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Nach dem Rekordjahr 2020: Börsenchef Weimer fahndet nach weiteren Übernahmezielen

Die Deutsche Börse dämpft die Erwartungen fürs neue Jahr. Zukäufe sollen das Wachstum sichern. Dabei blickt der Börsenchef vor allem auf das Datengeschäft.

Der Eschborner Konzern gehört zu den Gewinnern des Brexits. Allerdings konnte sich die Börse weniger Marktanteile sichern als erhofft. Foto: dpa
Der Eschborner Konzern gehört zu den Gewinnern des Brexits. Allerdings konnte sich die Börse weniger Marktanteile sichern als erhofft. Foto: dpa

Die Zielrichtung von Theodor Weimer ist klar. Der Vorstandschef will die Deutsche Börse mit Übernahmen auf Wachstumskurs halten und noch unabhängiger von den Schwankungen im Aktien- und Derivategeschäft machen. Im vergangenen Jahr hat Weimer bereits den Kauf einer Mehrheitsbeteiligung am US-Stimmrechtsberater ISS für 1,5 Milliarden Euro angekündigt. Das soll nicht sein letzter großer Deal bleiben.

Spannend findet Weimer vor allem Übernahmekandidaten aus dem Datengeschäft: „Alles, was mit Analytik zu tun hat“, sei potenziell interessant für die Börse. Im vergangenen Jahr hat sich der Konzern mit 20 Prozent an Clarity AI beteiligt, einem US-Unternehmen, das Fondsmanager bei der Zusammenstellung von nachhaltigen Investments unterstützt.

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Aktuell sieht sich die Deutsche Börse Finanzkreisen zufolge unter anderem die zum Verkauf stehende Fondsverwaltungsplattform Allfunds an, die mehrere Milliarden Kosten dürfte. Das könnte Weimer allerdings zu teuer sein. „Wir schauen uns alle Opportunitäten an, aber die Preise sind sehr hoch“, sagte der Vorstandschef. Laut Finanzvorstand Gregor Pottmeyer hat die Börse derzeit rund 1,5 Milliarden Euro für mögliche Übernahmen in der Kasse.

Potenzielle Zukäufe sollen helfen, die selbst gesetzten Wachstumsziele zu erreichen. Nachdem die Marktschwankungen in der Coronakrise der Börse 2020 einen Rekordgewinn beschert haben, geht Weimer 2021 von geringeren Zuwächsen aus. Der Betriebsgewinn (Ebitda) soll lediglich um 6,5 Prozent auf zwei Milliarden Euro steigen, nach einem Plus von zwölf Prozent im vergangenen Jahr. Bei den Nettoerlösen plant die Börse mit rund 3,5 Milliarden Euro. Das wäre ein Plus von wiederum knapp zehn Prozent. Rund die Hälfte davon will der Konzern aus eigener Kraft schaffen, also ohne Rückenwind von den Märkten oder durch Übernahmen.

Der Vorstand sei „weit davon entfernt, übermütig zu werden, wir müssen wachsam bleiben“, betonte Weimer bei der Vorstellung der Jahreszahlen 2020. Das historisch gute Ergebnis des Dax-Konzerns im ersten Quartal des vergangenen Jahres werde sich in den ersten drei Monaten 2021 nicht wiederholen lassen.

Weimer hat im Rahmen der neuen Strategie angekündigt, dass der Konzern bis 2023 ein durchschnittliches Gewinnplus von zehn Prozent pro Jahr anpeilt. Um dieses Ziel zu erreichen, müsste sich Deutschlands größter Börsenbetreiber folglich 2022 und 2023 deutlich steigern. Die Analysten des Bankhauses Berenberg warnen vor „einer erhöhten Unsicherheit“ hinsichtlich der Gewinnentwicklung.

Schwächerer Jahresauftakt

Die Coronakrise hat der Deutschen Börse vor allem Anfang 2020 kräftigen Rückenwind beschert. Wegen der Marktturbulenzen und der gestiegenen Handelsaktivität schnellte der Gewinn deutlich nach oben. Am Ende des Jahres stand ein bereinigter Überschuss von 1,2 Milliarden Euro, ein Plus von neun Prozent.

Mittlerweile ist der Corona-Boom jedoch vorbei – und die negativen Auswirkungen der Pandemie machen dem Konzern zunehmend zu schaffen. Zu diesen Belastungen zählt vor allem das weltweit niedrige Zinsniveau, das unter anderem den Handel mit Zinsderivaten belastet, weil Unternehmen und Investoren weniger Bedarf haben, Zinsrisiken abzusichern.

Noch schmerzhafter sind die Konsequenzen für die Wertpapierverwahrtochter Clearstream, die nun mit den Bareinlagen ihrer Kunden deutlich weniger verdient. Im vergangenen Jahr sank der Betriebsgewinn der zweitwichtigsten Konzernsparte um sieben Prozent auf 461 Millionen Euro.

Im wichtigsten Segment, der Derivatebörse Eurex, stieg der Betriebsgewinn um neun Prozent auf 742 Millionen Euro. Dazu trug auch die Abwicklung von außerbörslichen Derivategeschäften bei. Hier legten die Erlöse um ein Drittel auf 55 Millionen Euro zu.

Die Deutsche Börse profitiert in diesem Bereich vom Austritt Großbritanniens aus der EU. Denn wegen des Brexits ist unklar, ob beziehungsweise in welchem Umfang außerbörsliche Derivategeschäfte in Euro künftig noch in London abgewickelt werden können.

Im sogenannten Euro-Clearing, der Abwicklung von auf Euro lautenden Finanzderivaten, hat die Deutsche Börse ihren Marktanteil seit 2018 von drei auf 20 Prozent ausgebaut. Das von CEO Weimer ausgegeben Ziel, einen Marktanteil von 25 Prozent zu erreichen, hat das Unternehmen damit allerdings verfehlt.

Auch das lag an der Coronakrise. Angesichts der Pandemie konzentrierten sich viele Banken und Investoren darauf, ihr Geschäft am Laufen zu halten, und verzichteten auf die Verlagerung von großen Derivateportfolios. Ein neues Marktanteilsziel wollte Weimer nicht ausgeben, man sei mit der Entwicklung aber „sehr zufrieden“.

Wie sich das Geschäft weiterentwickelt, wird maßgeblich von der Politik abhängen. Die EU hat eine Verlagerung von weiteren Derivategeschäften nach Kontinentaleuropa angemahnt und offengelassen, ob sie das bisher dominierende britische Clearinghaus LCH nach dem Ablauf einer Ausnahmegenehmigung Mitte 2022 noch als gleichwertig anerkennen wird.

Finanzvorstand Pottmeyer machte klar, dass die Marktanteilsverteilung im Euro-Clearing für die Börse sehr viel wichtiger sei als Verschiebungen im Aktienhandel. Nach Berechnungen der „Financial Times“ hat Amsterdam im Januar London erstmals als führendes Handelszentrum für das Geschäft mit europäischen Aktien überholt.

Warnung vor schärferer Regulierung

Weimer warnte mit deutlichen Worten vor einer härteren Regulierung der Börse. Die Finanzaufsicht Bafin prüft nach dem Wirecard-Skandal, ob Firmenkonglomerate, die eine oder mehrere regulierte Banktöchter haben, aber als Ganzes bisher nicht als Finanzholding eingestuft wurden, schärfer reguliert werden sollen. Zu dieser Gruppe gehört auch die Deutsche Börse. Nach eigener Darstellung konnte die Bafin die Machenschaften bei Wirecard auch deshalb nicht früher aufdecken, weil der Zahlungsdienstleister offiziell als Technologiekonzern eingestuft wurde und nicht als Finanzholding. Dadurch waren laut Bafin die Zugriffsrechte der Aufseher beschränkt.

Weimer wehrt sich dagegen, dass die Börse in eine Schublade mit Wirecard gesteckt werde. Außerdem warnte der Manager vor gravierenden Wettbewerbsnachteilen, sollte der Eschborner Konzern „als einzige internationale Börse wie eine Finanzholding reguliert werden“. Sollte es dazu kommen, würde er sich „ernsthafte Sorgen machen“, betonte der Vorstandschef.

Seit dem vergangenen Jahr sitzt Weimer im Aufsichtsrat der Deutschen Bank. Der Börsenchef galt bislang als einer der Favoriten für die Nachfolge von Aufsichtsratschef Paul Achleitner, dessen Amtszeit 2022 endet. Allerdings läuft Weimers Vertrag bei der Börse noch bis Ende 2024, Experten bezweifeln, dass die Aufseher eine Doppelfunktion erlauben würden. Zu dieser Personalfrage fand Weimer auf der Jahrespressekonferenz eine eindeutige Antwort. „Das ist überhaupt kein Thema“, sagte er. „Ich stehe hier unter Vertrag. Mit der Deutschen Bank gibt es darüber keine Diskussionen – wieso sollte es auch?“