicklungen im Geschäft mit Plattformen, Fintechs und E-Commerce-Kunden bis 2022 auf 200 Millionen Euro verdoppelt. Damit würde die Bank ein Geschäftsfeld ausbauen, das bislang eher von Unternehmen wie Wirecard beackert wurde. Im Asiengeschäft rechnet er außerdem mit einem jährlichen Ertragsplus von rund sechs Prozent, wie aus einem internen Schreiben an die Mitarbeiter hervorgeht.

Die Dellen bei Privat- und Unternehmenskunden sollen zum Teil die in der Vergangenheit oft gescholtenen Investmentbanker ausbügeln. Ausgerechnet in diesem Bereich erhöhte die Bank ihre Renditeziele von sechs Prozent auf nunmehr sieben bis acht Prozent. Das gab ein Extralob von ganz oben. „Besonders stolz bin ich auf unsere Investmentbank: Wir haben uns sehr schnell neu aufgestellt, und inzwischen läuft das Geschäft viel besser als erwartet“, freute sich Sewing.

Negativzinsen für den Mittelstand

Der Vorstandschef kündigt in seiner Präsentation zwei Maßnahmen an, mit denen er die schädlichen Wirkungen von Zinsen und Konjunktur ausgleichen will. Zum einen sollen Negativzinsen für große Kunden die Einnahmen der Kernbank um zwei bis drei Prozent steigern. Das dürfte vor allem eine Aufgabe für Unternehmensbankchef Hoops werden. Der kündigte in seinem Schreiben an, dass er mit einigen Kunden über Negativzinsen reden will.

Bislang ist das Institut vor allem an Großkonzerne herangetreten, nun will die Bank Finanzkreisen zufolge auch mittelständische Firmen zur Kasse bitten. „Wir werden in den nächsten zwölf Monaten Einlagen im Volumen von etwa 25 Milliarden Euro neu bepreisen. Dadurch und durch die Umwandlung in Anlageprodukte, die für unsere Kunden attraktiver sind, werden wir zusätzliche Erträge für die Bank erzielen“, schreibt Hoops.

Die zweite von Sewing avisierte Maßnahme betrifft die Abbaubank der Deutschen Bank, die von Louise Kitchen geführt wird. In dieser „Capital Release Unit“ sollen die Kosten um eine weitere Milliarde Euro sinken. Die ersten Reaktionen der Investoren fielen am Dienstag eher verhalten aus. Nachdem die Aktie am Vormittag zunächst positiv in den Handel gestartet war, schloss sie leicht im Minus.

Die Analysten von JP Morgan ziehen ein gemischtes Fazit aus den Präsentationen zum Investorentag. Die Bank habe ihre Ziele bekräftigt, und die detaillierteren Angaben für den Weg dahin seien hilfreich. Das Gleiche gelte für die Entscheidung der Europäischen Zentralbank, die Kapitalvorgaben für die Bank zu senken. Die Folgen der neuen Eigenkapitalregeln, im Fachjargon Basel 4 genannt, fielen aber schlimmer aus als gedacht.

Hintergrund sind strengere Vorgaben der Regulierer für die Risikokalkulationen von Banken. Die Institute müssen den Risikogehalt ihrer Geschäfte berechnen, die sogenannten risikogewichteten Aktiva (RWA). Von der Höhe dieser RWA hängt ab, wie viel Eigenkapital eine Bank für ihr Geschäft benötigt.

Bislang hatten Banken viele Freiheiten bei der Berechnung des Risikos ihres Geschäfts. Diese Freiheiten werden beschnitten. Die Deutsche Bank trifft das stark. Sie rechnet damit, dass sich ihre risikogewichteten Aktiva dadurch bis 2028 um zehn bis 15 Prozent erhöhen könnten.

Sicher ist das noch nicht, da die endgültigen Regeln noch nicht feststehen. Doch da viele Investoren befürchten, dass die Bank eines Tages doch noch einmal eine Kapitalerhöhung benötigen könnte, machen solche Kalkulationen sie nervös. Auch Beteuerungen von Sewing, dass er kein zusätzliches Kapital für den Umbau für nötig erachtet, räumen solche Ängste nicht komplett aus.

In einem Punkt haben die JP-Morgan-Experten allerdings eine ganz eindeutige Meinung: Sie halten die Renditeprognosen von Vorstandschef Sewing für viel zu optimistisch. Statt einer Eigenkapitalrendite von acht Prozent sagen die Analysten für 2022 nur fünf Prozent voraus, weil sie eine weitere Erosion der Einnahmen befürchten.