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Erste Signale für anziehende Nachfrage: Deutsche Autoindustrie hofft auf die Wende

Die Automobilindustrie verzeichnet im Juni ein deutliches Auftragsplus. Das könnte die Wende für die krisengebeutelte Fahrzeugbranche einläuten.

VW-Produktion im Werk Zwickau: In allen deutschen Werken des Wolfsburger Konzerns gibt es seit Juli-Beginn keine Kurzarbeit mehr. Foto: dpa
VW-Produktion im Werk Zwickau: In allen deutschen Werken des Wolfsburger Konzerns gibt es seit Juli-Beginn keine Kurzarbeit mehr. Foto: dpa

Aus der Automobilindustrie kommen ersten Anzeichen, dass die Nachfrage wieder anzieht. Bei den deutschen Herstellern ist der Auftragseingang im Juni im Vergleich zum Vorjahresmonat um elf Prozent gewachsen. Für das gesamte erste Halbjahr steht hingegen ein Minus von 28 Prozent in den Büchern.

„Wir rechnen mit einer langsamen und schrittweisen Erholung“, sagte Hildegard Müller, Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), am Freitag in einer Pressekonferenz. „Die Minusraten werden nach und nach wieder kleiner.“

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Positiv sind die Signale auch mit Blick auf die Kurzarbeit. Bei den meisten deutschen Autoherstellern wird wieder voll gearbeitet.

Erst am Dienstag hatte Volkswagen angekündigt, dass die Kurzarbeit mit dem Beginn des Monats Juli in allen deutschen Werken aufgehoben wird. Mit voller Kapazität wird allerdings noch nicht gearbeitet, die Produktionszahlen liegen unter dem Normalniveau aus der Zeit vor der Coronakrise.

Auch die in Deutschland vertretenen ausländischen Autohersteller setzen darauf, dass die Branche das Schlimmste hinter sich hat und dass es langsam wieder aufwärts geht. „Wir hoffen nun darauf, dass die Maßnahmen des Konjunkturpakets insgesamt Wirkung zeigen“, betont auch Reinhard Zirpel, Präsident des Verbandes der Internationalen Kraftfahrzeughersteller (VDIK).

Zirpel vertritt Importeure wie Renault, Toyota oder Fiat, die stark in Deutschland vertreten sind, hierzulande aber selbst keine Autos bauen. Sie kommen zusammen auf einen Marktanteil von etwa 40 Prozent.

Gleichwohl liegen schwere Monate hinter der Autobranche. VDA-Präsidentin Müller spricht von einem „unvergleichlichen Rückgang“. Niemals zuvor habe es in Nachkriegsdeutschland einen solchen Einbruch gegeben, auch nicht während der Finanzkrise vor gut zehn Jahren.

1,2 Millionen Pkw sind im ersten Halbjahr in der Bundesrepublik neu zugelassen worden. Das ist der niedrigste Halbjahreswert im wiedervereinigten Deutschland.

Das Coronavirus hat dafür gesorgt, dass die wichtigsten Automärkte in der Welt fast zeitgleich eingebrochen sind. Dadurch fehlt der Branche jetzt ein regionaler Ausgleich.

Bislang kannte die Branche nur die Situation, dass die Nachfrage nach neuen Autos in einzelnen Teilen der Welt zurückgegangen ist. Für ganz Europa beträgt das Minus bis Ende Mai 43 Prozent, in den USA sind es 23 Prozent und in China 27 Prozent weniger.

Exporte und Produktion sind eingebrochen

Das spiegelt sich auch in den Exportzahlen der deutschen Autohersteller wider, die schon lange nicht mehr nur für den Heimatmarkt produzieren. In den ersten sechs Monaten ist der Export von Volkswagen, Daimler und BMW im Vergleich zum Vorjahr um 40 Prozent eingebrochen.

Die Hersteller hoffen darauf, dass eine Belebung im zweiten Halbjahr für Besserung sorgt. Am Jahresende dürfte das Exportminus 27 Prozent betragen, so die aktuelle Prognose des VDA.

Die gesamte Fahrzeugproduktion in Deutschland ist im ersten Halbjahr ebenfalls um 40 Prozent zurückgegangen, gerade noch 1,5 Millionen Pkw sind von den Bändern gelaufen. Der VDA unterstellt, dass bis zum Jahresende mit der erwarteten Belebung weitere zwei Millionen Pkw dazukommen werden. Eine Jahresproduktion von insgesamt 3,5 Millionen Fahrzeugen würde allerdings immer noch einen Rückgang von 25 Prozent bedeuten.

Was die Zulassungszahlen betrifft, decken sich die Erwartungen der deutschen Autohersteller und die der Importeure. Demnach kommen in der zweiten Jahreshälfte in Deutschland noch einmal 1,6 Millionen neue Pkw dazu. „Das würde in etwa dem langjährigen Durchschnittsniveau eines Halbjahres entsprechen“, erläuterte VDIK-Präsident Zirpel.

Aber auch mit dieser vergleichsweise positiven Prognose würde das gesamte Jahresminus immer noch bei knapp 25 Prozent liegen. Alle Prognosen setzen zudem voraus, dass es keinen zweiten Lockdown und keine große zweite Corona-Welle geben wird – und sie sind gestützt von der erhofften gesamtwirtschaftlichen Erholung.

Noch stärker als bei Pkw werden die Nutzfahrzeugmärkte von der Krise getroffen. Der weltweite Absatz von Nutzfahrzeugen mit einem Gesamtgewicht von mehr als sechs Tonnen (also schwere Lkw) wird nach VDA-Prognosen in diesem Jahr um 24 Prozent auf 2,6 Millionen Fahrzeuge zurückgehen.

Für den US-Markt rechnet der VDA mit einem Minus von 40 Prozent. In Westeuropa (minus 35 Prozent) und Deutschland (minus 29 Prozent) wird der Rückgang „ebenfalls beispiellos“ sein, so der Verband. Bei den Transportern bis sechs Tonnen laufen die Geschäfte vergleichsweise gut, getrieben von der Nachfrage der Paketdienste.

„Kurzarbeit kann nur eine Brücke sein“

VDA-Präsidentin Müller warnte vor Problemen auf dem Arbeitsmarkt. Die Kurzarbeit habe bislang dazu beigetragen, dass Entlassungen in der Branche weitgehend vermieden werden konnten.

Binnen Jahresfrist sei die Zahl der Beschäftigten in der Automobilindustrie um drei Prozent auf 814.000 gesunken. Zum Jahresende könnte sich die Lage allerdings noch einmal verschärfen, vor allem bei den vielen mittelständisch geprägten Unternehmen aus dem Zulieferbereich und weniger bei den Autoherstellern.

„Die Kurzarbeit kann nur eine Brücke sein. Wichtiger wird ein sich selbst tragender Aufschwung“, betonte die VDA-Präsidentin. Die gesamte Autobranche hoffe darauf, dass das von der Bundesregierung beschlossene Konjunkturpaket die erwartete Wirkung zeige und zumindest in Deutschland keine weiteren Stützungsprogramme nötig würden.

Auch von den Importeuren kommt keine Entwarnung. „Wir müssen uns nach wie vor ernsthafte Sorgen um viele Betriebe und Arbeitsplätze machen“, sagte VDIK-Präsident Zirpel. Bei den Importeuren trifft die Krise vor allem die Autohändler.

Hildegard Müller drängt darauf, dass es auf europäischer Ebene ein gemeinsames großangelegtes Förderprogramm geben wird. „Wir brauchen mehr Europa und ein ambitioniertes Industriepaket, um aus der Krise zu kommen“, sagte sie.

Der Schwerpunkt müsse dabei auf Wachstum und Investitionen gelegt werden. Dazu zählten der konsequente Ausbau der Infrastruktur für Elektromobilität und Wasserstoff, der Hochlauf von E-Fuels und Investitionen in die Digitalisierung.

Die VDA-Präsidentin wandte sich gegen ein überzogenes Maß an Umwelt- und Klimaschutz. Europa müsse beweisen, dass Ökonomie und Ökologie zusammen gedacht würden, betonte die VDA-Chefin. Die bislang geltenden Klimaziele dürften nicht weiter verschärft werden. „Die Klimapolitik muss sich an den Bedürfnissen der Menschen orientieren.“