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Deutsche Bahn plant digitale Fahrgastrechte – aber es dauert noch

Bahnreisende in Europa sollen ihren Anspruch auf Entschädigung etwa bei Unwettern verlieren, sieht eine EU-Reform vor. Das ist ärgerlich für Kunden, die noch nicht einmal ihre Erstattungen digital anmelden können.

Es gibt Sätze, die man so sagt, weil sie gut klingen – und sie einem erst später auf die Füße fallen können. Sabina Jeschke hat so einen Satz ausgesprochen, als sie auf der Bilanzpressekonferenz der Deutschen Bahn im März 2019 eine Frage zu den Fahrgastrechten beantworten wollte. Kunden müssen Entschädigungen auf dem Postweg beantragen. „Wir bauen die komplette Customer Journey neu“, versprach Jeschke, Vorstand für Technik bei der Deutschen Bahn, und ergänzte: Die Bahn werde „bei der Digitalisierung von Fahrgastrechten schneller voran kommen“.

Anderthalb Jahre später wirkt es so, als habe der Satz während der Coronakrise seine Wirkung verloren. Die Bahn hat ihre Pläne, Ticketpreise nach Verspätungen digital zu erstatten, bis heute nicht umgesetzt. Es gelten gesetzlich geregelte Ansprüche: Wer im ICE eine Stunde verspätet sein Ziel erreicht, bekommt 25 Prozent seines Ticketpreises erstattet. Bei zwei Stunden Verspätung gibt es die Hälfte zurück. Doch auch im Jahr 2020 muss der Kunde noch ein Formular ausdrucken, per Kugelschreiber ausfüllen und in den Briefkasten schmeißen.

Die Bahn gibt sich nach außen hin zwar gerne modern und digital. Sie investiert in Start-ups, die Weichen per Ferndiagnose warten, Sammeltaxis per App betreiben und verkauft selbst Tickets über die Navigator App seit Jahren digital. Die Bahn ist stolz darauf, dass Kunden ein Ticket „bis kurz vor Abfahrt buchen“, ihren Sitzplatz online reservieren und per Komfort-Check-in „eigenständig die Ticketkontrolle“ durchführen können. Geht es um die Geld-zurück-Garantie bei verspäteten Zügen, bevorzugt die Bahn seit Jahren eine analoge, antiquierte, antagonistische Lösung.

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Analoge Technik spart Millionen

Die Bahn spart so Millionen. Viele Kunden werden durch den Papier-Prozess abgehalten, ihre Fahrgastrechte einzufordern. Wegen fünf, zehn oder 20 Euro verzichten viele Fahrgäste, ein Formular auszudrucken und wegzufaxen. Zu kompliziert, zu nervenaufreibend. Die Rückständigkeit der Bahn ist für sie selbst eine lukrative Kostenersparnis.

Bald soll es besser werden. Das Versprechen der Bahn: Sie werde „im ersten Halbjahr 2021“ ihren Kunden „digitale Erstattungsmöglichkeiten anbieten“, sagt ein Sprecher auf Anfrage. Man sei sogar „im Zeitplan“.

Zur etwa gleichen Zeit kommt die Politik der Bahn in anderer Sache entgegen. Bahnreisende in Europa sollen ihren Anspruch auf Entschädigung etwa bei Unwettern verlieren. Das sieht eine Reform der EU-Fahrgastrechte vor. EU-Parlamentarier sprechen von einem Rückschritt für den Verbraucherschutz. Denn wann ist ein heftiger Regen nur ein Regen – oder schon ein Sturm?

Die Entscheidung in Brüssel sei ein „herber Schlag“ für den Verbraucherschutz und alle Bahnreisenden, sagt Stefan Nitz, Gründer und Chef des Fahrgastrechte-Portals Refundrebel. Ärger sei programmiert. „Es gibt keine klare Definition von höherer Gewalt“, so Nitz. Die Betreiber des Schienennetzes hätten Sorge dafür zu tragen, dass die Schienen entsprechend geschützt sind. „Zählt zukünftig jeder umgefallene Baum als höhere Gewalt? Das gleiche gilt bei Oberleitungsstörungen auf Grund von Stellwerksbränden – gilt dies als fremdverschuldet durch den Stellwerksbetreiber und fällt damit unter höhere Gewalt?“ Es gebe zudem jährlich eine hohe Zahl an Suizidfällen, die dann bei den Reisenden als „Personenunfall“ auftauchten. „Das wird zukünftig aus meiner Sicht ebenfalls als höhere Gewalt eingestuft werden.“

Die Folge dürfte sein, dass die Streitfälle in Zukunft zunehmen werden. Schon 2019 wurden bei der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr ein Viertel mehr Fälle eingereicht als fünf Jahre zuvor.

Immerhin: Vielleicht hat die Bahn bis dahin ja ein digitales Fahrgastrechteformular ins Netz gestellt.

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