Werbung
Deutsche Märkte geschlossen
  • DAX

    17.737,36
    -100,04 (-0,56%)
     
  • Euro Stoxx 50

    4.918,09
    -18,48 (-0,37%)
     
  • Dow Jones 30

    37.986,40
    +211,02 (+0,56%)
     
  • Gold

    2.406,70
    +8,70 (+0,36%)
     
  • EUR/USD

    1,0661
    +0,0015 (+0,14%)
     
  • Bitcoin EUR

    59.756,18
    +2.505,52 (+4,38%)
     
  • CMC Crypto 200

    1.370,19
    +57,57 (+4,38%)
     
  • Öl (Brent)

    83,24
    +0,51 (+0,62%)
     
  • MDAX

    25.989,86
    -199,58 (-0,76%)
     
  • TecDAX

    3.187,20
    -23,64 (-0,74%)
     
  • SDAX

    13.932,74
    -99,63 (-0,71%)
     
  • Nikkei 225

    37.068,35
    -1.011,35 (-2,66%)
     
  • FTSE 100

    7.895,85
    +18,80 (+0,24%)
     
  • CAC 40

    8.022,41
    -0,85 (-0,01%)
     
  • Nasdaq Compositive

    15.282,01
    -319,49 (-2,05%)
     

Warum die Debatte um die EZB überflüssig ist

Nicht jede überflüssige Debatte ist zugleich eine ungefährliche Debatte. Das ist gilt auch für die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Die hat sich zum Ziel gesetzt, die Inflation in der Euro-Zone auf „nahe unter zwei Prozent“ zu bringen. Jetzt hat der Wert mit 1,9 Prozent, etwas höher als von Ökonomen erwartet, genau dieses Ziel erreicht. Warum schaltet EZB-Chef Mario Draghi nicht um und erhöht die kurzfristigen Leitzinsen oder stellt wenigstens die umfangreichen Ankäufe von Zinspapieren ein, womit er die langfristigen Zinsen nach unten drückt?
Die Antwort auf diese Frage hat Draghi immer wieder gegeben: Die höhere Inflation ist zum Teil nur ein kurzfristiger Effekt, außerdem will er sicher sein, dass die Hilfe der EZB stabil bleibt. Ob er damit viel Verständnis findet, ist eine andere Frage. So droht die Zinsfrage ein Thema im Wahlkampf zu werden. Finanzminister Wolfgang Schäuble hat kürzlich wieder gemahnt, die EZB solle dem Beispiel der US-Notenbank (Fed) folgen und endlich die Zügel anziehen.

Die Diskussion über die niedrigen Zinsen ist verständlich. Schließlich ist Deutschland ein Land, dem die Kinder fehlen. Das System der Altersvorsorge per Umlage steht daher auf einem schmalen Fundament. Die Deutschen müssen privat vorsorgen, um ihr Auskommen im Alter zu sichern. Ohne Zinsen ist das schwierig – die Sorgen sind daher berechtigt.

Trotzdem ist die Debatte über die EZB weitgehend überflüssig. Denn die Notenbanker dort werden ohnehin in absehbarer Zeit ihren Kurs ändern. Sie können darüber nur nicht allzu laut reden, weil sonst die Märkte diesen Schwenk vorweg nehmen würden und er im Prinzip schon eher als geplant stattfände. Geldpolitik ist ein Balance-Akt. Da bestraft das Leben nicht nur den, der zu spät kommt. Wer sich zu früh bewegt, muss hinterher möglicherweise seinen Kurs korrigieren und richtet damit noch mehr Unheil an.

Die Debatte ist auch gefährlich. Nicht, weil sie Draghi von seinem Kurs abbringen könnte, das wird nicht passieren. Sondern weil sie von realen politischen Problemen ablenkt, die sich nicht im Laufe der Zeit ohnehin erledigen. Weil sie die Feindschaft gegenüber „Europa“ fördert. Weil sie Deutschland in eine isolierte Position bringt – von außen gesehen wirkt das Land mit seiner dauernden Kritik an der EZB im Zusammenklang mit der relativ vorsichtigen Finanzpolitik als unbelehrbar oder als egoistisch.

WERBUNG

Wir werden nie wissen, ob es eine Alternative zur weichen Geldpolitik der EZB gegeben hätte. Weil sie die Inflation genau dahin bringt, wo sie sein soll, entsteht leicht die Illusion, es sei doch alles nicht so wild, ein Abrutschen in Deflation habe nie gedroht und die Entwicklung wäre ohnehin in die richtige Richtung gegangen. Selbst Ökonomen sind sich darüber uneins. Aber das ist inzwischen eine akademische Frage. Die EZB wird sehr bald andeuten, dass es zu einer Kursänderung kommt – aber vielleicht zu spät für den deutschen Wahlkampf.

KONTEXT

Stimmen zur EZB-Entscheidung vom 27. April 2017

LBBW

"Weniger pessimistisch - so könnte man mit zwei Worten die heutige EZB-Entscheidung und anschließende Pressekonferenz zusammenfassen. EZB-Chef Draghi betonte, dass die Abwärtsrisiken etwas abgenommen haben und sich der Aufschwung im Euro-Raum weiter festigt. Zu einer Anpassung des Ausblicks konnte sich der EZB-Rat dann aber doch nicht durchringen, dieser Schritt könnte im Juni anstehen. Dann nämlich stellt die EZB die neuen Projektionen für das Wachstum und die Inflation im Euro-Raum vor." - Uwe Burkert, LBBW

Bankhaus Lampe

"Weniger pessimistisch - so könnte man mit zwei Worten die heutige EZB-Entscheidung und anschließende Pressekonferenz zusammenfassen. EZB-Chef Draghi betonte, dass die Abwärtsrisiken etwas abgenommen haben und sich der Aufschwung im Euro-Raum weiter festigt. Zu einer Anpassung des Ausblicks konnte sich der EZB-Rat dann aber doch nicht durchringen, dieser Schritt könnte im Juni anstehen. Dann nämlich stellt die EZB die neuen Projektionen für das Wachstum und die Inflation im Euro-Raum vor." - Alexander Krüger, Bankhaus Lampe

Nordea

"In der EZB haben die Tauben weiter das Sagen, eine Straffung der Geldpolitik steht fürs Erste nicht an. Die Tür für weitere Zinssenkungen offen zu halten, passt schon länger nicht mehr in die Landschaft. Ich meine auch nicht, dass beim Wachstum immer noch die Abwärtsrisiken überwiegen. Nach dem zweiten Wahlgang in Frankreich wird die EZB optimistischer in die Zukunft schauen und sich endgültig von Zinssenkungen verabschieden. Zinserhöhungen sind aber für lange Zeit kein Thema für die Mehrheit im EZB-Rat." - Holger Sandte, Nordea

ZEW

"Die EZB läuft zunehmend Gefahr, den richtigen Zeitpunkt für eine Änderung ihrer Kommunikation zu verpassen. Das sorgenvolle Wording des monatlichen Kommuniqués passt immer weniger zur stark verbesserten Datenlage. Spätestens nach einer Bestätigung von Emmanuel Macron als französischem Präsidenten muss EZB-Präsident Mario Draghi endlich Farbe bekennen, wann und auf welche Weise der Ausstieg aus der extrem expansiven Geldpolitik beginnen soll. Sonst dürften ihm die EZB-Beobachter bald Starrsinn vorwerfen. Anleihenkäufe und Negativzinsen mögen der Konjunktur zwar helfen, ihre gefährlichen Nebenwirkungen für die Stabilität der Banken nehmen jedoch erkennbar zu. Auch sollte die EZB den Eindruck vermeiden, ihre Geldpolitik zu einseitig an den Interessen wenig reformbereiter Mitgliedsstaaten zu orientieren." - Friedrich Heinemann, ZEW