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„Die Deutsche Bank ist für eine tiefe Rezession nicht gut gerüstet“

Mit Union Investment stellt sich vor der Hauptversammlung ein großer Investor hinter die Führung der Bank – obwohl die Aktionäre vom Institut wenig erwarten können.

Die Fondsgesellschaft Union Investment hält die Ziele der Deutschen Bank für zunehmend unrealistisch. Zwar dürfte die Bank die Coronakrise überstehen, doch die Aussichten für Aktionäre seien trüb.

Die für die Analyse europäischer Banken zuständige Fondsmanagerin Alexandra Annecke bezweifelt, dass die Bank wie geplant ab 2022 fünf Milliarden Euro an Kapital an die Aktionäre zurückgeben wird. „Auch bei den Dividenden rechne ich in den nächsten Jahren bestenfalls mit minimalen Ausschüttungen. Ein Ende der Durststrecke ist nicht in Sicht“, sagt sie.

Dennoch will das Institut Vorstand und Aufsichtsrat auf der Hauptversammlung kommende Woche entlasten. Das gilt auch für Aufsichtsratschef Paul Achleitner, obwohl es an dem langjährigen Vorsitzenden des Kontrollgremiums Kritik von den Stimmrechtsberatern Glass Lewis und Ivox gibt.

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„Wir haben alle Argumente sorgfältig abgewogen“, sagt Annecke dazu. Die Fondsgesellschaft geht davon aus, dass Achleitner zur Hauptversammlung 2022 aus dem Amt ausscheidet und hält den Chef der Deutschen Börse, Theodor Weimer, für einen geeigneten Nachfolgekandidaten.

Lesen Sie hier das komplette Interview:

Frau Annecke, auf Sicht von zwölf Monaten hat die Aktie der Deutschen Bank erneut an Wert verloren. Wie sehr enttäuscht Sie das?
Gar nicht. Was die Kursentwicklung angeht, hat sich die Deutsche Bank sogar deutlich besser geschlagen als fast alle anderen europäischen Banken. Wobei das natürlich auch daran liegt, dass die Aktie in der Vergangenheit sehr viel stärker verloren hatte.

Enttäuscht Sie etwas anderes?
Ich bin etwas verhalten, weil die durch das Coronavirus ausgelöste Rezession für den Bankensektor extrem belastend ist. Die Deutsche Bank befindet sich mitten in einem tiefgreifenden Umbau, ihre Profitabilität ist noch immer gering. Damit ist sie für eine tiefe Rezession nicht gut gerüstet.

Dabei hält die Bank doch so große Stücke auf ihr Risikomanagement. Sie nicht?
Eine gute Kreditqualität und vorsichtige Kreditvergabestandards sind sicher ein wichtiger Schutz in einer Rezession, weil dann die Kreditausfälle im Rahmen bleiben. Ganz lassen sich solche Ausfälle aber nicht vermeiden. Wenn sie auftreten, ist eine gute Profitabilität der beste Schutz. Und das ist die Achillesferse der Bank: Sie ist im Umbau, und ihre Profitabilität ist auf einem niedrigen Niveau. Dann kommt es im Zweifel auf eine gute Eigenkapitalausstattung an.

Macht es Sie dann nicht nervös, dass die harte Kernkapitalquote der Bank nun auch unter die Schwelle von 12,5 Prozent sinken könnte?
Der Vorstand begründet das unter anderem damit, dass die Bank ihre Kunden unterstützen will. Das finde ich zunächst einmal positiv. Solange das kein Dauerzustand wird, halte ich eine Kernkapitalquote von etwas unter 12,5 Prozent deshalb für vertretbar – zumal diese Schwelle ja noch immer deutlich über dem Minimum von 10,4 Prozent liegt, das die Bankenaufsicht derzeit von dem Institut verlangt.

Üppige Puffer hat die Bank gleichwohl nicht. Kommt die Rezession für das Institut zu früh?
Ich würde eher sagen, der Umbau der Bank kommt zu spät. Schon als die neue Strategie von Herrn Sewing im vergangenen Juli angekündigt wurde, war der Konjunkturzyklus sehr weit fortgeschritten. Es war klar, dass das früher oder später in eine Rezession mündet. Das Konjunkturrisiko für Herrn Sewings Plan war also von Beginn an hoch.

Wie bedrohlich kann die Coronakrise für die Deutsche Bank werden?
Nach heutigem Stand gehe ich davon aus, dass die Bank die Rezession überstehen wird, ohne Schlagseite zu erleiden. Für die Aktionäre sind die Aussichten dennoch unerfreulich, weil bestimmte Ziele der Bank nun in weitere Ferne rücken dürften.

Welche Ziele der Bank sind jetzt obsolet?
Ich halte aktuell nur noch die Kostenziele für realistisch. Die könnten vielleicht sogar noch nachgeschärft werden. Aber hinter die Ertrags- und Renditeziele muss man spätestens jetzt ein großes Fragezeichen setzen. Das gilt auch für das Versprechen, fünf Milliarden Euro an Kapital freizusetzen, um es ab 2022 an die Aktionäre zurückzugeben. Auch bei den Dividenden rechne ich in den nächsten Jahren bestenfalls mit minimalen Ausschüttungen. Ein Ende der Durststrecke ist nicht in Sicht.

Müssen Aktionäre sich vor einer Kapitalerhöhung fürchten?
Im Moment sicher nicht.

Würden Sie sagen, Sewings Strategie ist an Corona gescheitert?
Ich würde zwischen der Strategie und dem Plan unterscheiden. An der Realisierbarkeit des kurzfristigen Geschäftsplans habe ich meine Zweifel. Aber ich halte die langfristige Strategie mit der stärkeren Ausrichtung auf deutsche und europäische Unternehmenskunden nach wie vor für valide. Gerade jetzt kann die Deutsche Bank ihren Wert für diese Kunden unter Beweis stellen.

Zumindest im ersten Quartal gab es auch Lichtblicke, etwa das Handelsgeschäft. Wie weit trägt hier die Sonderkonjunktur?
Nicht ewig. Es ist positiv, dass das Handelsgeschäft im ersten Quartal so erfreulich gelaufen ist. Das dürfte die Ergebnisse für 2020 stabilisieren. Aber diese Ertragsstärke wird sich so nicht fortschreiben lassen. Veränderte Erwartungen an den Finanzmärkten hinsichtlich Konjunktur, Zinsen oder Währungen führen anfangs immer zu kräftigen Anpassungstransaktionen der Kunden. Doch meist ebbt das Geschäft bald wieder ab.

Im Vergleich zu einigen europäischen Wettbewerbern hat die Deutsche Bank ihre Risikovorsorge relativ moderat hochgefahren. Weil die Bank besser dasteht oder weil sich das Institut keine ordentliche Risikovorsorge leisten kann?
Das ist eine viel diskutierte Frage. In der Tat erscheint die Risikovorsorge der Deutschen Bank im Vergleich zu anderen europäischen Banken und auch im historischen Vergleich niedrig. Dafür kann es gute Gründe geben. Das Ausmaß der nötigen Risikovorsorge hängt von vielen Faktoren ab, etwa von der Zusammensetzung des Kreditbuches, von der Schwere der Rezession und von der Wirksamkeit staatlicher Stützungsmaßnahmen. Aber natürlich schwingt immer auch ein bisschen Zweifel mit, ob sich die Bank mehr Risikovorsorge für den Moment schlicht nicht leisten kann oder will.

Was muss geschehen, damit diese Zweifel sich auflösen?
Diese Zweifel werden erst verschwinden, wenn die Krise nachlässt und die Risikovorsorge deutlich nach unten geht. Die Deutsche Bank geht davon aus, dass die Risikovorsorge bereits in der zweiten Jahreshälfte wieder tendenziell sinken wird. Allerdings liegen dieser Einschätzung noch recht optimistische Wirtschaftsprognosen zugrunde. Wenn die Rezession schärfer ausfällt, wird die Bank die Rückstellungen für ihr Kreditgeschäft erhöhen müssen.

Kommende Woche hält die Deutsche Bank ihre Hauptversammlung ab. Wird Union Investment die Führungsgremien der Bank entlasten?
Wir werden Vorstand und Aufsichtsrat entlasten.

Obwohl einige Stimmrechtsberater sich etwa zu Aufsichtsratschef Paul Achleitner kritisch geäußert haben?
Ja, wir haben alle Argumente sorgfältig abgewogen.

Würde Union Investment Paul Achleitner auch für eine weitere Amtszeit wählen?
Wir gehen davon aus, dass er 2022 aufhört und sein Amt an einen Nachfolger übergibt. Theodor Weimer wäre aus unserer Sicht ein geeigneter Kandidat.

Sie loben Theodor Weimer, kritisieren aber die Vielzahl seiner Mandate. Wählen Sie ihn dennoch in den Aufsichtsrat der Deutschen Bank?
Die Zahl der Mandate sehen wir kritisch, da er mit der Deutschen Bank und Knorr-Bremse gleich zwei Aufsichtsratsmandate anstrebt. Als Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Börse billigen wir ihm nach unseren Abstimmungsrichtlinien aber nur ein weiteres Mandat zu. Aus unserer Sicht passt sein Profil besser zur Deutschen Bank, und wir werden seine Wahl unterstützen.
Frau Annecke, vielen Dank für das Interview.