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Dax schließt im Minus – Wirecard weiter im freien Fall

Der Dax beendet einen uneinheitlichen Handelstag fast 0,6 Prozent im Minus. Die allgemeine Marktstimmung ist neutral und deutet auf einen Seitwärtstrend hin.

Rettungspakete von Notenbanken und Regierungen stützen die Aktienkurse. Foto: dpa
Rettungspakete von Notenbanken und Regierungen stützen die Aktienkurse. Foto: dpa

Der deutsche Leitindex geht knapp 0,6 Prozent schwächer aus dem Handel und beendet den Börsentag bei 12.262 Punkten. Zum Wochenanfang zeigte sich der deutsche Aktienmarkt ohne Tendenz. Nach einem schwachen Auftakt drehte der Dax zeitweise ins Plus, gab aber dann seine Gewinne wieder ab.

Auch an der Wall Street geben die Kurse keine eindeutige Richtung vor: So öffnet der Dow-Jones-Index der Standardwerte zunächst tiefer, liegt aber am späten Nachmittag wieder leicht im Plus.

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Solch ein Kursverlauf entspricht der allgemeinen Marktstimmung, die als neutral zu bezeichnen ist. Laut der wöchentlichen Handelsblattumfrage Dax-Sentiment lastet kein besonderer Druck auf dem Markt. Vermutlich gibt es in den kommenden Tagen keine großen Schwankungen, sondern eher einen Seitwärtstrend.

Doch bei den Einzelwerten im deutschen Leitindex sieht das völlig anders aus. Es liegt im Dax eine außergewöhnliche Situation vor: Mit Wirecard und dem ab heute ehemaligen Mitglied Deutsche Lufthansa stecken große Konzerne aus zwei verschiedenen Branchen in einer finanziellen Krise. Damit hören die Gemeinsamkeiten der beiden Unternehmen aber auch schon auf.

Konsequenzen für verschwundene Wirecard-Milliarden

Bei Wirecard sind 1,9 Milliarden Euro verschwunden, die eigentlich auf Treuhandkonten zweier Banken auf den Philippinen liegen sollten. Die Summe entspricht etwa einem Viertel der Bilanzsumme des Zahlungsdienstleisters. Mittlerweile hat man die Suche nach dem Geld offenbar aufgegeben. In einer Stellungnahme hat der Wirecard-Vorstand am frühen Montagmorgen bekanntgegeben, dass die Treuhandkonten „mit überwiegender Wahrscheinlichkeit“ nicht bestehen.

Mit Bezug auf die Börsenweisheit: „Das Geld ist nicht weg, es hat nur jemand anders“, stellte Vermögensverwalter Markus Schön am Sonntag die Frage anders: „Es geht nicht darum, ob das Geld wirklich jemand anders hat, sondern vielmehr darum, ob es jemals vorhanden war.“

Mittlerweile hat sich auch Bafin-Chef Felix Hufeld selbstkritisch geäußert. Neben dem Management von Wirecard und den Wirtschaftsprüfern sei auch Kritik an der Bafin gerechtfertigt, sagte Hufeld. „Viele private und öffentlich Institutionen, inklusive meiner eigenen, waren nicht effektiv genug, um so etwas zu verhindern.“

Am Montagnachmittag zog der Aufsichtsrat von Wirecard zudem weitere Konsequenzen aus dem Bilanzskandal und hat Vorstandsmitglied Jan Marsalek mit sofortiger Wirkung abberufen und seinen Anstellungsverstrag außerordentlich gekündigt. Marsalek war bereits seit vergangener Woche suspendiert, er war bis dahin für das operative Tagesgeschäft einschließlich Südostasien zuständig, wo die Affäre ihren Anfang nahm.

Denn hinzu kommt, dass nun auch der Chef der Bank of the Philippine Islands (BPI), Cezar Consing, sich am Montag gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters zu den angeblichen Bankbestätigungen für Treuhandkonten von Wirecard bei der philippinischen Bank BPI äußerte.

Consing zufolge sind die Bestätigungen ein plumpe Fälschung: „Als man uns das sogenannte Zertifikat gezeigt hat, war sehr klar, dass es falsch war.“ Auf Konten der Bank sei nie Geld von Wirecard gelandet.

Die Ratingagentur Moody's hat Wirecard die Bonitätsnote außerdem nun komplett entzogen. Bereits am Freitag hatte Moody's die Bonitätsnote von Wirecard um ganze sechs Stufen auf Ramschniveau zurückgestuft.

Kein Wunder, dass der Wirecard-Aktienkurs am Montag 44 Prozent tiefer aus dem Handel geht. Das Papier liegt zum Börsenschluss bei 14,44 Euro. Zur Erinnerung: Die Aktie verlor am vergangenen Donnerstag 71 Prozent und am folgenden Freitag 35 Prozent.

Es gibt in der Dax-Historie nur einen vergleichbaren Kurssturz. Das war die Aktie des Immobilienfinanzierers Hypo Real Estate, die im Zuge der Finanzkrise rund 73 Prozent ihres Wertes verlor. Das Unternehmen wurde anschließend mit Staatsgeldern gerettet.

Das dürfte bei Wirecard nicht funktionieren. Das Unternehmen ist nicht systemrelevant, und auch eine Übernahme durch einen Mitbewerber oder einen Finanzinvestor dürfte unwahrscheinlich sein. Welches Unternehmen will solche Bilanz- und Prozessrisiken übernehmen?

Zu den Gewinnern des Wirecard-Desasters zählen vor allem Hedgefonds, die mit ihrer Wette auf fallende Kurse bislang sehr hohe Buchgewinne erzielt haben. Und ein Blick auf die aktuellen Daten zeigt, dass sie sogar eine Insolvenz für möglich halten. Anders lässt sich ihr Verhalten nicht erklären. Denn nach Angaben des Bundesanzeigers erhöhten im Laufe des Donnerstags fünf Hedgefonds ihre Wetten, zwei weitere eröffneten neue Positionen.

Am Freitag bauten drei weitere Hedgefonds ihre Wetten aus, vier senkten ihre Position ab. Damit sank die Quote der von Shortsellern gehaltenen Aktien von 15,2 auf 13,92 Prozent – das ist immer noch der höchste Wert in den drei deutschen Indizes Dax, MDax und SDax. Die Daten, wie sich die Positionen an diesem Montag verändert haben, werden erst im Laufe des Dienstags veröffentlicht.

Tatsächlich dürfte der Wert sogar noch viel höher sein. Denn im Bundesanzeiger werden nur Positionen veröffentlicht, die die veröffentlichungspflichtige Schwelle von 0,5 Prozent der frei handelbaren Aktien übersteigen. Doch es dürfte viele kleinere Positionen geben. Nach Angaben von S3-Partners waren am Freitag mehr als 30 Prozent der Aktien „geshortet“.

Investoren verzweifeln

Auch am Anleihemarkt herrscht ein ähnliches Bild. Der Kurs einer bis 2024 laufenden Anleihe fällt weiter und wird noch mit 26 Cent pro Euro gehandelt. Im Gegenzug kletterte die Rendite der Anleihe auf über 38 Prozent. Zum Vergleich: Im Schnitt liegt die Rendite für Anleihen von europäischen Unternehmen, die wie Wirecard ein Dreifach-B-Rating haben, bei 1,1 Prozent.

Das alles lässt auch Investoren wie Frank Thelen verzweifeln. Er hatte Wirecard-Aktien gehalten, mittlerweile aber das Vertrauen ins Unternehmen verloren. Er ist selbstkritisch: „Aktien sind immer auch risikobehaftet, aber dass der zweitgrößte Tech-Konzern im Dax anscheinend nicht sauber ist, habe ich nicht kommen sehen.“

Komplett anders sieht die Lage bei der Lufthansa aus: Eigentlich sollte der Dax-Konzern vom Staat mit neun Milliarden Euro gerettet werden, ebenso wie die fast 140.000 Jobs. Und dabei sollte der Steuerzahler noch eine ansehnliche Rendite erzielen. Doch die Zweifel, dass die Rettung der Lufthansa in dieser Form Wirklichkeit werden kann, wachsen.

Der Münchener Unternehmer Heinz Hermann Thiele hat das Schicksal von Lufthansa mit seinem Anteil von zuletzt 15,52 Prozent in seiner Hand. Die Bundesregierung hat dem Lufthansa-Großaktionär nun offenbar keine Änderungen am staatlichen Rettungspaket für die Fluggesellschaft in Aussicht gestellt.

"Die Bundesregierung hat das Hilfspaket erläutert", sagten übereinstimmend zwei Regierungsvertreter am Montag der Nachrichtenagentur Reuters nach einem Gespräch, zu dem Thiele und Lufthansa-Vorstandschef Carsten Spohr in Berlin mit Finanzminister Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) zusammengekommen waren.

Beide Seiten hätten ihre Positionen dargelegt, sagte einer der Insider. "Wir hatten ein freundliches Gespräch", sagte Scholz. Thiele ließ offen, ob er bei der außerordentlichen Hauptversammlung am Donnerstag gegen den Plan stimmen wird. Die Unsicherheit über die Zukunft der Airline ließ Lufthansa-Aktien an ihrem ersten Handelstag nach dem Dax-30-Abstieg 3,2 Prozent schwächer aus dem Handel gehen.

Denn die Lage für die Aktie ist kompliziert: Zum einen spekulieren die Hedgefonds weiter auf fallende Kurse und haben noch am vergangenen Donnerstag ihre Wette erhöht. Die Quote liegt den offiziellen Angaben des Bundesanzeigers zufolge bei mindestens 9,64 Prozent. Und damit auf Rang zwei hinter Wirecard.

Doch man weiß nicht, wie sich Thiele verhalten wird. Er hat zuletzt für vermutlich 700 Millionen Euro Aktien von Knorr Bremse verkauft, für weitere private Investments. Kauft er weitere Lufthansa-Aktien? Falls ja, ist er ab einer Beteiligungshöhe von 20 Prozent wieder meldepflichtig.

Was die Lufthansa- und Wirecard-Papiere aber vermutlich gemeinsam haben: Auf den Dax-Abstieg der Lufthansa, die am heutigen Montag in den MDax abrutschte, dürfte wohl Wirecard nach der nächsten Indexüberprüfung im September folgen.

Neue Bestmarken

Dagegen erreichten die Anteilsscheine des Aromen- und Duftstoffherstellers Symrise am Morgen ein neues Rekordhoch bei 100,70 Euro, rutschten zum Börsenschluss aber 0,9 Prozent ins Minus.

Mit einem Plus von knapp 2,8 Prozent gingen zudem auch die Aktien des Spezialverpackungsherstellers Gerresheimer stärker aus dem Handel, die seit diesem Montag Mitglied im Stoxx Europe 600 sind. Die Anteilsscheine des Kochboxen-Lieferanten Hellofresh machten bis zum Börsenschluss einen Sprung um 5,2 Prozent nach oben und erreichten zeitweise mit 44,50 eine neue Bestmarke.

Im Visier der Behörden befindet sich auch Glencore . Die Schweizer Staatsanwaltschaft leitete strafrechtliche Ermittlungen wegen angeblicher Missachtung von Anti-Korruptionsmaßnahmen ein. Auch die Justiz in den USA und Großbritannien geht gegen den Bergbaukonzern vor.

In allen drei Fällen sei unklar, wie lange die Ermittlungen dauern und welche Strafen es am Ende gebe, konstatierte Analyst Ban Davis von der Investmentbank Liberum. Glencore-Titel rutschten um 3,3 Prozent ab.

Blick auf andere Assetklassen

Die Furcht vor einer zweiten Coronavirus-Infektionswelle treibt weitere Anleger in den „sicheren Hafen“ Gold . Die „Antikrisen-Währung“ steigt um rund ein Prozent auf über 1760 Dollar je Feinunze und liegt damit nur noch knapp unter ihrem Siebeneinhalb-Jahres-Hoch vom Mai.

Die Nähe zu diesem Hoch dürfte weitere Käufer anlocken, meint Commerzbank-Rohstoffanalyst Carsten Fritsch. Am frühen Abend ist der Goldpreis wieder leicht gesunken auf 1758 Dollar.

Offenbar verschieben sich auch gerade am Goldmarkt die Verhältnisse. Niedrige Zinsen in den USA und eine expansive Geldpolitik der US-Notenbank Fed haben nach Ansicht von John Reade, Chefstratege beim World Gold Council, der wichtigsten Lobbyorganisation der Goldbranche, in der Vergangenheit dazu geführt, dass Finanzinvestoren massiv an den Terminmärkten auf steigende Goldpreise wetten.

Stattdessen steigen jedoch seit Wochen die Zuflüsse in physisch gedeckte Gold-Indexfonds. Aus Sicht von Reade könnte das ein Zeichen sein, dass sich Investoren von den Terminbörsen abwenden, weil die Banken zurückhaltender geworden sind, die Gegenposition dieser Wetten einzugehen. Die Investoren weichen daraufhin auf Gold-Indexfonds aus, so Reades Erklärung.

Das ist eine Entwicklung, die auch die Dynamik am Goldmarkt grundlegend verändern könnte. Denn gehebelte Wetten an den Terminbörsen sind meist kurzfristiger als Investments in Gold-ETFs. Verschiebt sich die Investorennachfrage hin zu den weniger stark schwankenden Gold-ETFs, könnte die Volatilität am Goldmarkt zurückgehen, so Reade.

Was die Charttechnik sagt

Der Dax scheint am heutigen Handelstag die Aufwärtskurslücke der vergangenen Handelswoche zu testen. Die liegt zwischen den Indexständen von 11.968 und 12.133 Punkten. Denn das Tagestief vom vergangenen Dienstag (12.133 Punkte) lag über dem Tageshoch vom Montag der vergangenen Woche. Solche Aufwärtskurslücken werden oft als Zeichen für weiter steigende Kurse interpretiert und sind laut Charttechnik ein wichtiger Unterstützungsbereich.

Auf der Oberseite fällt auf: Der Dax ist in den vergangenen Handelstagen mehrmals über die Marke von 12.400 gestiegen, rutschte dann aber wieder schnell ab. Dort liegt nun ein kurzfristiger Widerstand.

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