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Auf Dax-Konzernen lasten drei Milliarden Euro an Pensionsrückstellungen

Dax-Konzerne zahlen ihren Topmanagern Millionengehälter. Teuer sind die Vorstände jedoch auch im Ruhestand. Die üppigen Pensionen stoßen zunehmend auf Kritik.

Dieser Bilanzposten hat es in sich: Auf 2,98 Milliarden Euro summieren sich die Pensionsrückstellungen für ehemalige Vorstände. Die Summe wird sich sogar noch erhöhen, weil erst 25 Dax-Gesellschaften ihre Bilanzen für 2018 vollständig geöffnet haben. Da schlummern Milliarden, die auf Abruf warten. Allerdings nicht durch Tausende Angestellte und Arbeiter, die einst zum Wohle der Firma schafften und nun ihren Ruhestand genießen.

Dieser Betrag ist ausschließlich für einige Hundert Kräfte reserviert: die ehemaligen Topmanager. Die Hälfte aller Dax-Unternehmen muss finanzielle Vorsorge in sogar dreistelliger Millionenhöhe treffen, um die vertraglichen Ansprüche ihrer Ex-Vorstände im Ruhestand abzusichern.

An der Spitze steht Volkswagen. Die Wolfsburger haben 324 Millionen Euro auf die Seite gelegt. Aber auch Daimler, Thyssen-Krupp, Telekom oder Bayer sorgen mit hohem Aufwand dafür, dass ihre einstigen Führungskräfte ein auskömmliches Leben führen können und stellen Millionenbeträge zurück. Im Durchschnitt kassieren Dax-Vorstandsrentner nach Berechnungen des Vergütungsberaters Heinz Evers 40.000 Euro im Monat.

Fast 500 Millionen für Ex-Banker

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Einen der Spitzenplätze würde auch die neue deutsche Großbank, formiert aus Deutscher Bank und Commerzbank, einnehmen – falls es jemals zum aktuell diskutierten Zusammenschluss kommen sollte. Beide Institute haben zwar ihre Bilanzen für 2018 noch nicht offengelegt, aber die Vorjahresberichte bieten verlässliche Anhaltspunkte. Danach trägt die Deutsche Bank 214 Millionen Euro Vorsorge für ihre Ehemaligen, die Commerzbank 101 Millionen. Der fusionierten „Deutschen Commerzbank“ wäre Platz zwei im Pensionärsranking sicher.

Das wäre der Mindestbetrag, denn verborgen im AG-Geschäftsbericht der Commerzbank finden sich weitere Versorgungsanwartschaften. Die sind eine Folge diverser Übernahmen, in erster Linie der Dresdner Bank im Jahre 2009. Daraus kämen zusätzlich Pensionsverpflichtungen in Höhe von 137 Millionen hinzu. Ergebnis: Auf der Bilanz der neuen Superbank würde beinahe eine halbe Milliarde Euro Vorsorge für Ex-Vorstände lasten.


„Gemessen am aktuellen Zustand der Banken eine bemerkenswerte Absicherung ehemals Verantwortlicher“, findet der Berater Evers. Viele Namen von Ehemaligen sind inzwischen längst vergessen, zumal ihre Ansprüche in den Vergütungsberichten nur in Summe ausgewiesen werden. Deshalb ist auch nicht klar, wer von ihnen sich mit der Pensionierung hat auszahlen lassen. Das ist heute State of the Art.

Monatliche Rentenzahlungen sind aus der Mode gekommen. Mit dem Ausscheiden ist dann die gesamte Summe fällig. Die Unternehmen drängen darauf. Rückstellungen in Höhe mehrere hundert Millionen Euro machen sich nicht gut in der Bilanz. Und sie sind auch ein Risiko. Die steigende Lebenserwartung ist erfreulich für die Menschen, für die Unternehmen aber bedeutet sie, Rückstellungen permanent aufstocken zu müssen. Einmalzahlungen haben dagegen den Vorteil, dass der Pensionär aus der Bilanz raus ist und fortan selbst seine Finanzen verantwortet.

Nur Beiersdorf ohne Pensionsplan

Das müssen einige Vorstände deutscher Konzerne ohnehin. Beiersdorf hat als einziger Dax-Konzern Firmenpensionen abgeschafft, RWE und Wirecard bieten ein Wahlrecht, Einmalzahlung statt Monatsrente. Dafür sind dann die Vergütungen höher angesetzt. Der ehemalige RWE-Chef Jürgen Großmann etwa kassierte eine Million Euro pro Jahr mehr, um damit selbst fürs Altenteil vorzusorgen.


Beim Hamburger Beiersdorf-Konzern ist das seit Jahren für alle Vorstände die Regel, allerdings ohne explizit definierten Pensionsanteil. Stefan Heidenreich, der zum Jahreswechsel vorzeitig den Chefposten räumte, muss sich jedenfalls keine allzu großen Sorgen machen.

Dank fälliger Erfolgsbeteiligungen aus Vorjahren explodierte sein ausgezahltes Gehalt im Jahr 2018 von 3,6 auf 23,4 Millionen Euro. Heidenreich hat damit fürs Erste alle Dax-Vergütungsrekorde gebrochen. Selbst SAP-Chef Bill McDermott schaffte es ein Jahr zuvor nur auf 22 Millionen Euro.

Prominentester Pensionär in spe ist derzeit Daimler-Chef Dieter Zetsche. Der 65-Jährige geht im Mai in den Ruhestand – und kann sich auf 42 Millionen Euro Vorsorgekapital ausruhen, die sein Arbeitgeber im Laufe der über 20-jährigen Vorstandstätigkeit aufgehäuft hat. Zumindest einen Teil davon dürfte sich Zetsche direkt auszahlen lassen. Ein Rest würde dann in den anonymisierten Bilanzposten „Vorstandspensionen“ untertauchen.

Zetsches persönliches Pensionskonto ist bislang ohne Beispiel. Selbst Ex-VW-Chef Martin Winterkorn brachte es trotz langjähriger Tätigkeit für VW nur auf 29 Millionen Euro, bevor er 2015 wegen des Dieselskandals gehen musste. Noch besser abgesichert war einst Stada-Herrscher Hartmut Retzlaff mit 34 Millionen Euro. Und das als Angestellter eines deutlich kleineren MDax-Unternehmens.


Solche Superpensionen stoßen zunehmend auf Kritik – nicht nur wegen ihrer Höhe. Experten stellen Pensionszusagen für Vorstände grundsätzlich infrage. Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz DSW, spricht sich dafür aus, dass „Vorstände ihre Altersvorsorge selbst organisieren sollten“. „Die einseitige Belastung der Unternehmen durch intransparente und umfangreiche Pensionszusagen gehört nicht mehr in das Repertoire moderner Vergütungssysteme“, sagt der DSW-Chef.

Die Zahlen sprechen indessen eine andere Sprache. Allein für die aktiven Vorstände hat BASF 88 Millionen Euro zurückgestellt, bei Daimler sind es 86 Millionen Euro. Auch Volkswagen (56 Millionen), Siemens (40 Millionen), Post (41 Millionen) und Thyssen-Krupp (38 Millionen) fallen auf. Alle 25 ausgewerteten Dax-Konzerne kommen zusammen auf 767 Millionen Euro Rückstellungen für die Pensionen ihrer aktiven Vorstände.

Die Altersversorgung der Topmanager ist ein heikles Thema. Was dem einstigen Fabrikdirektor im Ruhestand einen angemessenen Lebensstandard sichern sollte, scheint heute vor allem die Erben der Manager zu erfreuen. Denn Vorstände sind in ihren aktiven Zeiten längst Einkommensmillionäre. Selbst in den kleineren Aktiengesellschaften des SDax werden inzwischen Millionen verdient. Zusätzliche Pensionszusagen der Unternehmen wirken wie ein Relikt aus vergangenen Zeiten.

Heute dominieren beitragsorientierte Pensionen. Dabei sammeln die Vorstände im Laufe ihrer Dienstzeit jedes Jahr Bausteine für ihre Altersvorsorge. Die Höhe dieser Bausteine richtet sich nach ihrem Jahresverdienst und damit auch nach der Leistung des Managers. Allerdings: Mit dem Ruhestand werden üblicherweise diese beitragsorientierten Pensionen in einer Summe ausgezahlt.

Dieses System hat die sogenannte Leistungszusage weitgehend abgelöst, die früher einmal Standard für Vorstände war und ähnlich der Beamtenbesoldung funktionierte. Nach einer Untersuchung des Vergütungsexperten Evers haben alle Dax-Konzerne außer FMC und Fresenius mittlerweile auf beitragsbezogene Renten umgesattelt. Fast in jedem Unternehmen gebe es aber den einen oder anderen langjährigen Vorstand, der noch mit dem alten System verrentet werden wird. Vor allem Technologiefirmen und junge Unternehmen kümmern sich in der Regel gar nicht erst um die Altersvorsorge ihrer Topmanager.


4.200 Euro Rente pro Tag für Zetsche

Der Begriff Leistungszusage ist eigentlich irreführend. Mit der Leistung des Managers haben die leistungsorientierten Zusagen wenig zu tun, sie garantieren lediglich eine Leistung des Unternehmens an den Pensionär. Der pensionierte Vorstand erhält monatlich einen festgelegten Anteil seiner früheren Fixvergütung. Im Laufe der Dienstjahre konnte sich dieser Anteil schrittweise erhöhen. Die Spanne reicht nach Evers‘ Berechnungen von 30 bis 75 Prozent. Im Dax liegt der durchschnittliche Höchstwert bei 50 Prozent.

Solange sich die Vergütungen der Konzernvorstände mit einigen Hunderttausend Euro im Rahmen hielten, stieß diese traditionelle Form der Altersvorsorge auf wenig Kritik. Inzwischen nähert sich allein das Fixum vieler Dax-Vorstandschefs aber zwei Millionen Euro. Dazu kommen Boni. Und der Trend zeigt weiter nach oben, auch bei den Firmenpensionen. Daimler-Chef Dieter Zetsche darf sich bald über etwa 4200 Euro Pensionsauszahlung seines einstigen Arbeitgebers freuen – und zwar täglich. Das ist ein Aufregerthema in Zeiten gesellschaftlicher Debatten um ein bedingungsloses Grundeinkommen zur Bekämpfung der Armut.

Zetsches Firmenpension speist sich aus zwei Quellen. Der 65-Jährige ist seit 1998 bei Daimler im Vorstand, seit 2006 als Chef des Konzerns. Aus alten traditionellen Leistungszusagen wird er Ende Mai, wenn er die Führung an seinen Nachfolger übergeben hat, etwa eine Million Pension pro Jahr bekommen. Dazu kommen weitere etwa 500.000 Euro. 2006 stellte der Automobilkonzern auf beitragsorientierte Pensionssysteme um. Dabei werden jährlich 15 Prozent des Gehalts – Festvergütung und Jahresboni – als Altersvorsorge vom Unternehmen zusätzlich zur Seite gelegt.

Zalando hat ein extremeres Vergütungsmodell

Trotz hoher Vergütung zu aktiven Managerzeiten können deutsche Konzerne offenbar nicht von den Firmenpensionen lassen. Und weil das so ist, rät Vergütungsberater Heinz Evers den Unternehmen, die Ehemaligen stärker in die Pflicht zu nehmen. Die Vorsorgerückstellungen sollten in gesperrte Aktien des Unternehmens umgewandelt und in Jahresscheiben zugeteilt werden. Eine ähnliche Konstruktion wie aktienbasierte Long Term Incentives für Vorstände also. „Damit bleiben die Ex-Vorstände dem Unternehmen verbunden und für eigene Entscheidungen in der Vergangenheit verantwortlich“, begründet Evers seinen Vorschlag.


Das Pensionsdilemma lässt sich natürlich auch anders lösen: Der Online-Modehändler Zalando macht das mit einem extremen Vergütungsmodell vor, das die nicht minder extremen traditionellen Vergütungssysteme der großen Dax-Konzerne komplett auf den Kopf stellt.
Ab diesem Geschäftsjahr beträgt das Fixum des Zalando-Dreigestirns aus Robert Gentz, Rubin Ritter David Schneider nur 65.000 Euro pro Jahr. Da bekommen einige Dax-Vorstände schon mehr als Nebenleistungen wie Dienstwagen. Jahresboni gibt es bei Zalando erst gar nicht. Dafür aber Long Term Incentives in Form von Aktienoptionen mit fünfjähriger Laufzeit. Die Ziele allerdings sind extrem anspruchsvoll, etwa das Wachstum des Online-Modehandels um das Zweifache zu übertreffen.

Wenn das aber klappt, müssen sich die drei Zalando-Chefs mit Sicherheit keine Gedanken mehr um Rente und Ruhestand machen. Dann sind nämlich 170 Millionen Euro fällig – und zwar für jeden von ihnen.