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Der Deal zwischen der EU und China stößt auf Widerstand

Peking setzt seine autoritär-aggressive Politik fort. Die Europäer geraten damit in Erklärungsnot, warum sie auf China als Wirtschaftspartner setzen.

Der Handelspakt soll auch den Häfen zugute kommen. Sie sind einer der größten Umschlagplätze für Waren aller Art. Foto: dpa
Der Handelspakt soll auch den Häfen zugute kommen. Sie sind einer der größten Umschlagplätze für Waren aller Art. Foto: dpa

Es sollte der ganz große Wurf werden, der krönende Abschluss der deutschen EU-Ratspräsidentschaft. Doch die Kritik an dem kurz vor Silvester eilig geschnürten Investitionsabkommen zwischen der Europäischen Union und China reißt nicht ab. Im EU-Parlament formiert sich Widerstand, und auch in Berlin trifft der Deal auf Skepsis.

„Die Bundesregierung scheint immer noch dem Glauben anzuhängen, dass wirtschaftliche Entwicklung und internationale Einbindung China zu einem friedlichen, gutmütigen Partner machen“, kritisiert der Grünen-Politiker Cem Özdemir. Doch China sei Partner und Systemrivale zugleich. „Wir dürfen nicht zulassen, dass China sich noch mehr Einfluss in der EU erkauft und die Menschenrechte dabei weiter ausgehöhlt werden.“ Der Text des Abkommens ist immer noch nicht veröffentlicht, das verstärkt die Kritik.

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Derweil zeigt China keine Bereitschaft, von seinem aggressiv-autoritären Kurs abzulassen. Im Gegenteil: Seit dem Abschluss der Verhandlungen mit der EU gehen die Sicherheitskräfte in Hongkong mit neuer Härte gegen Oppositionelle vor. Mehr als 50 Peking-kritische Abgeordnete wurden auf Grundlage des Sicherheitsgesetzes festgenommen, das China trotz internationaler Proteste im vergangenen Sommer in Kraft gesetzt hatte.

Gegner des Investitionsabkommens argumentieren, dass die EU das chinesische Regime belohnt. „China könnte in der Auffassung bestärkt sein, dass das eigene wirtschaftliche Gewicht dem Regime erlaubt, die ,inneren Angelegenheiten‘ nach eigenem Belieben und ohne Einflussnahme des Auslandes zu regeln“, mahnt Hanns Günther Hilpert, Asienexperte der Stiftung Wissenschaft und Politik.

Die EU-Kommission rechtfertigt sich: Das Comprehensive Agreement on Investment (CAI) stelle das „ehrgeizigste Abkommen“ dar, das China je mit einem Drittland geschlossen habe. Der Zugang zu einem schnell wachsenden Markt mit 1,4 Milliarden Verbrauchern sei wichtig für das zukünftige Wachstum der europäischen Industrie. Doch die Zeiten, in denen Investitionsabkommen allein nach wirtschaftlichen Kriterien bewertet werden können, sind vorbei.

Keine großartige Veränderung mit Biden

Die USA sehen im autoritären China eine Bedrohung für ihre Sicherheit und ihren Wohlstand. Auch mit dem Ende der Trump-Ära wird sich das nicht grundsätzlich ändern. Die Regierung des gewählten Präsidenten Joe Biden will China gemeinsam mit den Europäern konfrontieren. Dass die EU Bidens Amtsantritt nicht abgewartet hat, wird selbst von überzeugten Transatlantikern in Washington scharf kritisiert.

Die Kommission erklärt, das CAI sei in erster Linie ein Wirtschaftsabkommen – aber mit politischem Einfluss. „Das CAI kann ein zusätzliches Druckmittel in unseren Beziehungen zu China sein, aber es muss als ein Teil unserer breiteren Strategie gegenüber China gesehen werden. Die Beziehungen der EU zu China sind komplex, und wir verfolgen einen vielschichtigen politischen Ansatz, der dies widerspiegelt“, hieß es in Brüssel. China zu ignorieren oder einzudämmen sei kein gangbarer Weg.

Den Unterhändlern der EU ist bewusst: Auch im Europäischen Parlament werden sie noch viel Überzeugungsarbeit leisten müssen. Denn die Europaabgeordneten haben nur wenig Hoffnung darauf, dass verstärkter Handel zu politischem Wandel führt. „Grundsätzlich halte ich das kommunistische System in China leider für sehr stabil“, sagt der Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe im EU-Parlament, Daniel Caspary. Drastischer formuliert es der grüne China-Experte Reinhard Bütikofer: „Wer an ,Wandel durch Handel‘ gegenüber China glaubt, glaubt wahrscheinlich auch an den Osterhasen. Faktisch ist die Phrase ‚Wandel durch Handel‘ zu einer Ausrede verkommen für eine Politik, die mit ‚Handel ohne Wandel‘ ganz zufrieden ist.“

Allenfalls die Sozialdemokraten sind vorsichtig optimistisch. „Durch Handel wird man sicherlich nicht ein politisches System ändern können. Allerdings bietet ein Handels- und Investitionsabkommen die Möglichkeit des Dialogs und der schrittweisen Änderung einzelner Tatbestände. Insofern ist für mich Kooperation sinnvoller als Konfrontation“, sagt der Europaabgeordnete und Vorsitzende des Handelsausschusses, Bernd Lange (SPD).

Die Enttäuschung über das jüngste Vorgehen Chinas in der ehemaligen britischen Kronkolonie Hongkong ist in Brüssel jedoch groß. „Die Vorkommnisse in Hongkong und die stetigen Menschenrechtsverletzungen in China sind sicherlich kein Zeichen für eine produktive Umsetzung der Nachhaltigkeitsbestimmungen des zukünftigen Investitionsabkommens. Das werden wir auch in aller Deutlichkeit formulieren“, sagt Lange.

Einige Experten trotzdem verhalten positiv

Auch bei der EVP, der größten Fraktion im Europaparlament, ist die Frustration greifbar. „Die zunehmende Unterdrückung ist eher ein Zeichen dafür, dass die chinesische kommunistische Führung ihr System gnadenlos und völkerrechtswidrig in ganz China festigen möchte“, resümiert Caspary.

Einige Experten glauben dennoch, dass der Deal, so problematisch er auch sein mag, eine positive Wirkung haben könnte. „Das Abkommen wurde durch die Art und Weise der Verabschiedung – schnell, schnell vor Jahresbeginn und mit großem Bohei – stark politisiert“, sagt Jana Oertel vom European Council on Foreign Relations. „Das erklärt den Widerstand.“

Womöglich aber könnte sich gerade daraus eine Chance ergeben. „Die Frage ist, ob die EU und die Bundesregierung jetzt unter Zugzwang geraten, auch eine klarere Haltung zur Lage in Hongkong und zur Menschenrechtssituation in China zu entwickeln.“ Dann wäre das Abkommen tatsächlich der Anfang von etwas Neuem: einer gemeinsamen europäischen Chinapolitik.