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Die Deutsche Bank überrascht positiv – Fünf Lehren aus den Quartalszahlen

Deutschlands größtes Geldhaus legt bessere Zahlen vor als erwartet. Gleichwohl bleiben Zweifel, ob die Wende zum Positiven endgültig geschafft ist.

Gewinn in der Coronakrise. Foto: dpa
Gewinn in der Coronakrise. Foto: dpa

Eigentlich müsste die Deutsche Bank fast ein bisschen dankbar für die Coronakrise sein. Trotz des beispiellosen Konjunktureinbruchs arbeitete das größte heimische Geldhaus in den ersten neun Monaten dieses Jahres durchweg profitabel. Das hat die Bank vor allem ihren Investmentbankern zu verdanken, die wie die internationale Konkurrenz zu den Profiteuren der Krise zählen.

Im dritten Quartal schnitt die Deutsche Bank, die sich mitten in einem tief greifenden Umbau befindet, besser ab als vom Management geplant und von Analysten erwartet: Die Erträge stiegen um 14 Prozent auf 5,9 Milliarden Euro. Vor Steuern blieb ein Plus von 482 Millionen Euro in den Büchern. Und auch unter dem Strich, nach Abzug von Zinszahlungen für Nachranganleihen, erreichte die Bank im dritten Quartal einen Gewinn von 182 Millionen Euro.

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Vorstandschef Christian Sewing zeigte sich optimistisch, dass er sein Versprechen erfüllen kann, am Ende des Jahres zumindest vor Steuern einen Gewinn zu präsentieren. „Im fünften Quartal unserer Transformation haben wir neben unserer Kostendisziplin auch gezeigt, dass wir Marktanteile gewinnen können“, erklärte er. Im vergangenen Jahr hatte der im Juli 2019 eingeleitete Konzernumbau noch für tiefrote Zahlen gesorgt.

Trotz der jüngsten Verschärfung der Coronakrise hält die Bank an ihrem Ausblick für 2020 fest. Die Eigenkapitalrendite werde durch den Aufwand für den Umbau der Bank sowie die Folgen der Pandemie zwar „negativ beeinflusst“. An den Renditezielen für das Jahr 2022 von acht Prozent auf das materielle Eigenkapital ändert sich aber nichts.

Andreas Thomae, Fondsmanager bei der Deka, ist inzwischen überzeugt: „Die Deutsche Bank ist über den Berg.“ Das Geldhaus liefere seit nunmehr vier Quartalen solide Ergebnisse. Es sei beeindruckend, „wie stringent Sewing die Strategie umsetze“. Aber nicht alle Investoren sind so optimistisch. Einige zweifeln, ob die Wende zum Besseren wirklich nachhaltig ist. Fünf Lehren aus den Quartalszahlen zeigen, warum das so ist.

1. Selbst gute Zahlen bügeln das Misstrauen der Investoren nicht aus

Wie viel Vertrauen die Deutsche Bank in den vergangenen Jahren verloren hat, zeigt die Reaktion der Finanzprofis auf das Zahlenwerk. Obwohl es besser ausfiel als erwartet, geriet der Kurs der Deutschen Bank am Mittwoch erst einmal unter Druck. Die Aktie sackte am Morgen in einem insgesamt schwachen Markt um bis zu fünf Prozent auf ein Zwei-Wochen-Tief von 7,51 Euro. Im Verlauf des Tages erholte sich der Kurs zwar etwas, lag aber auch am Nachmittag noch im Minus.

Es gibt durchaus anerkennende Stimmen für die Bank. Moody‘s-Analyst Michael Rohr lobte, die Ertragsstärke in den Kerngeschäften sowie das Kostenmanagement hätten die unterliegende Profitabilität auf ein Niveau gehoben, das bereits fast mit den Mittelfristzielen der Bank übereinstimme.

Doch die heftigen Schwankungen deuten darauf hin, dass viele Investoren noch immer Zweifel hegen, wie nachhaltig die Fortschritte sind. Dass Vorstandschef Sewing sparen kann, hat er bereits bewiesen. Ob er auch die Erträge steigern kann, haben viele Analysten dagegen lange bezweifelt.

In den ersten neun Monaten 2020 stiegen die Einnahmen des Instituts zwar um vier Prozent auf 15,6 Milliarden Euro. Für die Bankenexperten der Schweizer UBS ist die Entwicklung der Erträge trotzdem nach wie vor einer der entscheidenden Punkte bei der Antwort auf die Frage, ob die Trendwende dauerhaft sein wird.

Analyst Amid Goel von Barclays verweist auf die Eigenkapitalrendite von lediglich 1,5 Prozent im dritten Quartal. Sein Fazit: Die Bank habe noch „Arbeit vor sich“, um die aktuelle Börsenbewertung zu rechtfertigen.

Mehrere Analysten bestätigten nach Vorlage der Zahlen ihre Anlageurteile, keiner hob es an. Zum Kauf rät keiner der Experten. Zu unklar sind die weiteren Aussichten – zumal die Bank mit den Quartalszahlen auch nur den Ausblick für das Investmentbanking leicht angehoben hat.

2. Nie waren die Investmentbanker so wertvoll wie heute

In den ersten neun Monaten haben ausgerechnet die Investmentbanker mit einem Plus von über 30 Prozent für einen positiven Trend bei den Einnahmen gesorgt, was zu einem Vorsteuergewinn von 2,6 Milliarden Euro führte. Die durch die Pandemie ausgelösten Kursschwankungen zwingen die Kunden, ihre Portfolios anzupassen, deshalb herrscht in den Handelssälen Hochbetrieb. Außerdem sorgt die Corona-Unsicherheit dafür, dass sich die Unternehmen an den Kapitalmärkten mit Liquidität vollsaugen, was den Investmentbankern volle Auftragsbücher beschert.

Dabei war das Investmentbanking jahrelang ein Verlustbringer, bis Sewing im vergangenen Sommer radikal den Rotstift ansetzte und sich aus ganzen Geschäftsbereichen wie dem Aktienhandel zurückzog. Die Strategie scheint sich auszuzahlen. Im dritten Quartal kletterten die Erträge der Investmentbank um 43 Prozent auf 2,4 Milliarden Euro.

Dies war vor allem einem Anstieg um 47 Prozent in der Paradedisziplin der Frankfurter zu verdanken, dem Handel mit Anleihen und Devisen. Damit konnte die Deutsche Bank von der Corona-bedingten Sonderkonjunktur noch stärker profitieren als internationale Konkurrenten wie die US-Finanzriesen JP Morgan und Morgan Stanley. Von Juli bis September erreichte die Sparte einen Vorsteuergewinn von 957 Millionen Euro nach 64 Millionen im Vorjahr.

Davon dürften die Investmentbanker auch persönlich profitieren. Das Institut will die Boni für Mitarbeiter mit sehr guter Leistung erhöhen, zumal die Bank auch die Prognose für das Gesamtjahr für den Wertpapierhandel angehoben hat. „Ein Unternehmen wie unseres muss in der Lage sein, konkurrenzfähige Performance zu honorieren“, sagte Finanzvorstand James von Moltke in einem Interview mit Bloomberg Television. „Zum Schutz des Geschäfts ist es sinnvoll, in der Lage zu sein, unsere Mitarbeiter entsprechend unserer Performance zu bezahlen.“

Eigentlich wollte Sewing die Bank unabhängiger von den schwankungsanfälligen Erträgen im Investmentbanking machen. Davon ist das Institut derzeit allerdings weit entfernt. Selbst wenn man der Sparte alle Verluste zurechnet, die in der Abbaubank in diesem Jahr angefallen sind, hat das Investmentbanking vor Steuern mehr verdient als jede andere Sparte der Bank. Denn nach Abzug der Verluste, die in der Bad Bank anfielen, blieben noch immer 791 Millionen Euro Vorsteuergewinn übrig.

Bis die Investmentbanker alle Verluste ausgebügelt haben, die in der Abbausparte angefallen sind, braucht es allerdings noch mehr Zeit: Seit Anfang 2019 entstanden in der Einheit, die vor allem aus Altlasten aus dem Investmentbanking besteht, knapp fünf Milliarden Euro Verlust. Die Investmentbanker verdienten im gleichen Zeitraum vor Steuern in Summe etwas mehr als drei Milliarden Euro.

Für die Investoren lautet nun die entscheidende Frage, wie lange die Sonderkonjunktur im Investmentbanking noch anhalten wird. Dazu gibt sich die Bank eher vorsichtig: Die Ertragszuwächse der Sparte seien zwar zum Großteil nachhaltig, das Geschäft würde sich aber wieder normalisieren.

3. Schwere Zeiten für stabile Geschäfte

Das hartnäckige Zinstief und die Corona-Pandemie entwickeln sich für die beiden Geschäftsfelder Privatkunden- und Unternehmenskundenbank zur Dauerbelastung. Beiden traut der Konzern im Gesamtjahr nur Erträge auf Höhe des Vorjahrs zu.

Besonders enttäuschend ist das für die Unternehmensbank, jenen Bereich also, der den stabilen Kern der künftigen Deutschen Bank bilden soll. Eigentlich hatte sich der für die Unternehmensbank verantwortliche Manager Stefan Hoops im vergangenen Dezember ein durchschnittliches jährliches Wachstum von drei Prozent zum Ziel gesetzt. In diesem Jahr dürfte er diese Messlatte allerdings verfehlen. In den ersten neun Monaten sind die Bruttoerträge der Sparte um ein Prozent geschrumpft.

„Wir haben das Vorjahresergebnis nicht ganz erreichen können, haben uns in einem schwierigen Umfeld aber besser geschlagen als die meisten unserer Wettbewerber“, verteidigt Hoops die Resultate im Gespräch mit dem Handelsblatt.

Der Ertragsrückgang hat seine Ursache nicht einmal im Zinsergebnis. Das ist sogar gestiegen, vor allem weil das Kreditgeschäft brummt. „Im dritten Quartal war die Nachfrage nach Krediten von Unternehmen in Deutschland größer als im Vorjahr“, sagte Hoops. Außerdem kommt das Institut zügig damit voran, auf besonders hohe Einlagenvolumina von Kunden Negativzinsen zu erheben.

Hoops zufolge gab es dazu zum Ende des dritten Quartals Vereinbarungen über Einlagen in Höhe von 68 Milliarden Euro. Konzernweit hat das Institut Negativzins-Vereinbarungen mit Kunden getroffen, die für 75 Milliarden Euro an Kundeneinlagen stehen. Dadurch flossen dem Institut seit Jahresbeginn zusätzlich 134 Millionen Euro zu.

Die größten Rückschläge gab es in der Unternehmensbank bei den Provisionseinkommen. Schuld daran sind die Kursrückgänge an den Aktienmärkten, was die Einnahmen im Geschäftsfeld Wertpapierverwahrung schmälert. Auch im grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr mit Korrespondenzbanken gab es weniger Einnahmen.

In diesem Jahr muss die Bank froh sein, wenn die Erträge der Sparte stabil bleiben. Um bis 2022 auf ein jährliches Wachstum von drei Prozent zu kommen, muss die Unternehmensbank nun in den nächsten zwei Jahren umso schneller wachsen. Ein Sprecher betonte, man sehe sich mit Blick auf die Ziele der Firmenkundensparte „auf sehr gutem Weg“. Dazu würden Wachstumsregionen wie etwa Asien, der Zahlungsverkehr und Negativzins-Vereinbarungen beitragen.

Auch im Privatkundengeschäft dürften die Erträge in diesem Jahr stagnieren. Allerdings hatte die Bank in dieser Sparte auch nicht auf Wachstum, sondern auf sinkende Kosten gesetzt. Dass im dritten Quartal ausgerechnet das Privatkundengeschäft in Deutschland minimal wuchs, ist vor diesem Hintergrund eher eine – wenn auch positive – Randnotiz.

Auf bereinigter Kostenbasis trägt der Sparkurs immerhin erste Früchte. Ohne den Aufwand für Restrukturierungen und den Umbau hätte die Sparte, die im dritten Quartal leicht in die rote Zahlen rutschte, sogar einen Gewinn gemacht. „Angesichts der Corona-Pandemie und der Negativzinsen haben wir ein gutes Ergebnis erzielt“, sagt der für den Bereich verantwortliche stellvertretende Vorstandschef Karl von Rohr.

4. Ohne die Fondstocher DWS geht es nicht

Die DWS hat erneut bewiesen, dass sie den Namen Ertragsperle verdient: 215 Millionen Euro bereinigten Vorsteuergewinn liefert die Fondstochter ab, 26 Prozent mehr als im Vorjahresquartal. Nach Steuern steigerte die DWS ihr Ergebnis sogar um 30 Prozent auf 151 Millionen Euro.

Dafür sorgte neben guten Kapitalzuflüssen von netto 10,5 Milliarden Euro ein stringentes Kostenmanagement. DWS-Chef Asoka Wöhrmann hat zuletzt die Führungsstruktur verschlankt und Kernsparten neu geordnet, knapp vier Prozent ist die Belegschaft in den vergangenen zwölf Monaten geschrumpft. Durch die Sparmaßnahmen erreichte die Fondstochter vorzeitig ihr mittelfristiges Kostenziel für 2021.

Deshalb will Wöhrmann jetzt wieder auf Wachstum setzen. Dazu gehören strategische Partnerschaften mit Versicherungen wie Zurich und die Expansion in Asien. 2030 will die DWS mehr als die Hälfte des Ertrags außerhalb von Europa erzielen. Zudem denkt die DWS über Zukäufe nach.

Wöhrmann betont regelmäßig, dass sein Haus eine aktive Rolle in der aktuellen Konsolidierung der Fondsbranche spielen wolle und sich Möglichkeiten für Übernahmen und Zusammenschlüsse anschaue. Allerdings braucht die Fondstochter dafür die Zustimmung der Konzernmutter. Ihre Aktien als Währung sind nach Einschätzung von Analysten wegen der KgaA-Struktur trotz des guten Ergebnisses niedriger als die von Konkurrenten bewertet.

5. Corona bleibt die große Unbekannte

Fürs Erste hat die Bank mit Blick auf ihr Risikomanagement nicht zu viel versprochen: Die Risikovorsorge für Ausfälle im Kreditgeschäft ist im dritten Quartal erheblich niedriger ausgefallen als in den ersten beiden Quartalen. Die Bank hat sich zum Ziel gesetzt, die Risikovorsorge nicht über höchstens 0,45 Prozent ihres Kreditvolumens steigen zu lassen – und Finanzchef James von Moltke sieht sich auf gutem Kurs, diese Vorgabe auch zu erreichen.

Auch die Aussicht auf weitere drastische Einschränkungen, über die die Bundesregierung mit den Bundesländern am Mittwoch verhandelte, lässt die Bank bislang nicht an dieser Einschätzung zweifeln. Hochrangige Manager des Instituts verweisen darauf, dass zu den Kunden der Bank vor allem eher größere und damit meist stabilere Unternehmen zählen und weniger die besonders hart betroffenen Dienstleister etwa aus der Gastronomie oder Hotellerie.

Finanzchef von Moltke machte klar, auch ein zweiter Lockdown wäre für die Bank verkraftbar. Die Bank habe im zweiten Quartal viel gelernt. Er hoffe, „dass wir in der Lage sind, diese zweite Welle mit dem geringsten Schaden zu überstehen“.

Seit Ausbruch der Coronakrise hatte die Deutsche Bank 104.000 vornehmlich privaten Kunden Zahlungsmoratorien für Kredite im Gesamtvolumen von neun Milliarden Euro gewährt.

Zu 80 Prozent sind diese Moratorien mittlerweile wieder beendet, ohne dass eine nennenswerte Zahl der Kunden dadurch in Zahlungsnot geriet, wie Finanzchef von Moltke berichtet. Neben den Moratorien trafen die Bank außerdem bilaterale Vereinbarungen mit Kunden der Unternehmens- und der Investmentbank, die ein ebenso großes Kreditvolumen betrafen.

Allerdings ziehen die Coronakrise und die damit verbundene Rezession auch nicht völlig spurlos am Kreditbuch der Bank vorbei: Alles in allem stehen hinter der Risikovorsorge von zusammen 1,5 Milliarden Euro, die die Bank seit Jahresbeginn gebildet hat, immerhin 1,2 Milliarden Euro an Rückstellungen für tatsächlich notleidende Darlehen.