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Denken wie Elon Musk: Ein Raumfahrtingenieur verrät vier Tricks aus der Raketenwissenschaft, die euch auf brillante Ideen bringen

Der ehemalige Raumfahrtingenieur Ozan Varol.
Der ehemalige Raumfahrtingenieur Ozan Varol.

September, 1962: Es ist ein warmer Tag im Spätsommer, an dem der damalige US-Präsident John F. Kennedy im brechend vollen Stadion der Rice University eine emotionale Rede hält. Noch im selben Jahrzehnt, sagt er, soll der erste Mensch auf dem Mond landen. Ein äußerst ambitioniertes Versprechen — denn als Kennedy diese Rede hält, sind die meisten technischen Voraussetzungen für eine bemannte Mondlandung überhaupt noch nicht gegeben. Trotzdem verfolgten sieben Jahre später Millionen Menschen, wie Neil Amstrong als erster Mensch der Welt den Mond betrat.

Die Mondlandung wurde von vielen als großer Triumph der Technik gefeiert. Ein Schritt, der allerdings nur möglich war, weil kluge Köpfe es gewagt hatten, kommerzielle Wege zu verlassen und Sachverhalte völlig neu zu denken. "Im Grunde ist der Start einer Rakete mit einer kontrollierten Explosion einer Atombombe vergleichbar", sagt der ehemalige Raumfahrtingenieur und Autor Ozan Varol im Gespräch mit Business Insider. Er selbst war Mitglied des Operationsteams der Mars Exploration Rover 2003 und der Mission Cassini-Huygens, die eine Sonde zum Saturn sandte. Schickt man ein Space Shuttle ins All, können tausend Dinge passieren — und nur wenige davon sind gut. Geht etwas bei der bemannten Raumfahrt schief, müssen Raketentechniker innerhalb kürzester Zeit die Ursache aufspüren – obwohl das Space Shuttle schon außer Reichweite ist.

Auch im Alltag stoßen wir immer wieder auf komplexe und unvorhergesehene Probleme. "In der modernen Zeit ist es unabdingbar zu denken wie ein Raketenwissenschaftler", sagt Varol. Die Welt entwickelt sich rasend schnell, und wir müssen uns mit ihr weiterentwickeln, wenn wir den Anschluss nicht verlieren wollen. Natürlich hat nicht jeder den Anspruch Verbrennungskoeffizienten oder Umlaufbahnen zu berechnen. Wer allerdings —ähnlich wie ein Raketenwissenschaftler — komplexe Probleme unter Zeitdruck und ohne Hilfe von anderen lösen kann, ist laut Varol klar im Vorteil. So erklärt er sich auch den Erfolg von Masterminds wie Tesla-Chef Elon Musk oder dem verstorbenen Apple Gründe Steve Jobs.

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Nur wie genau lässt sich die Herangehensweise in den Alltag übertragen? Was können wir von Menschen wie Varol lernen? In seinem Buch "Boost – Denken wie Elon Musk", das im Verlag "Books4Success" erschienen ist, beschreibt er mehrere Schritte, die uns dabei helfen können, alte Denkweisen zu hinterfragen und gedanklich neue Wege einzuschlagen. Vier davon sollen euch helfen, überhaupt auf eine gute Idee zu kommen.

1. Unsicherheiten nicht bekämpfen, sondern für sich nutzen

Fortschritt findet in der Regel unter unsicheren Bedingungen statt. Gegen Unsicherheiten anzukämpfen kostet nur Kraft — stattdessen solltet ihr lieber sie lieber zu eurem Vorteil nutzen. Ein wichtiger Schritt ist, sich klar zu machen, wovor man eigentlich Angst hat. "Um Unsicherheiten auszuräumen, muss man sie erstmal einräumen", sagt Varol. Indem wir ermitteln, was wir wissen und was nicht, so der Autor, begrenzen wir unsere eigenen Unsicherheiten und nehmen uns die damit verbundene Angst. Fragt euch, was schlimmstenfalls passieren könnte und wie wahrscheinlich dieses Szenario ist. Schreibt eure Gedanken am besten auf ein Blatt Papier. "Oft ist das Gefühl der Unsicherheit viel schlimmer als das, wovor man sich fürchtet", sagt Varol. Blickt man seinen Ängsten dagegen ins Auge, verlieren sie oft ihren Schrecken.

Wer herausgefunden hat, wovor er oder sie Angst hat, kann Maßnahmen ergreifen, um die Risiken zu verringern. Varol nennt zwei Beispiele aus der Raketenforschung: Redundanzen und Sicherheitsspielräume. In der Luft- und Raumfahrt versteht man unter einer Redundanz eine Sicherung, die eingebaut wird, damit nicht eine einzige Schwachstelle eine ganze Mission gefährden kann. Raumschiffe funktionieren daher auch noch dann, wenn etwas schiefgeht.

Raketenforscher minimieren Risiken neben der Redundanz auch mit Sicherheitsspielräumen. Das heißt, sie bauen ein Space Shuttle robuster, als es eigentlich sein müsste. Sie schützen sich so vor dem Fall, dass die Bedingungen schlechter sind als erwartet. Das lässt sich auch im alltäglichen Leben anwenden. Überlegt, wo in dem Unternehmen, in dem ihr arbeitet das Reserverad versteckt ist oder was passiert, wenn euch ein wichtiger Auftrag wegbricht. "Das System muss so beschaffen sein, dass es weiterläuft, wenn eine Komponente versagt", so Varol.

Ein Restrisiko bleibt allerdings immer. "Die absolute Sicherheit ist eine Illusion", sagt er. Aber auch wenn ihr noch keinen klaren Weg vor Augen habt, lohnt es sich loszulaufen. Newtons Gesetz besagt: In Bewegung befindliche Objekte bleiben tendenziell in Bewegung. Wer einmal losgelaufen ist, der läuft also vermutlich weiter.

2. Hinterfragt den Status Quo"

"Konventionelles Denken führt zu konventionellen Entscheidungen", sagt Varol. Es lohnt sich also, Annahmen zu hinterfragen und den Status Quo neu zu denken. Eine nützliche Methode ist die des "First Principles Thinking". Dabei zersetzt man etwas zunächst in seine grundlegenden Bestandteile, um anschließend durch eine neue Kombination der einzelnen Bausteine zu einer bessern Lösung zu kommen. "Dieses Prinzip nutzte auch Elon Musk, um sein Raumfahrt-Programm SpaceX aufzubauen", sagt Varol.

Weil selbst für ihn Raketen aus Amerika und Russland zu teuer waren, baute er einfach selbst welche. Er gab sich nicht mit dem Status Quo zufrieden, zu wenig Geld für sein Projekt zu besitzen. Stattdessen beschloss er, sich auf die Grundprinzipien zurückzubesinnen. Für Musk bedeutete das, bei den Gesetzen der Physik zu beginnen. Er fragte sich, was es alles brauche, um Space Shuttles sicher zu starten. Er zerlegte es in kleinste Teile und Grundsatzmaterialien — und stellte fest, dass die Materialkosten einer Rakete nur rund zwei Prozent des regulären Preises betrugen.

Die Rückkehr zu den Grundsätzen ist laut Varol oft einfacher, als viele denken. Es braucht lediglich eine Abrissbirne — und wenn gerade keine verfügbar ist, reicht auch eine hypothetische. Ein Weg, alte Denkmuster zu durchbrechen, ist die sogenannte "Kill-the-Company"-Übung. In dieser schlüpfen wir in die Rolle unseres Konkurrenten, der unser Vorhaben boykottieren will. In Abwandlung auf unser alltägliches Leben lässt sich diese Übung gut einsetzen, indem ihr euch fragt, warum der Chef einen zum Beispiel bei der Beförderung übergehen könnte oder warum sich ein Kunde dafür entscheiden könnte, zur Konkurrenz zu gehen. Sobald ihr eine gute Antwort darauf gefunden habt, könnt ihr euch überlegen, wie ihr euch gegen diese potenziellen Bedrohungen verteidigen könnt.

3. Gedankenexperimente verhelfen zum Durchbruch

"So schockierend es auch klingen mag, wir erreichen Durchbrüche meistens, indem wir nachdenken", sagt Varol. Nicht indem wir Google zu rate ziehen, Selbsthilfegruppen oder einen teuren Berater. Und auch nicht, indem wir die Geheimrezepte anderer versuchen zu kopieren. Diese externe Suche behindert uns eher im Grundsatzdenken.

Gute Ideen kommen laut Varol dann, wenn wir uns auf unsere eigene Vorstellungskraft besinnen und mit unseren Gedanken experimentieren. Hier spielt Zeit eine entscheidende Rolle. Weil wir oft keine haben, um mal unseren Gedanken nachzuhängen, ein Problem richtig zu begreifen und dann erst nach einer guten Antwort zu suchen, entscheiden wir uns oft einfach für die schnellste Lösung, schreibt Varol — und die ist in den seltensten Fällen die beste.

Oft finden wir Antworten auf Fragen, wenn wir es am wenigsten erwarten. Dieses Phänomen ist auch als Heureka-Moment bekannt. Eine Idee platzt in unser Leben, wenn wir gerade im Leerlauf sind. So soll Einstein, die Offenbarung, die zur Relativitätstheorie führte, gehabt haben, als er seinen Tagträumen nachhing — dem Traum von einem Menschen, der im freien Fall sein eigenes Gewicht nicht mehr spürte.

Ohne die Zeit nachzudenken kommen wir auf keine neuen Ideen, so Varol. Kluge Gedanken stellen sich ein, wenn man sich treiben lässt. So kam 1990 einer Frau namens Joanne eine Idee, während sie auf einen Zug, der Verspätung hatte, wartete: eine Geschichte über einen Zauberlehrling. Heute gehört Joanne K. Rowling zu einer der erfolgreichsten Autorinnen der Welt. Wenn ihr euch also das nächste Mal langweilt, widersteht dem Gedanken, in euer Handy zu schauen oder etwas anderes "Produktives zu tun". Hängt einfach euren Gedanken nach. Oder wenn ihr nicht weiterkommt bei einer kniffligen Frage: beschäftigt euch eine Zeit lang mit etwas anderem. Mit hoher Wahrscheinlichkeit kommt euch dann der rettende Gedanke. Denn euer Gehirn arbeitet weiter, während ihr Löcher in die Luft guckt.

4. Traut euch, nach den Sternen zu greifen

"Wer sich absurd hohe Ziele setzt und daran scheitert, tut das auf höherem Niveau als manch anderer, der Erfolg hat", sagte einmal der berühmte Filmregisseur James Cameron, der unter anderem den Blockbuster "Titanic" gedreht hat. Viele trauen sich aber nicht, nach den Sternen zu greifen, weil sie Angst haben, nicht dafür gemacht zu sein, oder dass andere besser sind. "Es liegt an uns, was wir uns über unsere Fähigkeiten einreden", schreibt Varol. Wie jede andere Entscheidung auch können wir das ändern. "Erst wenn wir über unsere kognitiven Fähigkeiten gehen, erkennen wir die unsichtbaren Regeln, die uns zurückhalten", so der Autor.

Voraussetzung ist das sogenannte divergente Denken. Dabei handelt es sich um eine Methode, im freien Fluss verschiedene Ideen hervorzubringen. Wer divergent überlegt, hält sich nicht mit Zwängen, Budgets oder Möglichkeiten auf, sondern wird zum uneingeschränkten Optimisten, der alles für machbar hält. Ziel des Ganzen ist, sich so viele Wege wie irgend möglich offenzuhalten, ohne diese vorschnell zu beurteilen. Dafür müssen wir den internen rationalen Denker so gut es geht abschalten. Alles ist möglich — zumindest zu Beginn der Ideenfindung. Denn gerade am Anfang sind Gedanken schwer zu beurteilen. Wir wissen noch nicht, was nützlich ist und was nicht. So soll Benjamin Franklin 1783 von einem Freund beim Start des ersten Heißluftballons gefragt worden sein, wozu das gut sein soll. Er soll darauf erwidert haben: "Das ist wie bei einem Neugeborenen – niemand kann sagen, was daraus wird."

Ihr seht, man braucht nicht unbedingt einen Doktortitel in Astrophysik, um zu denken wie ein Raketenwissenschaftler. Es reicht schon, manche Aufgaben einfach so zu betrachten, wie ein Astronaut die Erde aus dem All heraus sieht — als blau-weißen Ball ohne irdische Grenzen.