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Dax rutscht wieder ab – Zocker beschert Großbank ABN Amro Millionenverlust

Der deutsche Aktienmarkt bleibt in einer schwierigen Lage. Neue Details der Europäischen Zentralbank beeinflussen zudem die Anleiherenditen erheblich.

Blick auf die Dax-Kurve im Frankfurter Handelssaal. Foto: dpa
Blick auf die Dax-Kurve im Frankfurter Handelssaal. Foto: dpa

Die Kursgewinne der vergangenen beiden Handelstage sind wieder verpufft. Der Dax verliert im Vormittagshandel 2,2 Prozent und notiert bei 9654 Punkten.

Bereits der Handelsverlauf am gestrigen Mittwoch zeigte das typische Verhalten eines Bärenmarktes: Bei negativen Meldungen kommt es zu einem schnellen Ausverkauf. So sorgte ein extrem schwacher Ifo-Index dafür, dass der Dax innerhalb kurzer Zeit um 650 Punkte abrutschte. Der deutsche Leitindex befindet sich per definitionem seit Mitte März in einem Bärenmarkt, weil er von seinem Rekordhoch (13.795 Punkte) von Mitte Februar mehr als 20 Prozent abrutschte – das war bei einem Stand von rund 11.000 Zählern der Fall.

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Dass der Dax am Mittwoch nach einem Schlussspurt noch mit plus 1,8 Prozent und 9874 Zählern aus dem Handel ging, hing auch mit Gewinnen an den US-Börsen zusammen. Die asiatischen Börsen tendierten bereits schwächer.

Ein ähnliches Verhalten wie am Mittwoch zeigte der deutsche Aktienmarkt bereits vor der Börseneröffnung. Die vorbörslichen Indikatoren rutschten deutlich ab, nachdem Marktforscher der GfK die Verbraucherstimmung für Deutschland veröffentlicht hatten. Die Viruskrise drückt die Stimmung auf das niedrigste Niveau seit der Weltfinanzkrise. Die Verbraucher sehen laut GfK wirtschaftlich für Deutschland „sehr schwierige Zeiten“ aufziehen. „Auf den Handel insgesamt werden schwere Zeiten zukommen“, so das Fazit der GfK.

Und heute steht die Veröffentlichung eines weiteren wichtigen Konjunkturbarometers an, eines lange Zeit nicht beachteten Stiefkinds des Marktes: Es sind die wöchentlichen Erstanträge auf US-Arbeitslosenhilfe. Diese wurden lange nicht beachtet, weil in den vergangenen Jahren nahezu Vollbeschäftigung in den USA herrschte. Nach Einschätzung der Commerzbank-Analysten dürften die Anträge für die Woche bis zum 21. März auf rund drei Millionen ansteigen und sich damit im Vergleich zur Vorwoche verzehnfachen. Das dürfte die Aktienmärkte eher nicht stützen.

So spricht vieles dafür, dass dieser Bärenmarkt hierzulande mit all seinen Folgen über einen längeren Zeitraum anhalten dürfte. So erwartet der Verhaltensökonom Joachim Goldberg nach Auswertung der Umfrage der Börse Frankfurt auch künftig nur „Rallys innerhalb des Bärenmarktes“, also nur zwischenzeitliche Kursgewinne innerhalb eines längerfristigen Abwärtstrends.

Seine Begründung: Sowohl die „Bären“, die auf fallende Kurse setzen, als auch die Bullen, die Kursgewinne erwarten, haben sich in den vergangenen Tagen nicht von ihren Engagements getrennt. Ihnen reichen die Gewinne mit ihren gekauften Long- sowie Short-Produkten offenbar nicht. Es muss also wohl noch größere Kursbewegungen geben, damit die eine oder andere Seite verkauft.

Was natürlich zur Frage führt: Muss der Dax erst unter 8000 Punkte fallen, damit es wieder zu nachhaltigen Kursgewinnen kommt?

„Damit der Dax aus dem Gröbsten herauskommt, wären langfristige Kapitalzuflüsse erforderlich“, meint Goldberg. „Und die kommen erst, wenn sich die Überzeugung durchsetzt, dass die Corona-Pandemie einigermaßen überstanden ist“.

Minus 26,23 Prozent, so viel haben die 30 Dax-Werte in den vergangenen 20 Tagen verloren, Stand Mittwoch. Das haben die Analysten der Landesbank Helaba ausgerechnet. Am besten zogen sich die Beiersdorf-Titel mit einem Minus von 5,93 Prozent aus der Affäre. Den größten Verlust mussten die Papiere von MTU mit einem Minus von 50,17 Prozent hinnehmen.

Blick auf andere Assetklassen

Neue Details zum Anleihekaufprogramm der Europäischen Zentralbank (EZB) beeinflussen die Bondmärkte erheblich. Nun gelten viele Beschränkungen nicht mehr. Die EZB darf nun mehr als ein Drittel der ausstehenden Anleihen eines Landes kaufen. Außerdem darf es größere Abweichungen vom Kapitalschlüssel geben, um besonders betroffenen Ländern zu helfen. Auch können künftig auch Anleihen mit einer Laufzeit von weniger als 70 Tagen gekauft werden.

Italienische Anleihen mit einer Laufzeit von zwei Jahren profitierten davon am stärksten, die Renditen fielen auf 0,384 Prozent. Zu Handelsbeginn lag dieser Wert noch bei 0,8 Prozent, in der vergangenen Woche noch bei über zwei Prozent. Die Rendite zehnjähriger italienischer Anleihen fiel auf 1,49 Prozent.

Die Rally der italienischen Anleihen griff auch auf andere Peripheriemärkte wie Portugal und Griechenland über. Die jeweiligen gingen auf breiter Front ebenfalls deutlich zurück.

Im Vergleich dazu gaben die Renditen an den europäischen Kernmärkten für Staatsanleihen wie Deutschland und Frankreich nur geringfügig nach. Der Wert für zehnjährige deutsche Staatsanleihen sank auf minus 0,3 Prozent.

Die Ölpreise rutschen am Donnerstag wieder deutlich ab. Die Nordseesorte Brent fällt um 1,3 Prozent auf 27,02 Dollar je Barrel, die US-Sorte WTI sogar um 2,3 Prozent auf 23,94 Dollar. Die Kurse beider Sorten sind in diesem Jahr bereits um etwa 60 Prozent abgerutscht.

Angesichts der schnell schrumpfenden Nachfrage und der steigenden Produktion bleiben die Aussichten für die Ölpreise negativ. Die geschätzte weltweite Ölnachfrage wird im zweiten Quartal um mehr als 14 Millionen Barrel pro Tag zurückgehen, was zu einem beispiellosen Lageraufbau führen dürfte.

Blick auf die Einzelwerte

Evotec: Die Aktien verlieren 4,1 Prozent. Der Medikamentenentwickler rechnet für 2020 mit einem weiteren starken organischen Wachstum. Allerdings sei es noch nicht möglich, die Auswirkungen der Coronakrise genau zu beziffern.

Deutz: Der Motorenbauer setzt angesichts der Corona-Pandemie seine Prognose für das laufende Jahr aus und fährt ab dem 1. April große Teile seiner Produktion herunter, vorerst bis zum 17. April. Die Aktie gibt um rund drei Prozent nach.

SMA: Um knapp elf Prozent aufwärts ging es dagegen für die Aktien von SMA Solar. Der Solartechnikkonzern hält trotz der Corona-Pandemie an seiner Jahresprognose fest und rechnet mit einem Plus bei Umsatz und Gewinn.

ABN Amro: Unglaublich, aber wahr – Zockereien eines einzelnen Kunden in den USA haben der niederländischen Bank einen Verlust von 200 Millionen Dollar eingebrockt. Dies werde das Ergebnis des ersten Quartals beeinflussen, teilte ABN Amro mit. Der Kunde habe sich mit Optionsscheinen und Futures verspekuliert, die Positionen seien inzwischen geschlossen. Weil vermutlich viele Anleger sich fragen, wie es um die Sicherheit der Handelssysteme bestellt ist, fällt die Aktie um 3,8 Prozent und ist damit der größte Verlierer im europäischen Bankenindex.

Pfeiffer Vacuum: Der Vakuumpumpenhersteller hat wegen der Coronakrise seine Jahresziele einkassiert. Die Prognosen für 2020 hinsichtlich Umsatzwachstum, unveränderter Renditen und Investitionen in der Größenordnung zwischen 40 und 60 Millionen Euro sind nach Angaben des Vorstands ungültig. Neue Ziele nannte er nicht. Die Aktie verliert 0,8 Prozent.

Cewe: Wegen der Unsicherheiten im Zusammenhang mit der Pandemie verzichtet der Fotokonzern auf eine Prognose. Derzeit setze man auf Onlinebestellungen und den Postversand. Trotzdem soll die Dividende zum elften Mal in Folge steigen, und zwar auf 2,00 Euro je Aktie (von zuvor 1,95 Euro). Das quittieren die Anleger mit einem Plus von 0,5 Prozent.

Was die Charttechnik sagt

Das charttechnische Bild gibt trotz der Kursgewinne noch keine Entwarnung. Der Dax ist am gestrigen Handelstag bis auf 10.137 Punkte gestiegen. Dadurch gewinnen zwei Widerstände an Bedeutung: zum einem die Abwärtskurslücke vom 12. März, die den Bereich zwischen 10.138 und 10.391 Punkten umfasst; zum anderen das Tief vom Dezember 2018 mit 10.279 Punkten, der Startschuss für die Rally bis Mitte Februar 2020.

„Das ist die entscheidende charttechnische Hürde, deren Überspringen die deutschen Standardwerte auf einen schnellen Erholungspfad bringen würde“, meinen die technischen Analysten der Düsseldorfer Bank HSBC. Ohne eine Rückeroberung dürften die kommenden Handelstage volatil bleiben.

Solche Abwärtskurslücken entstehen, wenn das Tagestief des Vortags über dem Tageshoch des anschließenden Handelstags liegt. Das Tagestief vom 11. März lag bei 10.391 Zählern, das Hoch des folgenden Handelstags bei 10.138 Punkten. Solche Lücken sind quasi eine schnelle Neubewertung des Marktes und damit laut Charttechnik ein wichtiger Widerstand.

Auf der Unterseite dürfte laut HSBC der Dax bei Kursen unterhalb von 9070 Zählern wieder in den Krisenmodus übergehen.

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