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Deutsche-Bank-Chef Sewing warnt: „Die Niedrigzinsen ruinieren das Finanzsystem“

Christian Sewing geht mit der EZB hart ins Gericht. Er glaubt: Eine erneute Lockerung der Geldpolitik trägt zur Spaltung der Gesellschaft bei.

In gut einer Woche kommt der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) zu einer historischen Sitzung zusammen. Es geht um eine weitere Lockerung der Geldpolitik, um noch negativere Zinsen und womöglich um weitere Maßnahmen, um das Abrutschen der Euro-Zone in eine lähmende Deflation zu verhindern.

Doch Christian Sewing fürchtet, dass die negativen Nebenwirkungen der Geldpolitik längst größer sind als ihr Nutzen. Der Vorstandschef der Deutschen Bank geht sogar noch einen Schritt weiter: „Langfristig ruinieren diese Niedrigzinsen das Finanzsystem“, warnte er beim Banken-Gipfel des Handelsblatts in Frankfurt.

„Gesamtwirtschaftlich wird eine weitere Zinssenkung auf dem aktuellen Niveau verpuffen“, sagte Sewing am Mittwoch. „Sie wird lediglich die Vermögenspreise weiter in die Höhe treiben und die Sparer weiter belasten.“ Er ist überzeugt: Mittelständler würden nicht mehr investieren, nur weil Kredite noch einmal billiger würden.

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Die Hoffnung der EZB, mit einer Zinssenkung der schwächelnden Konjunktur entgegenzuwirken, teilt Sewing nicht. „Die Zentralbanken haben kaum noch Mittel, um eine echte Wirtschaftskrise wirkungsvoll abzudämpfen“, sagte der Chef des größten deutschen Geldhauses.

Stattdessen forderte der Vorstandschef mehr Investitionen vom deutschen Staat. Es gehe dabei um kein klassisches Konjunkturprogramm, sondern vielmehr darum, durch Investitionen in Technologie, Forschung, Bildung und Datennetze die Grundlagen für künftiges Wachstum zu legen.

Geschäftsbanken müssen seit Mitte Juni 2014 Zinsen zahlen, wenn sie Geld bei der EZB parken. Derzeit verlangt die Notenbank 0,4 Prozent Strafzinsen. EZB-Präsident Mario Draghi hatte angedeutet, dass dieser negative Einlagensatz weiter ins Minus gesenkt werden könnte.

Damit wollen die Währungshüter die Kreditvergabe und so die Wirtschaft im Euro-Raum ankurbeln.

Während die Banken in der Euro-Zone für Einlagen bei der EZB Geld bezahlen müssen, erhalten die Institute in der USA längst Guthabenzinsen. Dort senkte die Notenbank Fed in ihrer jüngsten Sitzung zwar die Leitzinsen, diese liegen mit einer Spanne von 2,00 bis 2,25 Prozent aber deutlich über dem Euro-Zonen-Niveau von null Prozent.

Europäische Banken hätten durch diesen Unterschied einen Wettbewerbsnachteil von rund 40 Milliarden Dollar, sagte Sewing. „Allein uns als Deutsche Bank kosten die negativen Einlagenzinsen einen dreistelligen Millionenbetrag in diesem Jahr. Auf vier Jahre hochgerechnet sind das mehr als zwei Milliarden Euro.“

Dieses Geld fehle für dringend notwendige Investitionen in die eigene Technologie. Außerdem trage die Geldpolitik der EZB zur Spaltung der Gesellschaft bei, weil sie Wohlhabende begünstige. Wer sich verschulde oder in Vermögenswerte investiere, der profitiere, während die Sparer leiden. Nach Berechnungen der Deutschen Bank kosten die negativen Zinsen die Sparer in Europa derzeit 160 Milliarden Euro im Jahr.

Anders äußerte sich hingegen Markus Braun, der Vorstandschef des Finanztechnologieunternehmens Wirecard, der gemeinsam mit Sewing in Frankfurt auf der Bühne stand. Er rät dazu, die Geldpolitik der EZB nicht nur als Gefahr, sondern auch als Chance zu sehen.

Die noch niedrigeren Zinsen müssten das unternehmerische Denken der Finanzdienstleister beflügeln, meint Braun. Außerdem könne die deutsche Aktienkultur von der EZB-Politik profitieren. Der Wirecard-Chef fordert angesichts der drohenden empfindlichen Abkühlung der Konjunktur und der sich abzeichnenden EZB-Entscheidungen eine „Mutgesellschaft“.

Mut brauchen angesichts der wachsenden Risiken für die globale Wirtschaft auch die Banken. „Nie war eine stabile Aufstellung wichtiger als jetzt“, betonte Sewing.

Beim Umbau seines eigenen Hauses, dem weltweit 18.000 Stellen zum Opfer fallen, sieht er sich auf einem guten Weg. „Mit der neuen Strategie sehen wir uns für den konjunkturellen Abschwung gewappnet“, betonte der Manager. Sewing geht davon aus, dass die Bank „trotz des schwierigeren Umfelds die Renditen für die Aktionäre steigern und Kapital freisetzen kann“.